Kfz-Fahrer

Zur Frage, wie die nach einem Verkehrsunfall an der Unfallstelle von einem beteiligten Kfz-Fahrer abgegebene Erklärung, alleinschuldig zu sein, rechtlich zu werten ist.

Zum Sachverhalt: Am 1. 12. 1979 kam es zu einem Verkehrsunfall, in den der Kläger und der Erstbekl., dessen am Unfall beteiligter Pkw bei der Zweitbeklagte haftpflichtversichert ist, verwickelt waren.

An der Unfallstelle gab der Kläger gegenüber dem Erstbeklagte eine schriftliche Erklärung mit folgendem Wortlaut ab: Ich erkläre mich hiermit zum allein Schuldigen A/B. Kläger und Erstbeklagte erklärten der von der Ehefrau des Erstbeklagte zweimal herbeigerufenen Polizei, sie wünschten keine Unfallaufnahme. Die Polizei sicherte deshalb an der Unfallstelle weder Spuren noch fertigte sie Lichtbilder über den Endstand der beiden Fahrzeuge und deren Beschädigung an. Mit der vorliegenden Klage verlangt der Kläger von den Beklagten Ersatz in Höhe von 50% seines Unfallschadens. Er meint, den Erstbeklagte treffe ein Mitverschulden.

Das Landgericht hat der Klage teilweise stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagte hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers blieb erfolglos.

Aus den Gründen: I. Nach Auffassung des Berufungsgerichts sind die Beklagte dem Kläger nicht zum Schadensersatz verpflichtet.

Zwar lasse sich nicht feststellen, dass der Unfall für den Erstbeklagte unabwendbar gewesen sei. Auch sei nicht festzustellen, dass das Verschulden des Klägers, das in der Verletzung des Vorfahrtsrechts des Erstbeklagte bestehe (§ 8 I I StVO), so schwer wiege, dass die vom Fahrzeug des Erstbeklagte ausgehende Betriebsgefahr außer Betracht bleiben könne. Eine Mithaftung der Beklagte für die Unfallfolgen scheitere jedoch an der Erklärung des Klägers, an dem Unfall allein schuldig zu sein. Diese Erklärung sei als ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten, dass es dem Kläger erwehre, sich auf ein Mitverschulden des Erstbeklagte an dem Unfall oder auf eine Mithaftung nach § 7 I StVG zu berufen. Dieses Schuldanerkenntnis betreffe nicht bloß die Schuldfrage, vielmehr handele es sich um eine Erklärung, durch die der Kläger seine alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall verbindlich festgelegt und klargestellt habe, dass er keine Ansprüche gegen die Beklagte erheben werde. Dies folge aus den Umständen, unter denen der Kläger die Erklärung abgegeben habe. Ihm sei nämlich bewusst gewesen, dass der Erstbeklagte auf eine polizeiliche Unfallaufnahme nur deshalb verzichtet habe, weil er davon ausgegangen sei, dass nach der Erklärung des Klägers an dessen alleiniger und uneingeschränkter Verantwortlichkeit für den Unfall kein Zweifel bestehe.

II. Gegen diese Erwägungen wendet sich die Revision im Ergebnis ohne Erfolg.

1. Mit Recht macht die Revision allerdings geltend, dass die Hauptbegründung des Berufungsgerichts, eine Mithaftung der Beklagte für die Unfallfolgen entfalle schon deshalb, weil der Kläger wegen seiner schriftlichen Erklärung mit allen Einwendungen gegen seine alleinige Verantwortlichkeit für den Unfall ausgeschlossen sei, die Entscheidung nicht trägt. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist die Erklärung, die der Kläger am Unfallort abgegeben hat, nämlich nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten.

Unter einem deklaratorischen (bestätigenden) Schuldanerkenntnis - einem im BGB nicht geregelten Vertragstypus - versteht man einen Vertrag, der im Unterschied zum sogenannten konstitutiven Schuldanerkenntnis den in Frage stehenden Anspruch nicht auf eine neue Anspruchsgrundlage hebt, sondern diesen Anspruch unter Beibehaltung des Anspruchsgrundes dadurch verstärkt, dass er ihn Einwänden des Anspruchsgegners gegen den Grund des Anspruchs entzieht. Entzogen werden dem Anspruchsgegner Einwendungen und Einreden, die bei Abgabe der Erklärung bestanden und ihm bekannt waren oder mit denen er zumindest rechnete. Zweck eines solchen Vertrages ist es, das Schuldverhältnis insgesamt oder zumindest in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen und es (insoweit) endgültig festzulegen (vgl. BGHZ 66, 250 [253ff.] = LM § 11 AVB f. Unfallvers. Nr. 1 = NJW 1976, 1259; BGHZ 69, 328 [331] = LM § 840 ZPO Nr. 3 = NJW 1978, 44; BGH, WM 1974, 410; Senat, NJW 1982, 996 = LM PflVG 1965 Nr. 36 = VersR 1981, 1158ff , jeweils m. w. Nachw.). Der BGH hat aber stets betont, dass ein Vertrag, dem eine so weitgehende Rechtswirkung zukommt, nur unter bestimmten Voraussetzungen angenommen werden kann. Der erklärte Wille der Beteiligten muss die mit einem deklaratorischen Schuldanerkenntnis verbundenen Rechtsfolgen tragen. Die Annahme, dass dies der Fall ist, setzt insbesondere voraus, dass diese Rechtsfolgen der Interessenlage der Beteiligten, dem mit der Erklärung erkennbar verfolgten Zweck und der allgemeinen Verkehrsauffassung über die Bedeutung eines solchen Anerkenntnisses entsprechen. Eine generelle Vermutung dafür, dass die Parteien einen bestätigenden Schuldanerkenntnisvertrag abschließen wollen, gibt es nicht; die Annahme eines solchen Vertrages ist vielmehr nur dann gerechtfertigt, wenn die Beteiligten unter den konkreten Umständen einen besonderen Anlass für seinen Abschluss hatten. Ein solcher Anlass bestand nur dann, wenn zuvor Streit oder zumindest eine (subjektive) Ungewissheit über das Bestehen der Schuld oder über einzelne rechtlich erhebliche Punkte geherrscht haben. Die Rechtsnatur des Schuldbestätigungsvertrages weist damit dem Vergleich ähnliche Züge auf (BGHZ 66, 250 [255] = LM § 11 AVB f. UnfallVers. Nr. 1 = NJW 1976, 1259; vgl. auch Senat, NJW 1982, 996 = LM PflVG 1965 Nr. 36 = VersR 1981, 1158 [1160]).

Danach kann die schriftliche Erklärung des Klägers nicht als deklartorisches Schuldanerkenntnis gewürdigt werden. Das Berufungsgericht übersieht, dass in aller Regel einer solchen Erklärung der rechtsgeschäftliche Charakter fehlt, sie sich vielmehr als eine Äußerung darstellt, mit der der Erklärende unter Verwendung eines (einfachen) Rechtsbegriffs zusammenfassend zum Unfallhergang Stellung nimmt. Nur unter den genannten weiteren Voraussetzungen, an die - nicht zuletzt im Hinblick auf § 7 II AKB, nach dem der Versicherungsnehmer in seinem Verhältnis zum Versicherer grundsätzlich nicht berechtigt ist, einen Anspruch ganz oder zum Teil anzuerkennen - besondere Anforderungen zu stellen sind, ließe sich die Erklärung des Klägers als deklaratorisches Schuldanerkenntnis werten. Eine solche Wertung wäre etwa dann möglich, wenn festgestellt wäre, dass der Erklärung ein Gespräch der Beteiligten über Haftpflichtansprüche vorausgegangen ist. Solche Feststellungen hat das Berufungsgericht aber nicht getroffen. Es hat entscheidend darauf abgestellt, dass die Beteiligten von einer polizeilichen Aufnahme des Unfalls abgesehen haben. Daraus lässt sich indes auch unter Berücksichtigung der Interessenlage des Erstbeklagte noch kein tragfähiger Schluss auf ein deklaratorisches Schuldanerkenntnis ableiten. Vielmehr konnte dem Interesse des Erstbekl., sonst befürchtete Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, schon eine zu Beweiszwecken verwendbare schriftliche Erklärung des Klägers zum Unfallhergang genügen (vgl. Senat, NJW 1982, 996 = LM PflVG 1965 Nr. 36 = VersR 1982, 1158 [1160]; ferner Oberlandesgericht Celle, VersR 1980, 482).

2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen, die Erwägungen, mit denen das Berufungsgericht seine Entscheidung zusätzlich begründet hat. Lässt sich die Erklärung des Klägers auch nicht als deklaratorisches Schuldanerkenntnis werten, so kommt ihr doch als Schuldbekenntnis des Klägers im Schadensersatzprozess eine erhebliche Bedeutung zu. In der Rechtsprechung des BGH ist anerkannt, dass auch bloße Bekenntnisse der Schuld, die keinen besonderen rechtsgeschäftlichen Verpflichtungswillen des Erklärenden verkörpern, die Beweislage des Erklärungsempfängers verbessern (vgl. BGHZ 66, 250 [254f.] = LM § 11 AVB f. UnfallVers. Nr. 1 = NJW 1976, 1259; BGH, WM 1974, 410 [411]; Senat, NJW 1982, 996 = LM PflVG 1965 Nr. 36 = VersR 1981, 1158 [1160]). Dies ist ein Äquivalent dafür, dass der Erklärungsempfänger von der Wahrnehmung seiner Aufklärungsmöglichkeiten absieht. Es kann auf sich beruhen, ob diese Wirkung als Umkehr der Beweislast (so z. B. BGH, WM 1974, 410 [411]) zu umschreiben oder ob in der Erklärung des seine Schuld Bekennenden nur ein Zeugnis gegen sich selbst mit entsprechender Indizwirkung zu sehen ist (so z. B. Steffen, in: RGRK, 12. Aufl., § 781 Rdnr. 18). Entscheidend ist, dass der Erklärungsempfänger als Folge der Erklärung der Beweisanforderungen, denen er ohne die Erklärung zur Erreichung seines Prozesszieles genügen müsste, zunächst enthoben ist; die Notwendigkeit, die sein Prozessbegehren tragenden Behauptungen zu beweisen, trifft ihn erst dann, wenn dem Erklärenden der Nachweis der Unrichtigkeit des Anerkannten gelingt (vgl. BGHZ 66, 250 [254f.] = LM § 11 AVB f. UnfallVers. Nr. 1 = NJW 1976, 1259).