Kreditaufnahme

Ein wucherähnliches Kreditgeschäft, das nach § 138 I BGB nichtig ist, kann durch Vertrag gemäß § 141 BGB bestätigt werden, wenn die Gründe für die Sittenwidrigkeit nicht fortbestehen.

Das Kreditgeschäft bleibt unwirksam, wenn eine Gesamtwürdigung ergibt, dass trotz Wegfalls einzelner Umstände die weiterwirkenden übrigen allein oder zusammen mit hinzutretenden neuen Umstände auch das neu vorgenommene Rechtsgeschäft als sittenwidrig erscheinen lassen.

Zum Sachverhalt: Der Kläger gewährte der Beklagten am 13. 6. 1978 einen Teilzahlungskredit mit einer Laufzeit von 36 Monaten. Der jährliche Effektivzins war mit 22,51%, incl. Maklergebühr mit 23,16% angegeben. Als die Beklagten die vereinbarten weiteren Raten nicht mehr zahlte, kündigten die Kläger den Kredit und stellte die Restschuld fällig. Später hat sie Klage erhoben. Vor der mündlichen Verhandlung hat das Landgericht den Parteien mitgeteilt, dass es den Darlehensvertrag wegen der Höhe des Zinssatzes und der sonstigen Vertragsbestimmungen für sittenwidrig und nichtig halte; deshalb könne die Kläger nur die Rückzahlung des Kapitals entsprechend den vereinbarten Fälligkeitsdaten in Raten verlangen. Als die - in erster Instanz noch nicht anwaltlich vertretene - Beklagten dieses gerichtliche Schreiben am 16. 1. 1980 erhielt, unterzeichnet sie am gleichen Tage eine Erklärung gegenüber dem Kläger, in der es heißt: Bestätigung... bzw. Rückzahlungsvorschlag.

Kreditaufnahme - Hiermit erkenne ich... nochmals ausdrücklich die damaligen Kreditbedingungen vom 13. 6. 1978 in allen Punkten an. Mir waren auch damals die Kreditkosten insgesamt bekannt und ich wusste, dass ich bei der... mehr Zinsen zahlen würde als z. B. bei der Deutschen Bank (nur hätte ich bei der Deutschen Bank das Darlehen niemals bekommen). Dass ich das Darlehen bis heute nicht ordnungsgemäß zurückgezahlt habe, liegt in meiner finanziellen angespannten Lage, denn kurz nach der Kreditaufnahme verlor ich meinen Arbeitsplatz und beziehe seitdem nur Sozialhilfe. Ich habe aber seinerzeit das Darlehen nicht nur für mich aufgenommen, sondern habe einer Freundin auch einen Betrag daraus zur Verfügung gestellt, die mir aber wiederum bis heute nichts gezahlt hat. Inzwischen haben sich meine Finanzen etwas gebessert, und meine Freundin zahlt mir jetzt auch jeden Monat einen Betrag. Ich kann also ab sofort monatlich 150 DM bezahlen. Das Landgericht hat die Beklagten nur zur Rückzahlung des Restkapitals verurteilt. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Die - zugelassene - Revision der Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Das Berufsgericht hat ausgeführt: Der ursprüngliche Darlehensvertrag sei zwar gemäß § 138 BGB sittenwidrig und damit nichtig; das ergebe sich aus einer Gesamtwürdigung aller Umstände: Der von der Kläger verlangte Effektivzins von 25,84% übersteigt den marktüblichen Zins von 8,36% um weit mehr als 100%; hinzu kämen die erheblichen Ansprüche der Kläger für den Fall des Verzugs, die die Gesamtbelastung des Darlehensnehmers ins Unangemessene und Untragbare steigerten. Trotzdem sei die Klage begründet, weil die Beklagten mit ihrer - nach dem Hinweis des Gerichts auf das grobe Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung abgegebenen - Erklärung den Kreditvertrag gemäß § 141 BGB bestätigt und einen Rückzahlungsvorschlag unterbreitet habe, den die Kläger ausdrücklich angenommen habe. An diese Erklärung sei die Beklagten gebunden, selbst wenn sie sie ohne Kenntnis des Inhalts unterschrieben haben sollte.

Diese Ausführungen des Berufsgerichts halten der rechtlichen Überprüfung nicht stand.

Mit Recht geht das Berufsgericht davon aus, dass auch ein wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 BGB nichtiger Vertrag nach § 141 BGB bestätigt werden kann. Hierzu bedarf es einer neuen Einigung der Vertragsparteien. Dabei braucht nicht über alle einzelnen Abmachungen des ursprünglichen Rechtsgeschäfts erneut eine Willensübereinstimmung hergestellt und erklärt zu werden; es genügt vielmehr, dass sich die Parteien in Kenntnis der Abreden auf den Boden des Vertrages stellen. Mit der Bestätigung kann eine Vertragsänderung oder -ergänzung verbunden werden; die Bestätigung kann sogar in der Änderungsvereinbarung liegen. Notwendig ist ein Bestätigungswille. Er setzt voraus, dass der Bestätigende zumindest Zweifel an der Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts hat.

Ohne Erfolg bleiben muss die Rüge der Revision, das Berufsgericht habe unter Verstoß gegen § 286 ZPO festgestellt, dass die Beklagten bei Unterzeichnung des Schreibens vom 16. 1. 1980 aufgrund der Verfügung des Gerichts vom 14. 1. 1980 gewusst habe, dass der Kreditvertrag vom 13. 6. 1978 sittenwidrig und nichtig sei.

Auch im übrigen ist es revisionsrechtlich nicht zu beanstanden, wenn das Berufsgericht in der Erklärung der Beklagten vom 16. 1. 1980 das Angebot einer Bestätigung des Kreditvertrages nach § 141 BGB, verbunden mit einer neuen Ratenzahlungsvereinbarung sieht. Zwar hat die Kläger selbst in erster Instanz und in der Berufungsbegründung eine solche Auffassung noch nicht vertreten, sondern erstmals im weiteren Verlauf des Berufungsverfahrens auf eine entsprechende Anfrage des Senatsvorsitzenden hin erklärt, sie sehe in dieser Erklärung ein bestätigendes Schuldanerkenntnis. Trotzdem hält sich die Auslegung, die das Berufsgericht dieser Erklärung gibt, im Rahmen der revisionsrechtlich nicht angreifbaren Möglichkeiten des Tatrichters.

Nicht von entsprechenden tatsächlichen Feststellungen getragen wird aber die Rechtsauffassung des Berufsgericht, die Kläger habe das Angebot der Beklagten vom 16. 1. 1980 angenommen. Das angefochtene Urteil lässt nicht erkennen, worin die Annahmeerklärung liegen soll; die Kläger selbst hat hierzu keinerlei Tatsachen vorgetragen. Wenn man in der Erklärung vom 16. 1. 1980 ein Angebot der Beklagten sehen will, dann war es - auch nach der Würdigung des Berufsgericht - auf eine Bestätigung nur in Verbindung mit einer Vereinbarung über eine Erfüllung in monatlichen Raten von 150 DM gerichtet. Das war auch für die Kläger als Empfängerin dieser Erklärung erkennbar; sie selbst führt in der Revisionserwiderung aus, das Schreiben vom 16. 1. 1980 sei aus der Einsicht der Beklagten erwachsen, eine sofortige hohe Zahlung als Folge der Nichtigkeit des Kreditvertrages wäre für sie ungünstiger als die Abwicklung in bequemen Raten. Angesichts der erkennbar engen Verbindung von Bestätigung und Ratenzahlung konnte die Kläger nicht nur das Angebot der Bestätigung des ursprünglichen Kreditvertrags annehmen, die zugleich begehrte Ratenzahlung aber ablehnen. Gerade das aber hat sie getan, indem sie auch nach Erhalt des Schreibens den Klageantrag auf sofortige Zahlung des Gesamtbetrages weiterverfolgte. Hierin liegt eine Ablehnung des gesamten Angebots der Beklagten. Das Berufungsurteil ist in diesem Punkt in sich widersprüchlich: Es führt zunächst aus, die Beklagten habe am 16. 1. 1980 eine Bestätigung abgegeben und einen Rückzahlungsvorschlag unterbreitet, den die Kläger ausdrücklich angenommen habe; später stellt es dagegen fest, die Parteien hätten abweichende Bestimmungen nicht getroffen, und verurteilt die Beklagten antragsgemäß zur sofortigen Zahlung des gesamten Klagebetrages nebst Zinsen ohne Gewährung von Raten. Das Urteil kann daher schon aus diesem Grunde keinen Bestand haben. Selbst wenn es aber zu einer Einigung gekommen wäre, läge darin keine wirksame Bestätigung des Kreditvertrages vom 13.6. 1978.