Kenntnis der Abtretung

Kenntnis einer Vorausabtretung steht der Kenntnis der Abtretung i. S. des § 406 BGB gleich.

Anmerkung: Die Frage, ob die Kenntnis einer Vorausabtretung der Kenntnis einer Abtretung i. S. des § 406 BGB gleichsteht, ist bisher nicht höchstrichterlich beantwortet vom Tuhr hatte ursprünglich angenommen, der Zedent der künftigen Forderung sei dem bisherigen Gläubiger gleichzustellen, so dass der Schuldner bei einer Vorausabtretung mit einer Gegenforderung gegen den Zedenten aufrechnen könne, wenn er beim Erwerb seiner Gegenforderung von der Vorausabtretung keine Kenntnis hatte (DJZ 1904, 426 [430]). Später hat vom Tuhr diese Meinung aufgegeben, weil bei der Vorausabtretung das Recht des Zessionars nicht schon mit der Zession, sondern erst mit der Entstehung der Forderung ins Leben trete. Infolgedessen könne der Schuldner auch dann, wenn er die Vorausabtretung gekannt habe, gegen den Zedenten mit einer Gegenforderung aufrechnen, die er vor Entstehung der vorausabgetretenen Forderung erworben habe (v. Tuhr, Der Allg. Teil des Bürgerlichen Rechts, Bd. II, S. 394). Dieser Ansicht ist in neuerer Zeit entgegengetreten. Da § 406 BGB bezwecke, das Vertrauen des Schuldners in eine bestehende Aufrechnungslage zu schützen, sei die Aufrechnung gegenüber dem Zedenten nicht zulässig, wenn der Schuldner bei dem Erwerb der Forderung von der Vorausabtretung Kennt- nis hatte (BB 1969, 940).

Zutreffend ist zwar, dass bei einer Vorausabtretung der Erwerb der Forderung von ihrer Entstehung abhängig ist und erst hiermit vollendet ist. Das besagt indessen nichts für die Anwendbarkeit des § 406 BGB auf die Vorausabtretung. Denn diese Bestimmung stellt in erster Linie nicht auf den Zeitpunkt der Entstehung der Forderung, sondern auf denjenigen der Kenntnis des Schuldners von der Abtretung ab. Im Regelfall des § 406 BGB ist allerdings die Forderung bereits entstanden. Dass bei der Vorausabtretung die Forderung noch nicht zur Entstehung gelangt ist, schließt die Anwendbarkeit des § 406 BGB auf die Vorausabtretung nicht aus. Denn der Schuldner muss bei der Vorausabtretung mit der Möglichkeit rechnen, dass die vorausabgetretene Forderung zur Entstehung gelangt. § 406 BGB will in- dessen dem gutgläubigen Schuldner die Aufrechnungsmöglichkeit trotz der Abtretung erhalten (vgl. Mot. II, S. 131). Ein Schuldner, der damit rechnen muss, dass die vorausabgetretene Forderung entstehen wird, ist nicht gutgläubig in diesem Sinne. Denn er kann nicht darauf vertrauen, sich durch Aufrechnung gegen den Zedenten von der gegen ihn gerichteten Forderung befreien zu können. Wie Schomaker zutreffend ausgeführt hat, spricht über- dies für die Anwendbarkeit des § 406 BGB auf die Vorausabtretung, dass es in den in § 406 Halbs. 2 BGB angeführten Ausnahmen, in denen eine Aufrechnung gegen den bisherigen Gläubiger ausgeschlossen ist, an einem zu schützenden Vertrauen des Schuldners auf eine Aufrechnungslage fehlt. Daraus folgt, dass das maßgebende Kriterium für die Anwendbarkeit des § 406 BGB das Vertrauen des Schuldners auf die Aufrechnungslage ist. Daher kann die Kenntnis einer Abtretung und diejenige einer Vorausabtretung nicht unterschiedlich beurteilt werden.