Instandsetzungspflicht

Zur Auslegung einer Vereinbarung, wonach der Verpächter bei Verzug des Pächters mit dessen Instandsetzungspflicht nach Fristsetzung zur Ersatzvornahme berechtigt ist.

Zum Sachverhalt: Der Beklagte verpachtete der Klägerdurch Individualvertrag ab. 1. 7. 1976 auf die Dauer von fünf Jahren eine Gaststätte. Nach § 4 II des Vertrages hatte die Pächterin sämtliche während der Pachtzeit erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen im Inneren der Pachträume auf ihre Kosten unverzüglich vornehmen zu lassen. Außerdem war sie nach dieser Vertragsbestimmung verpflichtet, die Räume alle zwei bis drei Jahre zu renovieren. In § 4 II 6 des Vertrages ist vereinbart: Sollte der Pächter mit einer der vorstehenden Verpflichtungen in Verzug geraten, so ist der Verpächter nach vorheriger Fristsetzung zur Ersatzvornahme auf Kosten des Pächters berechtigt. Zum 30. 6. 1980 wurden der Pachtvertrag beendet und das Pachtobjekt bis auf die mit vermietete Wohnung von der Kläger geräumt und ein Übergabeprotokoll gefertigt. Mit der Klage begehrt die Kläger die Rückzahlung der von ihr geleisteten Kaution von 5000 DM. Die Parteien streiten darüber, ob der Rückzahlungsanspruch fällig ist und ob er aufgrund einer vom Beklagten erklärten Aufrechnung erloschen ist. Die aufgerechnete Forderung hat der Beklagte damit begründet, dass die Kläger ihrer Instandhaltungs- und Instandsetzungspflicht aus § 4 des Pachtvertrages nicht nachgekommen sei und deshalb die Kosten für die notwendigen Arbeiten, die nur zum Teil bereits ausgeführt seien, zahlen müsse. Die Kläger hat bestritten, ihre Verpflichtung zur Instandhaltung und Instandsetzung der Pachträume verletzt zu haben. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben. Der Beklagte meint, er habe bereits mit Ablauf der Frist, welche die für ihn tätige Brauerei der Klägermit Schreiben vom 7. 8. 1980 gesetzt habe, Ersatz in Geld verlangen können. In diesem Schreiben ist ausgeführt: Die mit Übergabeprotokoll vom 30. 6. 1980 festgestellten Schäden stehen zur Behebung noch offen. Wir hatten mit unserem Schreiben ... aufgefordert, die festgestellten Mängel bis zum 15. 7. 1980 beheben zu lassen. Entgegen- kommender Weise sind wir bereit, eine weitere Frist einzuräumen. Sollten die Mängel nunmehr bis zum 22. 8. 1980 nicht behoben sein, werden wir die Ersatzvornahme zu Lasten des Kautionskontos veranlassen. Eine Abrechnung des Kautionskontos kann erst dann erfolgen, wenn der Eigentümer seine Freigabeerklärung abgibt.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Die zugelassene Revision der Beklagte führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hält den Klageanspruch für spätestens seit Klageerhebung fällig und die vom Beklagten erklärte Aufrechnung für unzulässig. Zur Unzulässigkeit der Aufrechnung führt es aus:

Nach § 390 S. 1 BGB könne mit einer einredebehafteten Forderung nicht aufgerechnet werden. Diese Vorschrift sei hier anzuwenden, weil die Verjährungseinrede der Kläger begründet sei. Für die aufgerechnete Schadensersatzforderung gelte die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 558 BGB. Diese sei am 30. 12. 1980 abgelaufen, weil die Verjährungsfrist nach § 558 II BGB mit der Rückgabe der Pachtsache begonnen habe und die Kläger das Pachtobjekt am 30. 6. 1980 zurückgegeben habe. Die Vorschrift des § 390 S. 2 BGB, wonach die Verjährung die Aufrechnung nicht aus- schließt, wenn die verjährte Forderung zu der Zeit, zu welcher sie gegen die andere Forderung hätte aufgerechnet werden können, noch nicht verjährt war, sei hier nicht anwendbar. Der aufgerechnete Anspruch des Beklagten sei nämlich bereits verjährt gewesen, als er der Forderung auf Rückzahlung der Kaution aufrechenbar gegenübergetreten sei. Nach § 387 BGB könnten nur gleichartige Forderungen aufgerechnet werden. Deshalb habe sich für den Beklagten eine Aufrechnungsmöglichkeit erst ergeben, als sein Anspruch auf Durchführung von Renovierungsarbeiten in einen Schadensersatzanspruch und damit in eine Geldforderung übergegangen sei. Mit der Übernahme der Verpflichtung zur Renovierung der Pachträume und zur Vornahme aller erforderlichen Ausbesserungen und Erneuerungen im Innern der Pachtsache sei eine Hauptpflicht der Kläger begründet worden mit der folge, dass der Beklagte erst nach Eintritt der Voraussetzungen des § 326 BGB Schadensersatz habe fordern können und damit einen Geldanspruch erworben habe. Die Aufrechnung sei daher erst am 13. 4. 1981 statthaft gewesen, als der Beklagte nach ernsthafter und endgültiger Verweigerung der Ausführung der erforderlichen Arbeiten seitens der Kläger Schadensersatz wegen Nichterfüllung verlangt und zugleich die Aufrechnung erklärt habe. Die Kläger habe nicht bereits mit Ablauf der in dem Schreiben vom 7. 8. 1980 zum 22. 8. 1980 gesetzten Frist Schadensersatz geschuldet. Aufgrund der Ausführungen in diesem Schreiben wäre der Anspruch des Beklagten auf Durchführung der Arbeiten nur dann in einen Schadensersatzanspruch übergegangen, wenn in ihnen eine dem § 326 BGB entsprechende Ablehnungsandrohung gesehen werden könnte. Dazu wäre die eindeutige Erklärung nötig gewesen, dass der Beklagte nach dem Ablauf der zur Durchführung der Arbeiten gesetzten Frist die Erfüllung durch die Kläger ablehne eine solche Erklärung enthalte das Schreiben nicht. Auch durch Auslegung könne sie daraus nicht entnommen werden. Es komme darin nämlich zum Aus- druck, dass der Beklagte in dem Zeitraum nach Fristablauf bis zum Beginn der Renovierungsarbeiten eine Instandsetzung durch die Kläger nicht mehr annehme. Dass der Beklagte mit dem Schreiben vom 7. 8. 1980 noch nicht vom Leistungs- zum Schadensanspruch habe übergehen wollen, folge zudem eindeutig aus seiner Erklärung im Schriftsatz vom 28. 1. 1981. Dar M sei ausdrücklich betont, der Beklagte habe keine Erklärung nach § 326 I BGB abgeben wollen.

II. Diese Ausführungen halten den Angriffen der Revision nicht stand.

1. Die Revision meint, die Parteien hätten durch die Vereinbarung in § 4 II 6 des Vertrages die in § 326 BGB getroffene gesetzliche Regelung abbedungen. Sie macht geltend, das Berufungsgericht habe die Prüfung dieser Frage unterlassen.

a) Die Revision hat darin Recht, dass § 326 BGB nachgiebiges Recht enthält. Die Vertragsparteien können deshalb die in § 326 BGB vorgesehenen Rechte erweitern, beschränken oder durch andere ersetzen (Ballhaus, in: RGRK, 12. Aufl., § 326 Rdnr. 9 m. w. Nachw.).

b) Ob hier die vertragliche Vereinbarung gegenüber der gesetzlichen Regelung eine Erweiterung der Rechte des Verpächters enthält, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls soll sie den Verpächter nicht schlechter stellen. Das ergibt die Auslegung der Vereinbarung (§§ 157, 133 BGB), die dem erkennenden Senat möglich ist, weil das Berufungsgericht eine Auslegung unterlassen hat und weitere Feststellungen nicht in Betracht kommen (BGHZ 65, 107 [112] = NJW 1976, 43 = LM Allg. Geschäftsbed. Nr. 79a).

c) § 4 II 6 des Vertrages, auf den sich der Beklagte in seinem Schreiben vom 7. 8. 1980 stützt, begründet unter den dort genannten Voraussetzungen des Verzugs und der Fristsetzung ausdrücklich ein Recht des Verpächters zur Ersatzvornahme der unterlassenen Instandsetzungen auf Kosten des Pächters. Eine Ablehnungsandrohung ist hierfür nicht erforderlich. Dem Sinn der Vereinbarung entspricht die Auslegung, dass der Pächter, wenn er trotz Verzuges und Nachfristsetzung seinen Pflichten nicht nachkommt, nicht mehr berechtigt ist, den Renovierungsanspruch des Verpächters zu erfüllen und die für ihn preisgünstige Möglichkeit der Eigenleistung noch auszunutzen. Vielmehr soll der Verpächter nunmehr befugt sein, die Arbeiten selbst in Auftrag zu geben, um dadurch die Gewähr zu haben, sie alsbald und durch einen Fachmann ausführen zu lassen. Die Kosten der Ersatzvornahme hat nach der Vereinbarung der Pächter zu tragen, weil er seiner Verpflichtung zur Instandsetzung und Instandhaltung nicht nachgekommen ist. Da der Verpächter mit der Ersatzvornahme eine Aufgabe erfüllt, die nach dem Vertrag dem Pächter obgelegen hätte, entspricht es darüber hinaus der Billigkeit, dass der Pächter verpflichtet ist, dem Verpächter die für die Ersatzvornahme voraussichtlich erforderlichen Kosten mit erfolglosem Ablauf der dem Pächter gemäß der Abrede gesetzten Frist vorzuschießen. Mit der Vereinbarung haben die Parteien eine dem § 13 Nr. 5 II VOB (B) gleichartige Regelung getroffen, wonach der Auftraggeber, wenn der Auftragnehmer die ihm zur Mängelbeseitigung gesetzte angemessene Frist fruchtlos hat verstreichen lassen, die Mängel selbst auf Kosten des Auftragnehmers abstellen lassen kann. Hierzu sowie zu den im wesentlichen gleichgelagerten Tatbeständen der §§ 538 II, 633 III BGB vertritt der BGH in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass der zur Ersatzvornahme Berechtigte einen Anspruch auf Leistung eines Vorschusses in Höhe der voraussichtlich zur Mängelbeseitigung erforderlichen Kosten hat (BGHZ 47, 272 = NJW 1967, 1366 = LM § 13 VOB Teil B Nr. 13; BGHZ 56, 136 = NJW 1971, 1450 = LM § 538 BGB Nr. 17; BGHZ 61, 28 [30] = NJW 1973, 1457 = LM § 635 BGB Nr. 33; BGHZ 68, 372 [378] = NJW 1977, 1336 = LM § 21 WohnungseigentumsG Nr. 3). Hier kann wegen der Gleichheit der Interessenlage nichts anderes gelten (§ 157 BGB).

d) Der Beklagte war demnach berechtigt, von der Kläger, die sich mit ihrer Renovierungspflicht in Verzug befand, mit Ablauf der in dem Schreiben vom 7. 8. 1980 gesetzten Frist, also mit Ablauf des 22. 8. 1980, einen Vorschuss in Höhe des für eine Ersatzvornahme notwendigen Betrages zu verlangen. Die Klageforderung und die aufgerechnete Forderung standen daher zu einem Zeitpunkt aufrechenbar gegenüber, als die aufgerechnete Forderung noch nicht verjährt war. Nach § 558 I BGB verjährte dieser Anspruch in sechs Monaten. Die Verjährung begann erst in dem Zeitpunkt, in welchem der Beklagte die Pachtsache zurückerhielt, nämlich am 30. 6. 1980 (§ 55811 BGB). Nach § 390 S. 2 BGB schließt daher die inzwischen eingetretene Verjährung des Vorschussanspruchs die Aufrechnung mit diesem nicht aus. Zwar ist die aufgerechnete Forderung in der Aufrechnungserklärung als Schadensersatzforderung bezeichnet. Das ist aber unschädlich, weil der Beklagte durch den gleichzeitigen Hinweis auf die endgültige Erfüllungsverweigerung durch die Kläger zum Ausdruck gebracht hat, dass er ausschließlich eine Geldforderung, gleich aus welchem Rechtsgrund, geltend mache. Die Aufrechnung war nicht deswegen unstatthaft, weil ein Vorschuss zweckgebunden ist. Nach § 387 BGB richtet sich die zur Aufrechnung erforderliche Gleichartigkeit der Leistungen nach deren Gegenstand, nicht nach deren Zweck. Der Zweck der Leistung gehört zum vertraglichen oder außervertraglichen Schuldgrund. Von dessen Gleichartigkeit hängt die Aufrechenbarkeit nicht ab (BGHZ 54, 244 [246] = NJW 1970, 2019 = LM § 387 BGB Nr. 47).

2. Die vom Berufungsgericht in den Vordergrund seiner Erörterungen gestellte Frage nach der Fälligkeit des Anspruchs auf Rückzahlung der Kaution stellt sich nicht mehr. Als Forderung, für welche die Kaution als Sicherheit dienen könnte, kommt nur der Anspruch wegen Unterlassens der Renovierung in Betracht. Die für den Eintritt der Fälligkeit des Kautionsrückzahlungsanspruchs erforderliche Abrechnung hat der Beklagte mit der Aufrechnung vorgenommen. Der Zulässigkeit der Aufrechnung stand es nicht entgegen, wenn der Rückzahlungsanspruch bei Erklärung der Aufrechnung noch nicht fällig gewesen sein sollte (§ 387 letzter Halbs. BGB).

Da die Aufrechnung bereits aus den zu III dargelegten Gründen statthaft ist, braucht die Frage nicht entschieden zu werden, ob, wie das Berufungsgericht geprüft, aber verneint hat, das Zurückbehaltungsrecht, das dem Beklagten wegen des Anspruchs auf Renovierung gegen die Forderung auf Rückzahlung der Kaution zustand, auch nach Eintritt der Verjährung geltend gemacht werden konnte und zu einer Aufrechnungsbefugnis für einen Schadensersatzanspruch wegen Unterlassung der Renovierung erstarkte, mit dem trotz Eintritts der Verjährung noch aufgerechnet werden konnte.