Käufer - Darlehensnehmer

Wenn beim finanzierten Kauf die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der wirtschaftlichen Einheit von Kauf- und Darlehensvertrag vorliegen, kann der Einwendungsdurchgriff nicht durch AGB ausgeschlossen werden.

Zur Wirkung vorformulierter Hinweisklauseln auf die subjektiven. Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs.

Anmerkung: Beim finanzierten Abzahlungskauf sind nach der st. Rspr. des BGH Kauf und Darlehen als rechtlich selbständige Verträge zu werten, auch wenn sie wirtschaftlich eine Einheit bilden, bei der dem Käufer/Darlehensnehmer nach seiner Vorstellung Verkäufer und Darlehensgeber gemeinsam als Vertragspartner gegenüberstehen.

Wenn auch die wirtschaftliche Verknüpfung von Kauf und Darlehen nicht zu einer rechtlichen Einheit führt, so bleibt sie doch nicht ohne Einfluss auf die rechtliche Behandlung beider Verträge, sondern prägt ihre Natur in entscheidenden Punkten: So sind wesentliche Vorschriften des Abzahlungsgesetzes gemäß § 6 AbzG auf den Darlehensvertrag entsprechend anzuwenden. Der Darlehensgeber muss sich darüber hinaus auch bestimmte Einwendungen des Käufers/ Darlehensnehmers aus dem Kaufvertrag entgegenhalten lassen, wenn nur so eine angemessene Verteilung der Risiken zu erreichen ist, die sich für den Käufer/Darlehensnehmer aus der rechtlichen Aufspaltung ergeben. Die gesetzliche Grundlage für diesen Einwendungsdurchgriff findet der BGH in § 242 BGB.

Das vorliegende Urteil bestätigt die bisherige Rechtsprechung und präzisiert die Voraussetzungen, unter denen ein Einwendungsdurchgriff ebenso wie eine Anwendung des AbzG - gerechtfertigt erscheint, weil Kauf und Darlehen eine wirtschaftliche Einheit bilden.

Dabei lehnt es der BGH ab, die objektiven Umstände wie notwendige Tatbestandsmerkmale abschließend zu umschreiben; er betont ausdrücklich, dass diese Umstände im Einzelfall verschieden sein können. Trotzdem haben sich gewisse typische Verbindungselemente herausgebildet, denen auch im vorliegenden Fall entscheidendes Gewicht beizumessen war: Der Käufer hatte sich nicht auf eigene Faust einen Kredit verschafft, sondern war vom Verkäufer dem Kreditgeber zugeführt worden. Außerdem war die Darlehenssumme nach dem Darlehensantrag unmittelbar an den Verkäufer zu überweisen; dadurch war der Darlehensnehmer von jeder freien Verfügung über das Darlehen ausgeschlossen; er hatte keine Möglichkeit, gegenüber dem Verkäufer sein Zurückbehaltungsrecht nach § 320 BGB geltend zu machen.

Nach Auffassung des BGH gehört es zu den subjektiven Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs, dass die objektiven Verbindungselemente - für den Darlehensgeber erkennbar - dem Darlehensnehmer den Eindruck vermiteln, Darlehensgeber und Verkäufer stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber.

In diesem Zusammenhang behandelt die Entscheidung die Frage, ob diese subjektiven Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs zu verneinen sind, wenn der Darlehensgeber den Darlehensnehmer bei Vertragsschluss darauf hinweist, dass er auch bei Nichterhalt der Ware oder Erhalt mangelhafter Ware das Darlehen voll zurückzahlen müsse. Der BGH hält im konkreten Fall den im Darlehensantragsformular gegebenen Hinweis für nicht geeignet, den Einwendungsdurchgriff zu verhindern. Die allgemeine Frage, ob dieses Ziel durch vorformulierte Hinweise überhaupt erreicht werden kann, wird in dem Urteil angesprochen, aber nicht endgültig entschieden. Die Ausführungen hierzu lassen aber erkennen, dass der BGH die Möglichkeiten des Darlehensgebers, sich auf diese Weise vor einem Einwendungsdurchgriff zu schützen, jetzt erheblich skeptischer beurteilt als noch in der Entscheidung. Wenn die objektiven Verbindungselemente, die sich aus den individuellen Vertragsvereinbarungen und den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls ergeben, dem Darlehensnehmer den Eindruck vermitteln, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber, so besteht fast stets die Gefahr, dass der Darlehensnehmer vorformulierte entgegenstehende Hinweise übersieht oder nicht in ihrer ganzen Tragweite erfaßt. Möglicherweise - so wird im Urteil ausgeführt - kann ein Kreditgeber sein Ziel der völligen Unabhängigkeit des Darlehensvertrages nur dadurch erreichen, dass er alle objektiven Verbindungselemente vermeidet. Nicht erörtert wird die Frage, ob er daneben nicht auch die - praktisch allerdings wohl nicht sehr bedeutsame - Möglichkeit hat, dem Kreditnehmer durch mündliche, individuelle Hinweise klarzumachen, dass der Kredit nur völlig unabhängig vom Kaufvertrag gewährt werden soll.

Der BGH hat in seiner bisherigen Rechtsprechung die Aufklärung des Darlehensnehmers über das Verhältnis zwischen Darlehen und Kauf nicht nur als Obliegenheit des Darlehensgebers, als Mittel zur Vermeidung des Einwendungsdurchgriffs, angesehen, sondern vielmehr als vorvertragliche Verpflichtung, deren Verletzung den Darlehensgeber gegenüber dem Darlehensnehmer schadensersatzpflichtig macht.

Das vorliegende Urteil nimmt zu dem Verhältnis zwischen Einwendungsdurchgriff und Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo nicht ausführlich Stellung. Bemerkenswert ist jedoch, dass Fragen, die in früheren Entscheidungen Ansatzpunkt für die Erörterung derartiger Schadensersatzansprüche waren, hier nur im Rahmen des Einwendungsdurchgriffs, als Teil der Prüfung seiner subjektiven Voraussetzungen, behandelt werden. Ein logischer Vorrang des Einwendungsdurchgriffs vor den Schadensersatzansprüchen aus culpa in contrahendo ergibt sich auch aus der Überlegung des BGH, dass dem Darlehensnehmer kein Schaden entsteht, soweit er schon deswegen nicht zu zahlen braucht, weil die Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs vorliegen.

Fragen der Beweislast werden in dem Urteil vom BGH nicht erörtert. Nach allgemeinen Grundsätzen wird der Darlehensnehmer, der dem Darlehensgeber trotz der rechtlichen Trennung der Verträge Einwendungen aus dem Kaufvertrag entgegensetzen will, darlegen und beweisen müssen, dass Darlehen und Kaufvertrag nur Teilstücke eines wirtschaftlich einheitlichen Geschäfts waren. Den Darlehensnehmer trifft also die Beweislast dafür, dass objektive Verbindungselemente vorlagen, die nach Umfang und Gewicht geeignet waren, bei ihm den Eindruck zu erwecken, Verkäufer und Darlehensgeber stünden ihm gemeinsam als Vertragspartner gegenüber. Macht der Darlehensgeber demgegenüber geltend, er habe diesem Eindruck erfolgreich entgegengewirkt und dem Darlehensnehmer klar gemacht, dass er mit ihm nur einen in jeder Hinsicht selbständigen Darlehensvertrag schließen und sich keinerlei Einwendungen aus dem Kaufvertrag aussetzen wollte, so erscheint es sachgerecht, die Beweislast hierfür dem Darlehensgeber aufzubürden. Ob der BGH in künftigen Entscheidungen eine solche Verteilung der Beweislast billigen wird, bleibt jedoch abzuwarten.

Der BGH behandelt im vorliegenden Urteil Rechtsfragen des Einwendungsdurchgriffs erstmalig bei einem Darlehensvertrag, der nach dem Inkrafttreten des AGBG geschlossen worden war.

Die Vorschriften dieses Gesetzes sind unmittelbar nur anwendbar, wenn man in der Formularklausel über die unbedingte Rückzahlungspflicht des Darlehensnehmers nicht nur einen einseitigen Hinweis, sondern einen Vertragsbestandteil sieht. Wenn die objektiven Voraussetzungen des Einwendungsdurchgriffs vorliegen und die Formularklausel - generell oder im Einzelfall - nicht geeignet ist, als einseitiger Hinweis die subjektiven Voraussetzungen beim Darlehensnehmer zu vermeiden, so kann sie auch, wenn man ihr rechtsgeschäftliche Funktion beimisst, ihr Ziel eines Einwendungsausschlusses nicht erreichen. Als Vertragsbestandteil verstößt sie nach Auffassung des BGH gegen § 9 AGBG. Eine unangemessene Benachteiligung i. S. des Abs. 1 dieser Vorschrift liegt nach Abs. 2 Nr. 2 vor, wenn eine AGB-Bestimmung wesentliche Rechte, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist. Unter diese Bestimmung fallen auch Leistungs- und Schutzpflichten aus § 242 BGB, wenn sie nur im Hinblick auf den Vertragszweck so wesentlich sind, dass eine Freizeichnung des AGB-Verwenders die angemessene Risikoverteilung empfindlich stören würde. Wenn ein Darlehensvertrag Teilstück eines finanzierten Abzahlungskaufes ist, prägt der Zweck, dem Darlehensnehmer den Erwerb der Kaufsache zu ermöglichen, auch die Natur dieses Darlehensvertrages. Der Vertragszweck wird gefährdet, wenn dem Darlehensnehmer durch eine AGB- Klausel das sich aus § 242 BGB ergebende Recht zum Einwendungsdurchgriff genommen wird. Wenn die individuell vereinbarte Eigenart eines finanzierten Kaufs es gebietet, nicht den Käufer, sondern den Kreditgeber mit dem Risiko einer Insolvenz des Verkäufers zu belasten, so verändert eine anderweitige Risikoverteilung die Natur dieses Vertrages.