Kaufpreis
Die Prüfung, ob der vereinbarte Kaufpreis den Verkehrswert deutlich überschreitet. Der Begriff des deutlichen Überschreitens ist ein unbestimmter Rechtsbegriff und gerichtlich voll nachprüfbar. Deutlich überschreiten dürfte den Verkehrswert ein Kaufpreis, der in auffallender Weise nach oben abweicht. Ein genereller fester Prozentsatz lässt sich hier nicht angeben, da es jeweils auf den konkreten Einzelfall und die Verhältnisse des örtlichen Grundstücksmarktes ankommt. Damit aber die Vorschrift - vor allem auch für kleinere Gemeinden - praktikabel ist, wird man den Begriff deutlich großzügig auslegen dürfen, zumal die Ausfüllung dieses Begriffs auf einer unsicheren Meßgröße beruht. Eine zu große Scheu der Gemeinden bei der Anwendung des Vorkaufsrechts im Hinblick auf das mit der Preislimitierung verbundene Prozeßrisiko würde sicherlich auch dem vom Gesetzgeber mit dem Wohnungsbau-Erleichterungsgesetz verfolgten Ziel widersprechen. Die nicht zu enge Auslegung des genannten Begriffs erscheint auch erforderlich im Interesse des privaten Geschäftsverkehrs, für den ein Eingriff in die Preisgestaltung durch die Gemeinde kalkulierbar sein muss. Man wird daher die Schwelle des deutlichen Überschreiten bei mindestens 20% oberhalb des festgestellten Verkehrswerts - je nach den besonderen Umständen des Einzelfalles u. U. auch höher - ansetzen dürfen. Ein deutliches Überschreiten des Verkehrswertes wird jedenfalls nicht schon zu bejahen sein, wenn der vereinbarte Kaufpreis lediglich die obere Grenze der Bewertungstoleranz erreicht. Zur Auslegung des Begriffs des deutlichen Überschreiten kann auch die Rechtsprechung zu § 5 a. F. Wirtschaftsstrafgesetz analog herangezogen werden. Die alte Fassung regelte den Fall, dass für die Vermietung von Wohnräumen ein Entgelt verlangt wird, das die ortsübliche Miete nicht unwesentlich übersteigt. Die Rechtsprechung bejahte dies ab 20%. Die Begriffe deutliches Überschreiten und nicht unwesentlich übersteigen sind einander ähnlich. Die von der Rechtsprechung angenommene Grenze von 20% ist am 1.9.1993 Gesetz geworden.
Der vereinbarte Kaufpreis muss den Verkehrswert in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise deutlich überschreiten. Als Rechtsverkehr wird man bezeichnen können die Summe oder den Inbegriff aller sozialen Kontakte, die rechtserheblich sind, durch die also Rechte begründet, geändert oder aufgehoben werden sollen. Für das auf Grundstücke bezogene gesetzliche Vorkaufsrecht ist im Besonderen der rechtsgeschäftliche Grundstücksverkehr maßgebend. Dieser umfasst alle an Grundstücksgeschäften Beteiligten. Der spezifische Gehalt des Begriffs Rechtsverkehr in § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG lässt sich am besten durch Auslegung der Urteile des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. 11. 1978 und vom 21.8. 1981 ermitteln, da der Gesetzgeber bei der Fassung der Preislimitierungsvorschrift sich von dieser Rechtsprechung leiten ließ. Wendet man die Gründe der beiden zum früheren Städtebauförderungsgesetz ergangenen Urteile entsprechend an, so ergibt sich, dass mit Rechtsverkehr in erster Linie die vertragsschließenden Parteien gemeint sind. Diese sollen schon vor Vertragsschluss in der Lage sein zu beurteilen, was der gesetzlich zulässige Preis ist. Die behördliche Entscheidung im Rahmen der Preisprüfung muss voraussehbar sein. Den Parteien darf bei der oft schwierigen Ermittlung des Verkehrswertes nicht mehr zugemutet werden, als sie bei Anspannung aller Kräfte zu leisten imstande sind, wobei den Parteien wohl zumutbar ist, Erkenntnisquellen zu benutzen. Schwierigkeiten, die mit der Ermittlung des verkehrswertentsprechenden Preises verbunden sind, sollen auf das verfassungsrechtlich zulässige Maß reduziert werden, indem den Vertragschließenden gleichsam ein Sicherheitsspielraum zugestanden wird, der seine Grenze erst dort findet, wo der vereinbarte Preis den Verkehrswert in erkennbarer Weise deutlich überschreitet. So gesehen ist die Wendung in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise kein gesonderter unbestimmter Rechtsbegriff, sondern Teil des einheitlichen Rechtsbegriffs der deutlichen Überschreitung in einer dem Rechtsverkehr erkennbaren Weise. An sich hätte es des Hinweises auf den Rechtsverkehr nicht bedurft, da der Begriff deutliches Überschreiten vom Wortsinn her bereits die Erkennbarkeit nach außen einschließt. Mit der weitgefassten Formulierung sollte wohl die Erkennbarkeit nach außen besonders betont werden.
Sind die Voraussetzungen für eine Herabsetzung des Kaufpreises auf den Verkehrswert gegeben, hat die Gemeinde entsprechend zu verfahren. Die Gemeinde hat also kein Wahlrecht, wie dies von einem Teil des Schrifttums zum früheren § 28 a BBauG angenommen worden war. Nebenleistungen des Käufers sind ebenfalls herabzusetzen, wenn sie mit dem Kaufpreis gekoppelt sind. Dies gilt insbesondere für die in der Regel vom Käufer übernommenen Kosten des Vertrages. Die Gemeinde hat - falls die Kosten dem Käufer obliegen - nur die Kosten zu tragen, die angefallen wären, wenn das Grundstück zum Verkehrswert verkauft worden wäre. Die Pflicht zur Herabsetzung des Kaufpreises bedeutet aber nicht, dass die Gemeinde das Vorkaufsrecht ausüben muss. Dies steht ihr vielmehr frei. Liegt der Kaufpreis unter dem Verkehrswert, ist § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG nicht anzuwenden. Es bleibt dann beim vereinbarten Kaufpreis nach § 28 Abs. 2 Satz 2 BauGB in Verb. mit § 505 Abs. 2 BGB.
Die Preisprüfung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG I unterscheidet sich in mehrfacher Hinsicht von dem Fall des § 28 Abs. 3 Satz 1 BauGB. Dort hat die Gemeinde den Kaufpreis danach festzusetzen, was im Falle einer Enteignung als Entschädigung nach §§ 93 ff. BauGB zu leisten wäre. Liegt der vereinbarte Kaufpreis darüber, hat ihn die Gemeinde auch dann herabzusetzen, wenn er den Entschädigungswert nicht deutlich überschreitet. Auch muss im Gegensatz zu § 3 BauGB-MaßnahmenG der vereinbarte Kaufpreis, falls er geringer ist als der Entschädigungswert, aufden Entschädigungswert angehoben werden . Ferner ist bei § 28 Abs. 3 BauGB für die Bestimmung der Grundstücksqualität die so genannte Vorwirkungsrechtsprechung maßgebend. Auf Grund der Vorwirkungsrechtsprechung kann im Fall des § 28 Abs. 3 BauGB die der Entschädigungsfestsetzung zugrunde liegende Grundstücksqualität alle Stufen vom reinen Agrarland bis zum Nettobauland umfassen, je nachdem, welche Qualität das zu erwerbende Grundstück vor dem Ausschluss von der konjunkturellen Weiterentwicklung in einem Zeitpunkt hatte, der u. U. lange zurückliegt. Demgegenüber ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG der Verkehrswert allein aufGrund der im Zeitpunkt des Verkaufsfalles tatsächlich vorhandenen Grundstücksqualität zu ermitteln. Der Unterschied kann praktische Bedeutung erlangen, wenn es sich um ein Grundstück handelt, das der infrastrukturellen Versorgung eines Wohngebietes dient und von der Festsetzung eines Bebauungsplans nach § 24 Abs. 1 Nr. 1 BauGB betroffen ist, so dass der Gemeinde zwei Vorkaufsrechte zustehen. Da jedoch § 28 Abs. 3 BauGB als lex specialis dem § 3 Abs. 3 BauGB-MaßnahmenG vorgeht, hat die Gemeinde § 28 Abs. 3 BauGB anzuwenden, auch wenn sie die Ausübung des Vorkaufsrechts nur auf § 3 Abs. 1 BauGB-MaßnahmenG stützt.
Im Gegensatz zum früheren § 28 a Abs. 2 Satz 2 BBauG sieht § 3 Abs. 3 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG keine Anhörung der Vertragsparteien vor Ausübung des Vorkaufsrechts zum Verkehrswert vor. Daraus darf aber nicht geschlossen werden, dass eine Anhörungspflicht entfällt. Diese ergibt sich vielmehr durch die Verweisung auf § 28 Abs. 2 BauGB in § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB-MaßnahmenG. Nach § 28 Abs. 2 Satz 1 BauGB wird das Vorkaufsrecht durch Verwaltungsakt ausgeübt. Damit gelten die Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze, die u. a. eine grundsätzliche Pflicht zur Anhörung Beteiligter vorsehen. Will die Gemeinde den Kaufpreis herabsetzen, so hat sie im Rahmen ihrer allgemeinen Anhörungspflicht vor Ausübung des Vorkaufsrechts die Vertragsparteien auch zur Frage der Herabsetzung zu hören.