Kundenforderungen an eine Bank

Die Globalabtretung künftiger Kundenforderungen an eine Bank ist, soweit sie Forderungen erfasst, die einem verlängerten Eigentumsvorbehalt unterliegen, auch dann sittenwidrig, wenn in den Abtretungsvertrag eine sog. schuldrechtliche Teilverzichtsklausel zugunsten der Warenlieferanten aufgenommen worden ist.

Anmerkung: Die Entscheidung bringt die lang erwartete Auseinandersetzung des BGH mit der sogenannten schuldrechtlichen Teilverzichtsklausel. Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH ist eine zur Sicherung eines Kredits vereinbarte Globalzession künftiger Kundenforderungen an eine Bank in der Regel sittenwidrig und daher nichtig, soweit sie nach dem Willen der Vertragspartner auch solche Forderungen umfassen soll, die der Schuldner seinen Lieferanten aufgrund verlängerten Eigentumsvorbehalts künftig abtreten muss und abtritt (BGHZ 30, 149; BGHZ 32, 361 = LM vorstehend Nr. 12; BGHZ 55, 34 [35] = LM vorstehend Nr. 23 m. w. Nachw.; BGH, NJW 1968, 1516 = LM § 138 [Cb] BGB Nr. 14; NJW 1969, 318 = LM vorstehend Nr. 21; NJW 1974, 942 = LM vorstehend Nr. 25; NJW 1977, 2261). Der Makel der Sittenwidrigkeit haftet einer Globalabtretung - außer in extrem gelagerten Ausnahmefällen (vgl. dazu BGHZ 32, 361 [366] = LM vorstehend Nr. 12; BGHZ 55, 34 [35] LM vorstehend Nr. 23; BGH, NJW 1960, 1003; 1974, 942; WM 1962, 13, 15) - nur dann nicht an, wenn Ansprüche aus einem verlängerten Eigentumsvorbehalt der Globalabtretung auf jeden Fall und mit dinglicher Wirkung vorgehen sollen (BGH, NJW 1974, 942 [943] = LM vorstehend Nr. 25).

Dieser weitreichenden Folge versuchen die Banken (im Anschluss an Hellmer, Bank-Betrieb 1969, 50 [53]) durch die Aufnahme einer Klausel in die Globalabtretung zu entgehen, wonach dem Lieferanten im Wege des Vertrags zugunsten Dritter das Recht eingeräumt wird, nach näherer Maßgabe von der Bank die Abtretung der Kundenforderung oder Befriedigung aus dem aufgrund der Globalabtretung eingezogenen Erlös zu verlangen. Ob auch eine Globalabtretung mit einer solchen sogenannten schuld- rechtlichen Teilverzichtsklausel gegen die guten Sitten verstößt, ist in Rechtsprechung und Schrifttum umstritten: verneint wird das vom Oberlandesgericht Düsseldorf (WM 1977, 404) und Oberlandesgericht München (WM 1978, 799), dem Landgericht Berlin (WM 1976, 1021) und Landgericht Bad Kreuznach (WM 1977, 1364) sowie Bennat (NJW 1976, 790). Bejaht wird die Frage vom Oberlandesgericht Stuttgart (NJW 1976, 150), von Serick (Eigentumsvorbehalt und Sicherungsübereignung Band IV § 49 Abs. 2 5b und BB 1974, 845 [849]), Graf Lambsdorff-Skora (II;JW 1977, 701 [703]) und Graf von Westphalen (Betr. 1978, 68 [73]). Per BGH ist der letztgenannten Ansicht gefolgt, wonach eine solche Klausel nicht geeignet ist, der Globalabtretung den Makel der Sittenwidrigkeit zu nehmen. Dafür waren folgende Gründe maßgebend:

a) Einmal erwirbt der Lieferant gegen die Bank auch über den Weg des Vertrags zugunsten Dritter nur einen schuldrechtlichen Anspruch. Damit ist seine Lage zwar sicher nicht schlechter als gegenüber dem Drittschuldner, gegen den sein Kunde häufig auch nur schuldrechtliche Ansprüche hat. Anders ist es aber, wenn man die Rechtsstellung des Lieferanten gegenüber der Bank mit der vergleicht, die er gegenüber seinem Kunden einnimmt; Der nur schuldrechtliche Anspruch verschafft dem Lieferanten im Konkurs der Bank keinerlei Vorzugsrecht, während die durch den verlängerten Eigentumsvorbehalt im voraus abgetretene Forderung aus der Verwertung der Vorbehaltsware ihn im Konkurs seines Kunden zur Absonderung berechtigt (BGH, LM BGB § 157 [Ga] Nr. 18 [BI. 2]). Insofern übernimmt also der Lieferant mit der Insolvenzgefahr der Bank ein zusätzliches Risiko dass die Gefahr einer Bankinsolvenz nicht von der Hand zu weisen ist, hat sich in den letzten Jahren gezeigt. Allzu hoch ist dieses Risiko freilich nicht zu veranschlagen.

b) Ausschlaggebend war deshalb auch für den BGH, dass durch die schuldrechtliche Teilverzichtsklausel dem Lieferanten die Durchsetzung seiner ursprünglichen Rechte aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt unangemessen erschwert wird.

So weiß er vielfach oder kann es jedenfalls unmittelbar bei seinem Kunden ermitteln, wie die Vorbehaltsware verwendet worden ist und welche Ansprüche er daraus erworben hat. Er kann dann selbst entscheiden, was er tun will, um seine Interessen zu wahren. Wenn es zum Streit kommt, hat er es nur mit dem Drittschuldner zu tun, solange dieser nicht mit befreiender Wirkung an einen anderen gezahlt hat. Ist die Bank sein ausschließlicher Partner, so erhält er schon alle Auskünfte über seine Rechte aus zweiter Hand. Er ist aber auch sonst zunächst von den Entscheidungen der Bank abhängig, die meist einen zeitlichen Vorsprung hat. Die Interessen der Bank sind auch keineswegs den Interessen des Lieferanten in allen Punkten gleichgelagert. Sie widersprechen ihnen im Gegenteil häufig. Deshalb ist auch die Bank nicht die richtige Stelle, wie das Berufungsgericht gemeint hat, der das clearing unter verschiedenen Vorbehaltslieferanten überlassen werden könnte. Der einzelne Lieferant wird sich vielmehr gerade wegen der von der Bank verfolgten eigenen Interessen darauf einzurichten haben, dass er bei der Durchsetzung seiner Ansprüche aus dem verlängerten Eigentumsvorbehalt auf härteren Widerstand stößt als beim Drittschuldner.

Dass er stets die Beweislast für seine vorrangige Berechtigung an der Drittforderung trägt, also sowohl gegenüber dem Drittschuldner wie gegenüber der Bank, ändert nichts. Denn durch die Zwischenschaltung der Bank läuft der Lieferant Gefahr, den Beweis zweimal führen zu müssen. Aber auch wenn er es nur noch mit der Bank zu tun hat, weil diese die Drittforderung eingezogen hat, ist ihm die Durchsetzung seiner ursprünglichen Rechte erschwert. Dann ist er Einwänden ausgesetzt, die der Drittschuldner nicht erheben kann. Nach einer besonderen Bestimmung der schuldrechtlichen Teilverzichtsklausel kann er nämlich von der Bank nichts verlangen, wenn ihm die Globalabtretung an die Bank bei Abschluss des Lieferungsvertrags bekannt war oder wenn sein Anspruch alsbald anderweitig getilgt werden kann, wobei unklar ist, was darunter überhaupt zu verstehen ist.

c) Im vorliegenden Fall hatte die Bank die Lieferanten, die sich bei ihr gemeldet haben, durchweg und anstandslos so befriedigt, wie das in der Klausel vorgesehen war. Das hatte das Berufungsgericht beeindruckt, ist aber unerheblich. Denn für die Frage der Sittenwidrigkeit ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgebend (BGHZ 7, 111 = LM § 930 BGB Nr. 1; BGH, NJW 1960, 1003 = LM § 378 BGB Nr. 5; WM 1962, 13; 1977, 39 m. w. Nachw.). Aus dem Globalabtretungsvertrag selbst ergab sich jedoch nichts dafür, wie die Bank etwaige Lieferantenforderungen abwickeln will. Das dürfte immer so sein. Je nachdem wie hoch die von Lieferanten angemeldeten Forderungen sind oder auch wer die Lieferanten sind, werden die Banken das eine Mal großzügiger bei der Abwicklung sein, das andere Mal kleinlicher. Vorausberechenbar ist das nicht. Die Erfahrung zeigt, dass die Banken in der Auseinandersetzung mit Lieferanten ihrer Kreditnehmer, die einen verlängerten Eigentumsvorbehalt geltend machen, keineswegs besonders nachgiebig sind. Deshalb lässt sich auch der Vertragsklausel nichts dafür entnehmen, in welchem Geist sie von der jeweiligen Bank gehandhabt werden will und nur gehandhabt werden darf, worauf der BGH in anderem Zusammenhang abgestellt hat (vgl. BGH, NJW 1962, 102 [103] = LM § 30 KO Nr. 11).

d) Soweit die schuldrechtliche Teilverzichtsklausel reicht, ist die Globalabtretung daher nichtig. Der Globalabtretungsvertrag enthielt hier eine weitere Bestimmung, wonach die Abtretung im Übrigen wirksam sein solle. D. h., dass gleichwohl Forderungen abgetreten bleiben, die nicht Gegenstand eines verlängerten Eigentumsvorbehalts waren oder sind. Das hat der BGH unter Hinweis auf seine Rechtsprechung zur Auslegung von Globalabtretungsverträgen (BGHZ 30, 149 [153]; BGH, NJW 1974, 942 [943] = LM vorstehend Nr. 25) gebilligt.