Käufer

Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt die Ausübung des Vorkaufsrechts zunächst in denjenigen Fällen, in denen Grund zu der Annahme besteht, dass der Käufer eine in § 172 Abs. l aufgeführte Maßnahme beabsichtigt und bereits im Zeitpunkt der Ausübung des Vorkaufsrechts feststeht, dass die Genehmigung nach § 172 Abs. 3-5 zu versagen ist. Erst recht gilt dies, wenn eine solche Genehmigung dem Verkäufer gegenüber bereits versagt worden ist, der Käufer dennoch erkennen lässt, dass er die abgelehnte Maßnahme weiterverfolgt. Umgekehrt fehlt es am Wohl der Allgemeinheit, wenn bei Ausübung des Vorkaufsrechts bereits feststeht, dass die vom Käufer beabsichtigte Maßnahme die in § 172 genannten Ziele nicht gefährdet und daher die Genehmigung nach § 172 erteilt werden muss oder bereits erteilt worden ist, da dann der Sicherungszweck des Vorkaufsrechts entfällt. Gefährdet hingegen die beabsichtigte Maßnahme die durch § 172 geschützten Ziele, so rechtfertigt das Wohl der Allgemeinheit die Ausübung des Vorkaufsrechts auch dann, wenn dem Käufer ausnahmsweise in den Fällen des § 172 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 die Genehmigung erteilt werden müsste, weil die Erhaltung der baulichen Anlage objektiv wirtschaftlich unzumutbar ist. Ein solcher Fall kann z. B. gegeben sein, wenn das Grundstück mit einem älteren Wohngebäude bebaut ist, dessen Geschoßfläche erheblich geringer ist als die baurechtlich zulässige Nutzung, und der Käufer in der Absicht, das Gebäude abzubrechen, für das Grundstück einen an der zulässigen Nutzung orientierten Preis bezahlt hat. Das Vorkaufsrecht nach § 24 Abs. 1 Nr. 4 darf als eigenständiges Instrument auch dann zur Sicherung städtebaulicher Erhaltungsziele eingesetzt werden, wenn eine Genehmigung nach § 172 trotz Gefährdung dieser Ziele erteilt werden müsste. Zwar lässt § 172 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 das Wohl der Allgemeinheit an der Erhaltung des Gebäudes hinter das schutzwürdige Interesse des Eigentümers zurücktreten. Die Ausübung des Vorkaufsrechts kann dennoch durch das Wohl der Allgemeinheit nach § 24 Abs. 3 Satz 1 gedeckt sein. Der nur scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn man das unterschiedliche Gewicht der jeweils geschützten Rechtsposition in den beiden Vorschriften berücksichtigt: Während in § 172 Abs. 4 Satz 2 und Abs. 5 Satz 3 die verfassungsrechtlich besonders geschützte Eigentümerposition das Wohl der Allgemeinheit an der Gebäudeerhaltung verdrängt, setzt sich bei der Ausübung des Vorkaufsrechts das Wohl der Allgemeinheit nach § 24 Abs. 3 Satz 1 gegen die verfassungsrechtlich schwächer geschützte bloße Anwartschaft des Käufers auf den Eigentumserwerb durch, so dass das besondere öffentliche Interesse an der Erhaltung der Wohnbevölkerung die Ausübung des Vorkaufsrechts rechtfertigt. Der Ausübung steht auch nicht entgegen, dass bereits dem Verkäufer die Genehmigung wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit erteilt worden ist, sofern dieser von der Genehmigung keinen Gebrauch gemacht hat. Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt die Ausübung des Vorkaufs- rechts auch in den Fällen, in denen die Möglichkeit besteht, dass der Käufer eine Maßnahme beabsichtigt, die nach § 172 Abs. l zwar keiner Genehmigung bedarf, die aber die städtebaulichen Ziele der Erhaltungssatzung gefährdet, z. B. wenn der Käufer eine Modernisierung plant, die unterhalb der Schwelle der Änderung einer baulichen Maßnahme im Sinne des § 172 Abs. 1 Satz 1 liegt, oder wenn er die Aufteilung in Wohnungseigentum beabsichtigt. Für diese erweiterte Auslegung des § 24 Abs. 3 Satz 1 im Verhältnis zu § 172 spricht bereits § 26 Nr. 4, wonach die Ausübung des Vorkaufsrechts u. a. dann nicht ausgeschlossen ist, wenn das Gebäude Missstände oder Mängel aufweist. Daraus ergibt sich im Umkehrschluss eine zweifache Folgerung: Das Wohl der Allgemeinheit rechtfertigt einerseits die Ausübung des Vorkaufsrechts zur Sicherung auch eines Zieles, das über den Genehmigungsvorbehalt nicht erreicht werden kann; andererseits steht der Ausübung des Vorkaufsrechts das Wohl der Allgemeinheit nicht entgegen, obwohl das genannte Ziel durch eine hoheitliche Maßnahme durchsetzbar ist. Der Gesetzgeber wollte also offensichtlich mit dem Vorkaufsrecht ein eigenständiges Instrument zur Sicherung städtebaulicher Erhaltungsziele schaffen, das von § 172 inhaltlich und zeitlich unabhängig sein sollte und dessen einzige Verknüpfung mit § 172 darin besteht, dass der mit der Ausübung des Vorkaufsrechts verfolgte Zweck den konkreten Zielen der Erhaltungssatzung entsprechen muss.

Dafür spricht auch die Entstehungsgeschichte: Der frühere § 24 a BBauG, der durch die Novelle 1976 in das BBauG eingefügt wurde, sollte der Gemeinde die Möglichkeit geben, bebaute Grundstücke erwerben zu können, wenn aufgrund konkreter Anhaltspunkte feststand, dass durch den Erwerber des Grundstücks die Ziele des § 39h BBauG unterlaufen würden. Dementsprechend stand das Vorkaufsrecht nach §24a Satz 1 BBauG der Gemeinde zur Wahrung der in §39 h BBauG bezeichneten Belange zu, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass durch den Erwerb des Grundstücks und die damit verfolgten Zwecke die in §39h bezeichneten Belange beeinträchtigt werden. Der Wortlaut bezog sich somit nur auf die Belange des § 39h BBauG, nicht aber auf die dort genannten genehmigungspflichtigen baulichen Maßnahmen. Soweit sich Autoren mit diesem speziellen Problem befassten, legten sie den § 24 a Satz 1 unter Berufung auf dessen Wortlaut entsprechend weit aus. Da dem Gesetzgeber des BauGB das Problem und der Meinungsstand bekannt waren und er - wie sich aus den Materialien ergibt - den Inhalt des alten §24a BBauG erhalten wollte, soweit er nicht Einschränkungen aussprach und begründete, wollte er im Zweifel dem §24 BauGB auch den weitergehenden Inhalt Sinne geben. Wenn der Gesetzgeber die Gefährdung der in § 172 bezeichneten Belange nicht mehr in die neue Vorschrift des § 24 aufnahm, so darf dies für sich allein nicht zu dem Schluss verleiten, dass er diesen Gesichtspunkt ausschließen wollte, da er eine solche inhaltliche Einschränkung, wenn sie gewollt wäre, begründet hätte, wie er dies für andere Bereiche getan hat. Möglicherweise hielt der Gesetzgeber die ausdrückliche Angabe der Belange des § 172 für entbehrlich, da nach dem Sinn und Zweck des Vorkaufsrechts nach Abs. 1 Nr.4 und dessen Bezugnahme auf die Erhaltungssatzung selbstverständlich ist, dass es nur zur Wahrung der in § 172 bezeichneten Belange ausgeübt werden kann.