Kaufinteressent

Zum Provisionsanspruch des Maklers, der nachträglich selbst als Kaufinteressent aufgetreten ist.

Zum Sachverhalt: Der Beklagte will an die von ihm als Maklerin eingeschaltete Kläger eine Käuferprovision für deren Nachweis nicht zahlen, weil die Kläger nach dem Nachweis der Verkäuferin und ihm gegenüber selbst als Kaufinteressent aufgetreten ist. Die Kläger hatte für ein Einfamilienhaus den Makler-Alleinauftrag von der Verkäuferin bekommen. Diese hatte jedoch eine Verkäuferprovision nicht zugesagt. Der Beklagte der schon vorher an die Kläger wegen eines anderweitigen Maklerauftrages herangetreten war, interessierte sich auch für ein solches Haus. Nachdem er gemeinsam mit einer Mitarbeiterin der Kläger das Einfamilienhaus besichtigt hatte, schickte ihm die Kläger unter erneutem Hinweis auf ihre allgemeinen Vertragsbedingungen und auf die an sie zu zahlende Käuferprovision von 4% zuzüglich Mehrwertsteuer ein Angebots- und Bestätigungsschreiben vom 25. 5. 1978. Darin teilte sie dem Beklagten neben dem Kaufpreis von 360000 DM sämtliche Einzelheiten mit und versprach, mit der Verkäuferin wegen einer eventuell durchzuführenden Renovierung zu verhandeln und den Beklagten darüber noch zu informieren.

Danach stellte sich heraus, dass auch in der Familie des Geschäftsführers der Kläger Interesse am Kauf dieses Hauses bestand, weil es in der Nähe des Elternhauses der Familie lag. Der Geschäftsführer rief deshalb beim Beklagten an. Er erklärte ihm: Wir sind selbst stark an dem Hausgrundstück interessiert. Er teilte ihm auch die Begründung dafür mit und fragte, ob der Beklagte wirklich so stark an diesem Einfamilienhaus interessiert sei. Er bot dem Beklagten den Nachweis anderer Hausgrundstücke an. Der Beklagte erklärte ihm jedoch, er habe sich fest entschlossen, dieses Grundstück zu kaufen, und werde sich davon nicht abbringen lassen. Die Kläger teilte das bei ihr entstandene Kaufinteresse auch der Verkäuferin mit. Der Beklagte bot der Verkäuferin von sich aus nun einen Kaufpreis von 375000 DM. Zu diesem Preis, den nach seiner Behauptung auch die Kläger geboten hat, erwarb er das Haus ohne zusätzliche Verhandlungen. Daraufhin verlangte die Kläger von ihm als Käuferprovision 16128 DM. Diesen Betrag errechnete sie auf der Grundlage des von ihr genannten Preises von 360000 DM.

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger blieb erfolglos.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht meint, dem Anspruch der Kläger steht die Einwendung unzulässiger Rechtsausübung wegen deren widersprüchlichen Verhaltens entgegen. Sie sei dem Beklagten als Mitbewerber entgegengetreten. Das sei zwar nicht grob vertragswidrig oder unanständig, so dass eine Verwirkung i. S. von § 654 BGB nicht angenommen werden könne. Gleichwohl stelle das Festhalten am Provisionsversprechen nach der vom Makler offengelegten Mitbewerbung einen treuwidrigen Widerspruch gegen früheres eigenes Verhalten dar, weil die eigene Bemühung des Maklers der Mitbewerbung anderer Interessenten nicht gleichzusetzen sei. Wegen des besseren Zugangs des Maklers zur anderen Vertragspartei müsse der Auftraggeber sich in seiner Verhandlungsposition regelmäßig benachteiligt sehen. In einem solchen Falle sei es geboten, dass der Makler den Auftraggeber aus dem Provisionsversprechen entlasse. Dass der Auftraggeber schließlich Erfolg gehabt habe, besage noch nichts über den Ausgleich der Verhandlungsnachteile, in die er durch die Mitbewerbung geraten sei; hier habe der Beklagte 15000 DM mehr geboten, um sein Interesse gegen die Mitbewerbung der Kläger durchsetzen zu können.

2. Demgegenüber macht die Revision geltend, der BGH habe seine bisherige Rechtsprechung zur Verwirkung des Maklerlohnanspruches ausschließlich auf eine ausdehnende Anwendung des § 654 BGB gestützt. Die nach diesen Maßstäben erforderliche Treupflichtverletzung, die in ihrem subjektiven Tatbestand schwerwiegend sein müsse, habe das Berufungsgericht angesichts des schon objektiv neutralen Verhaltens der Kläger nicht festgestellt. Die Revision hat die Grundsätze der Rechtsprechung zur Verwirkung des Maklerlohnanspruches nach § 654 BGB (vgl. zuletzt Senat, LM § 654 BGB Nrn. 10 [= NJW 1981, 280], 12 [= NJW 1981, 2297]; WM 1981, 590) zutreffend dargelegt. Ihr ist auch zuzugeben, dass diese Bestimmung als die im Maklerrecht geltende besondere Ausformung des Verbotes widersprüchlichen Verhaltens und die zu ihrer entsprechenden Anwendung von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze es zumindest fraglich erscheinen lassen, ob daneben noch die allgemeinen Grundsätze unzulässiger Rechtsausübung im Verhältnis des Maklers zum Auftraggeber gelten können, wovon das Berufungsgericht anscheinend ausgeht. Dem braucht indes nicht weiter nachgegangen zu werden. Es kann auch unentschieden bleiben, ob bei der Entstehung und Offenlegung des Eigeninteresses der Kläger bis auf den Abschluss des Kaufvertrages bereits sämtliche Voraussetzungen erfüllt waren, die für einen Provisionsanspruch der Kläger vorliegen mussten, oder ob hier - wie das Landgericht gemeint hat - die KL noch die Frage der Renovierung hätte klären müssen. Die Kläger hat jedenfalls deshalb keinen Anspruch, weil der zwischen den Parteien bestehende Maklervertrag später ein verständlich wieder aufgehoben worden ist. Das ergibt die Auslegung der Willenserklärungen der Parteien. Der Senat kann diese Auslegung selbst vornehmen, weil das Berufungsgericht sich insoweit einer Auslegung enthalten hat und weitere Feststellungen nicht möglich sind.

3. Danach hat das Berufungsgericht jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden.

a) Der Makler ist zu treuer und gewissenhafter, dem Interesse seines Auftraggebers entsprechender Ausführung seiner Aufgabe verpflichtet. Diese Pflicht hat erhebliches Gewicht. Sie ist während der gesamten Tätigkeit des Maklers zu beachten. Sie ist durch den Verwirkungsgedanken des § 654 BGB und daneben durch die Möglichkeit, Schadensersatz wegen positiver Forderungsverletzung zu verlangen, in weitem Umfang sanktioniert. Auch den Makler, der nur Nachweismakler ist, trifft eine nachwirkende Treuepflicht. Deshalb hat auch er nach bereits erfolgtem Nachweis die Interessen seines Auftraggebers grundsätzlich zu wahren (BGH, WM 1978, 245 [246]). Mit einer solchen Interessenwahrung ist ein Tätigwerden auch im Interesse des (zukünftigen) Vertragsgegners des Auftraggebers, ohne dass dieses aufgedeckt wird, ebenso wenig zu vereinbaren wie der Versuch des Maklers, im Interesse eines anderen konkurrierenden Kunden oder im eigenen Provisionsinteresse das abschlussreife Geschäft zu hintertreiben.

b) Allerdings ist die Kläger hier nicht für einen anderen Kunden tätig geworden; sie hat vielmehr ihr eigenes Kaufinteresse nachdrücklich angemeldet. Deshalb bedarf hier auch keiner Klärung, ob der mit Alleinauftrag handelnde Makler etwa schon dadurch seinen Pflichten zuwider handeln kann, dass er weitere Kaufinteressenten und damit möglicherweise den Preis steigernde Konkurrenz ins Spiel bringt (dazu RG, SeuffA 56 Nr. 24). Eine Interessenkollision, die eine sachgemäße Wahrung der Interessen des Auftraggebers unmöglich macht, liegt aber auch und gerade bei einem deutlichen Eigeninteresse des Maklers vor. Dazu hat das Berufungsgericht mit Recht ausgeführt, der Auftraggeber müsse immer davon ausgehen, der Makler werde seinen besseren Zugang zu der anderen Vertragspartei ausnutzen, um seinen eigenen Vertragswunsch zum Nachteil des Auftraggebers durchzusetzen, so dass dieser in seiner Verhandlungsposition insbesondere bei einem mit Alleinauftrag handelnden Makler benachteiligt sei. Tritt der Makler in dieser Weise als Mitbewerber seines am Kauf interessierten Auftraggebers auf, dann begibt er sich aus der Position des Maklers in die andere des Käufers. Dieser Schritt offenbart, dass der Makler nun das Gegenteil des vorher von ihm Angestrebten will: Sein Auftraggeber soll gerade nicht mehr kaufen. Begibt der Makler sich in diese Position, ohne das dem Auftraggeber gegenüber aufzudecken, und sucht er - anders als die Kläger im vorliegenden Fall - heimlich aus dieser Position heraus den Abschluss des Geschäfts zwischen dem Auftraggeber und dem Vertragsgegner zu verhindern, dann verwirkt er anerkanntermaßen seinen Maklerlohn (vgl. WM 1978, 245). Deshalb muss er pflichtgemäß die Interessenkollision aufdecken und seinen Auftraggeber bei Bestehen eines Eigeninteresses davon unterrichten.

c) Damit beendet der Schritt in die Position des Käufers zwangsläufig die Wahrung der Interessen des Auftraggebers. Der Makler begibt sich mit diesem Schritt überhaupt seiner Position als Makler, er gibt sie auf. Wie der Doppelmakler, der treuwidrig und einseitig den anderen Vertragspartner berät, sagt er sich sozusagen von dem Vertrag mit seinem Auftraggeber los (so Weber, Anm. LM § 654 BGB Nr. 5). Im Falle eines unlösbaren Interessenkonfliktes muss der Makler von weiterer Tätigkeit absehen (LM § 652 BGB Nr. 33 ), es sei denn, dass der Auftraggeber trotz Aufdeckung dieses Konfliktes weitere Tätigkeit wünscht. Mit Recht meint daher das Berufungsgericht von seinem Standpunkt aus, dass es im vorliegenden Fall geboten gewesen wäre, den Auftraggeber aus dem Provisionsversprechen zu entlassen. Das gilt hier umso mehr, als nach den allgemeinen Vertragsbedingungen der Kläger dem Auftraggeber in weitgehender Weise Pflichten zur Wahrung der Interessen der Kläger auferlegt werden. So soll er z. B. bei Weitergabe des Angebotes für das Honorar haften und bei Vorkenntnis innerhalb von fünf Tagen diese Vorkenntnis und ihre Quellen angeben, wenn er nicht trotz Vorkenntnis provisionspflichtig werden will. Wer in dieser Weise als Makler Rücksichtnahme auf seine Interessen verlangt, darf zumindest nicht die Interessen seines Auftraggebers durch Verfolgen von entgegenstehenden Eigeninteressen verletzen, sondern muss sich zurückziehen.

d) Bei einer solchen Rechtslage darf der Auftraggeber - wie hier der Beklagte - die ihm gegenüber abgegebene Erklärung des Maklers, er sei selbst stark an dem Geschäft interessiert, dahin verstehen, dass der Makler aus dem Maklervertrag mit der Verpflichtung, die Interessen des Auftraggebers wahrzunehmen, entlassen werden will. Dass der Makler meint, die Nachweisprovision dann doch fordern zu können, wenn nicht er selbst, sondern sein Auftraggeber zum Zuge kommt, ändert im Hinblick auf § 116 BGB am konsequenten Verständnis seiner Erklärung nichts. Jedenfalls für das in Rede stehende Geschäft bietet der Makler damit, dass er nachdrücklich sein Eigeninteresse bekundet, die einverständliche Aufhebung des Maklervertrages an. Ob er den Maklervertrag insgesamt aufgehoben haben will, ist für die Entscheidung des vorliegenden Falles ohne Bedeutung. Hier geht es um die Provision für das Einfamilienhaus, für welches der Beklagte die Erklärung des Geschäftsführers der Kläger als Anerbieten verstehen durfte und verstanden hat, den Maklervertrag aufzuheben... Der Beklagte hat sich mit diesem Anerbieten auch einverstanden erklärt ...

e) Diese einverständlich vollzogene Aufhebung hatte zur Folge, dass für die Kläger die Möglichkeit verloren ging, wegen des Nachweises bei Kaufabschluss die Käuferprovision zu fordern. Grundsätzlich ist es eine Frage der Auslegung des Einzelfalles, ob ein Aufhebungsvertrag Rückwirkung hat oder bereits entstandene Ansprüche bzw. Anspruchsvoraussetzungen unberührt lässt (NJW 1978, 2198 = LM § 305 BGB Nr. 18). Der Makler, der die Aufhebung im eigenen Interesse begehrt, muss sich aber bei Fehlen anderweitiger Abreden in der Regel das Erlöschen eines eigenen, etwa schon entstandenen, aber noch nicht erfüllten Provisionsanspruches gefallen lassen (vgl. für einen Fall aus dem Maklerrecht WM 1979, 778 [780]). Das muss umso mehr gelten, wenn - wie bereits dargelegt - das Einverständnis mit dem Weiterbestehen der Provisionspflicht wegen der zutage getretenen Interessenkollision so außergewöhnlich wäre, dass dafür eine ausdrückliche Abrede gefordert werden muss.