Konkursverfahren

Wird über das Vermögen desjenigen, dem ein Schuldbefreiungsanspruch zusteht, das Konkursverfahren eröffnet, so bleibt dieser Anspruch seinem Umfang nach unberührt, wenn das Konkursverfahren durch Zwangsvergleich beendet wird und die Schuld, von der der Gemeinschuldner Befreiung beansprucht, dem Zwangsvergleich entsprechend zum Teil erlassen wird.

Anmerkung: Die Beklagten des Rechtsstreits ist der Kläger nach §§ 325, 326 BGB zum. Schadensersatz verpflichtet. Die Kläger hatte zur Erfüllung des zwischen den Parteien geschlossenen Vertrages mit einem Ingenieur M. einen Werkvertrag geschlossen. Nachdem die Kläger sich gegenüber der Beklagten vom Vertrage gelöst und den Werkvertrag gekündigt hatte, schuldet sie dem M. die Zahlung der nach § 649 BGB zu bestimmenden Vergütung. Der Schaden der Kläger besteht in der Belastung mit dieser Verbindlichkeit. Ihr Ersatzanspruch gegen die Beklagten geht mithin auf Befreiung von der Verbindlichkeit gegenüber M. Im späteren Konkurs über das Vermögen der Kläger ist ein Zwangsvergleich geschlossen worden, durch den Gläubigern eine Vergleichsquote von 35% gewahrt wurde. M. könnte nach § 193 KO von der Klägerin daher nur Zahlung eines auf die Vergleichsquote geminderten Betrages verlangen.

Im oben genannten Urteil geht es letzten Endes um den Begriff des Schadens, insbesondere darum, ob es dem zur Schuldbefreiung Verpflichteten zugute kommen darf, wenn der Umfang der Schuld, von der Befreiung verlangt wird, durch einen in der Person des Schuldners liegenden Umstand sich ändert. Diese Frage ist in Rechtsprechung und Schrifttum vornehmlich unter zwei Gesichtspunkten behandelt worden. Einmal unter einem konkurs-rechtlichen in Fallen, in denen der aus dem Befreiungsanspruch Berechtigte in Konkurs gefallen war und der Gläubiger, von dessen Forderung Befreiung begehrt wird, nur die Konkursquote zu beanspruchen hatte. Nach allgemeiner Meinung gehört dann der Befreiungsanspruch zur Konkursmasse und verwandelt sich in der Hand des Konkursverwalters in einen Zahlungsanspruch auf den vollen Betrag der Schuld des Gemeinschuldners und nicht bloß der dem Gläubiger gebührenden Konkursquote. Dieser Gesichtspunkt kommt in dem obigen Urteil zugrunde liegenden Falle, dass der Konkursverwalter den Befreiungsanspruch freigibt und ein Zwangsvergleich geschlossen wird, nicht zum Tragen. Der zweiten Betrachtungsweise liegen Billigkeits- und Gerechtigkeitserwägungen zugrunde. In der Entscheidung RGZ 71, 363 hat das RG für den Konkursfall bereits zum Ausdruck gebracht, der Konkurs bewirke auch deshalb keine Befreiung des Regressschuldners, weil andernfalls dieser einen durch nichts gerechtfertigten Gewinn ziehe. Diesen Gedankengang hat das RG im Urteil RGZ 81, 250 für den Fall einer Inanspruchnahme des Versicherers auf Befreiung des Versicherungsnehmers von der Haftpflichtschuld weiterverfolgt. Dem Einwand des Versicherers, der Anspruch auf Befreiung von der Haftpflichtschuld sei weggefallen, weil der Versicherungsnehmer zahlungsunfähig geworden sei und ihm deshalb aus einer Zwangsvollstreckung des Geschädigten ein Schaden nicht mehr entstehe, ist das RG mit der Erwägung entgegengetreten, wenn dem Versicherungsnehmer nicht die Befugnis zuerkannt werde, die ganze Versicherungssumme einzuziehen, so würde der Versicherer aus dem zufälligen Umstand der Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsnehmers einen unverdienten und im objektiven Rechte nicht begründeten Vorteil ziehen Ein solches Ergebnis würde mit der Billigkeit und den Grundsätzen von Treu und Glauben in schroffem Widerspruch stehen, deshalb müsse das Gesetz auch Mittel und Wege bieten, es zu vermeiden. In späteren Entscheidungen hat das RG allerdings ausgesprochen, die Belastung mit Schulden stelle dann keinen Schaden dar, wenn der Geschädigte zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit außerstande sei, so dass ihn seine Schulden praktisch nicht beschwerten. Dieser letztgenannten Auffassung des RG, die im Schrifttum überwiegend auf Ablehnung gestoßen ist, hat sich das oben genannte Urteil nicht angeschlossen. Wenn die Belastung mit Ansprüchen grundsätzlich einen Schaden bildet, so kann es nicht darauf ankommen, ob der Schuldner zurzeit nicht in der Lage ist, die Verbindlichkeiten aus seinem Vermögen zu tilgen.

Die Besonderheit des im Urteil behandelten Falles, durch die er von den bisherigen Fällen abweicht, liegt darin, dass, anders als bei Beendigung des Konkursverfahrens durch Ausschüttung der Masse, die Gläubiger ihre Forderung, soweit sie nicht befriedigt sind, nicht mehr gegen den Schuldner durchsetzen können. Dieser Umstand ist aber nach Auff. des erkennenden Senats nicht so durchschlagend, dass er den Schuldbefreiungsanspruch berühren könnte. Es bleibt einmal die allgemeine Erwägung, dass der zur Schuldbefreiung Verpflichtete, der wegen seiner Vertragsuntreue zum Schadensersatz verpflichtet ist, aus dem Vermögensverfall des Anspruchsberechtigten einen durch nichts gerechtfertigten Gewinn erzielen würde, wenn der Schuldbefreiungsanspruch nur in Höhe der dem Gläubiger zustehenden Vergleichsquote anerkannt würde. Außerdem ist der im Zwangsvergleich erlassene Teil der Konkursforderung nicht endgültig erloschen, sondern bleibt als natürliche Verbindlichkeit bestehen, für die die bestellten Sicherheiten erhalten bleiben und für die neue Sicherheiten bestellt und bestehende Sicherheiten ausgetauscht werden können. Wird der Befreiungsanspruch in voller Höhe durchgesetzt, so erhält der Gläubiger, von dessen Forderung der Anspruchsberechtigte befreit werden soll, genau das, worauf er an sich Anspruch hat und das zu zahlen der in Vermögensverfall geratene Schuldner, der Befreiung verlangen kann, sittlich verpflichtet ist. Dagegen entspräche es nicht dem Sinn und Zweck eines Zwangsvergleiches, den Vorteil aus der Herabsetzung der Schuld auf die Vergleichsquote demjenigen zukommen zu lassen, der verpflichtet ist, den Konkursschuldner von seiner Schuld zu befreien.