Kontokorrentschuld
1. Der Bürge, der sich für eine Kontokorrentschuld nebst Zinsen verbürgt, haftet auch für anfallende Zinseszinsen.
2. Macht der Gläubiger gegen einen Bürgen entsprechend dessen Bürgschaftserklärung Zinsansprüche geltend, obwohl diese nach Einstellung in ein Kontokorrent in der Saldoforderung aufgegangen waren, so löst er sich nicht von der Kontokorrentbindung insgesamt mit der Folge, dass er im Verhältnis zu dem Bürgen auch die Auslegungsregel des § 367 BGB gegen sich gelten lassen müsste.
Anmerkung Für einen Kontokorrentkredit eines Kaufmanns hatte sich ein Bürge bis zum Höchstbetrag von 20000 DM zuzüglich etwaiger nicht- bezahlter Zinsen aus diesem Betrag verbürgt. In der Bürgschaftsurkunde war klargestellt worden, dass die Bürgschaft für anfallende Zinsen neben dem Bürgschaftshöchstbetrag gelten sollte und zwar auch falls rückständige Zinsen durch Saldierung zur Hauptsache geworden sein sollten. Als der Hauptschuldner den Kredit nicht zurückzahlen konnte, zahlte der Bürge zwar die Bürgschaftssumme von 20000 DM, weigerte sich aber, die vom Gläubiger verlangten Zinsen und Zinseszinsen zu begleichen. Der BGH hielt den Bürgen aber zur Zahlung der Zinsen samt Zinseszinsen für verpflichtet. Der BGH führte aus, für eine Kontokorrentschuld können nach dem Gesetz (§ 355 I HGB) entgegen der allgemeinen Regel des § 248 I BGB Zinseszinsen vom Tage des jeweiligen Saldoabschlusses verlangt werden. Ein Bürge, der für eine Kontokorrentschuld des Hauptschuldners nebst Zinsen einsteht, haftet demnach nicht nur, so meint der BGH, für die Zinsen der Bürgschaftsumme, sondern entsprechend der gesetzlichen Besonderheit der laufenden Rechnung auch für Zinseszinsen nach Einstellung eines Zinsbetrags in das Kontokorrent. Die Begrenzung der Bürgschaftssumme auf 20000 DM Höchstbetrag ist für die Verpflichtung des Bürgen zur Zahlung der Zinsen unerheblich, weil er sich ausdrücklich für die für diesen Höchstbetrag anfallender Zinsen zusätzlich verbürgt hatte und weil außerdem vereinbart worden war, dass die Bürgenhaftung für die Zinsen auch fortgelten sollte, wenn diese bei der Saldierung in das Kontokorrentkonto hinein gerechnet werden.
Der BGH hat weiter ausgeführt, dass die Auslegungsregel über die Anrechnung von Zahlungen (§ 366 BGB) im Rahmen eines Kontokorrentverhältnisses nach ständiger Rechtsprechung nicht anzuwenden ist (BGH, NJW 1970, 560 [561] = LM § 355 HGB Nr. 19; WM 1961, 1046 [1047]; 1959, 472 [474]; auch RGZ 78, 434 [438]). Zahlungen eines an einem Kontokorrentverhältnis Beteiligten erfolgen nämlich nicht zur Tilgung bestimmter Forderungen, sondern bilden Rechnungsposten, die bei der nächsten Saldierung und Abrechnung des Kontokorrents ihre Wirkung ausüben. Bei Abschluss der Abrechnungsperiode werden die sämtlichen Einzelansprüche unter Anrechnung der in der Periode erbrachten Leistungen durch den Saldoanspruch ersetzt. In dieses System passen, so meint der BGH, die gesetzlichen Regeln für die Anrechnung einer Leistung auf mehrere Forderungen und auf Nebenforderungen zu einer Hauptschuld (§§ 366, 367 BGB) nicht. Der Meinung des Oberlandesgerichts Celle (WM 1960, 208), wonach der Gläubiger, der mit seinen Bürgschaftsbedingungen die Zinsen der Bürgschaftssumme ausdrücklich aus dem einheitlichen Saldo eines Kontokorrents herausgenommen und einer besonderen Haftung des Bürgen unterworfen habe, selbst den Standpunkt des einheitlichen Schuldsaldos bei einem Kontokorrent verlassen habe und daher - anders als im Verhältnis zwischen Gläubiger und Hauptschuldner - auch die gesetzliche Auslegungsregel des § 367 BGB gegen sich gelten lassen müsse (so auch Flessa, NJW 1955, 1901 [1903], ist der BGH nicht gefolgt. Der Hauptschuldner haftete hier der Kläger sowohl für den gewährten Kredit im Rahmen des Kontokorrents als auch für die Zinsen, die jeweils zu den Abrechnungsperioden in die laufende Rechnung eingestellt worden waren mit der Folge, dass dann auch Zinseszinsen anfallen konnten. Für diese sämtlichen Zinsen, soweit sie auf den betragsmäßig verbürgten Teil der Hauptschuld angefallen sind, hat der Beklagte als Bürge die Haftung zusätzlich zur Hauptschuld übernommen. Der Umstand, dass ein Teil einer verbürgten Schuld, nämlich hier die Zinsforderungen, in einen Kontokorrentsaldo eingestellt werden, lässt für sie bestehende Sicherheiten, also auch Bürgschaften, nach dem Gesetz grundsätzlich nicht in Wegfall kommen (§ 356 1 HGB). Wenn der Gläubiger die Zinsen aus dem Kontokorrentkonto wieder herausrechnete und gegen den Beklagten als Bürgen geltend machte, weil insoweit eine besondere Sicherheit durch seine ausdrückliche Bürgschaft für die Zinsen vorhanden war, dann löste er sich nicht von der Kontokorrentbindung insgesamt, wie das Oberlandesgericht Celle meinte, sondern folgte mit seinen Bürgschaftsbedingungen nur der im § 356 I HGB getroffenen gesetzliche Regelung.