Kundenschutzvereinbarung

Zur Frage der Dauer einer unbefristeten Kundenschutzvereinbarung.

Zum Sachverhalt: Die Parteien, die beide Verpackungsmaterial herstellen und vertreiben, vereinbarten im Dezember 1954, dass die Kläger Aufträge, die sie selbst nicht ausführen konnte oder wollte, der Beklagte überlassen und diese dafür sowie für nachfolgende Direktaufträge der ihr auf diese Weise zugeführten Kunden eine Provision von 6% an die Kläger zahlen sollte. Später wurde die Provision auf 3,1% herabgesetzt. iMit Schreiben vom 30. 7. 1971 schlug die Beklagte der Kläger vor, die Zusammenarbeit zu beenden. Als Grund gab sie an, die Kunden würden von der Kläger nicht mehr in dem erforderlichen Umfange betreut; es sei erforderlich, die bisher von der Kläger betreuten Kunden dem zuständigen Gebietsvertreter zu übertragen. Die Kläger wider sprach, dem mit Schreiben vom 23. 8. 1971, wobei sie zum Ausdruck brachte, dass kein Vertreterverhältnis, sondern eine Vereinbarung besonderer Art bestehe. Anschließend verhandelten die Parteien über eine Provisionsteilung. Die Kläger schrieb der Beklagte hierzu unter dem 24. 9. 1971, sie stimme der vorgeschlagenen Provisionsteilung unter dem ausdrücklichen Vorbehalt zu, dass sich die Beklagte weder ganz noch teilweise von der Kundenschutzvereinbarung einseitig lösen könne. Die Beklagte antwortete hierauf mit Schreiben vom 29. 9. 1971, sie freue sich über die Zustimmung der Kläger und werde in Kürze ein Gespräch mit ihr in Gang bringen; da sie die eigentliche Außendienstarbeit voll und ganz übernehmen müsse und die Kläger nur noch beratende Funktion habe, hoffe sie, dass die Kläger mit einer Halbierung der Provision einverstanden sei. Die Kläger stimmten der Provisionsherabsetzung auf 1,55% zu.

Zu den von der Kläger der Beklagte zur Belieferung mit Verpackungsmaterial überlassenen Kunden gehörte seit 1954 die Firma V. Im Jahre 1972 erhielt die Beklagte durch Bemühungen ihres Kundenberaters von der Firma V einen Auftrag über die Lieferung von Wellpappen-Aufrichte-Faltkisten, der in der Folgezeit erhebliche Umsätze brachte. Die Beklagte stellte sich auf den Standpunkt, dieser Auftrag falle nicht unter die mit der Kläger getroffene Vereinbarung, und zahlte für diesen Teil des Umsatzes mit der Firma V keine Provision an die Kläger Hierüber kam es zu schriftlichen und telefonischen Auseinandersetzungen der Parteien. Mit Schreiben vom 12. 3.1973 teilte die Beklagte der Kläger mit, dass sie die Beendigung der Zusammenarbeit wünsche, und bot der Kläger an, die vereinbarte Provision noch bis zum 30. 6. 1973 zu zahlen. Die Kläger ging hierauf nicht ein.

Die Kläger hat vorgetragen, bei der minder Beklagte getroffenen Abrede handele es sich um eine Kundenschutzvereinbarung, die zum Inhalt habe, dass die Beklagte verpflichtet sei, für alle mit den zugeführten Kunden getätigten Umsätze die vereinbarte Provision zu zahlen. Eine Beschränkung der Provisionszahlung auf bestimmte Artikel sei nicht gerechtfertigt. Die Beklagte sei auch nicht berechtigt, sich ohne Grund einseitig von der Vereinbarung zu lösen:

Die Kläger hat auf Zahlung rückständiger Provisionen geklagt und außerdem beantragt, festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Kläger für alle Lieferverträge zwischen der Beklagte und der Firma V eine Provision in Höhe von 1,55% des Netto-Rechnungswertes der zu liefernden Waren zuzüglich Mehrwertsteuer zu vergüten.

Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung der Beklagte den Feststellungsantrag abgewiesen und auf die Anschlussberufung der Kläger die Verurteilung der Beklagte zur Zahlung teilweise abgeändert.

Die vom Berufsgericht bezüglich der Abweisung des Feststellungsantrages zugelassene Revision blieb im Wesentlichen ohne Erfolg.

Aus den Gründen: Rechtlichen Bedenken unterliegt es, dass das Berufsgericht annimmt, es sei im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln, ob und zu welchem Zeitpunkt sich die Beklagte von der mit der Kläger getroffenen Kundenschutzvereinbarung habe lösen können. Denn einmal kann aus dem Fehlen einer Vereinbarung über die Vertragsdauer nicht ohne weiteres geschlossen werden, dass eine Vertragslücke vorliege. Außerdem haben die Parteien, wie das Berufsgericht in anderem Zusammen- hang. feststellt, im Jahre 1971 vereinbart, die Beklagte solle sich von der Kundenschutzvereinbarung nicht einseitig lösen können. Die Frage kann darum nur sein, welche Bedeutung dieser Absprache in Verbindung mit der auf unbestimmte Zeit getroffenen Kundenschutzvereinbarung zukommt und ob es der Beklagte gleichwohl möglich war, sich von der Provisionspflicht loszusagen. Dabei. ist zu beachten, dass es nach dem Feststellungsantrag der Kläger nicht um das wie auch immer geartete Grundverhältnis der Parteien geht, sondern um die Zuführung eines bestimmten Kunden, nämlich der Firma V, und die sich daran anschließende Frage, ob die Kläger noch verlangen kann, an den Geschäften der Beklagte mit diesem Kunden durch Provisionsgewährung beteiligt zu werden. Diese Frage ist auf der Grundlage der getroffenen Vereinbarungen unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nach den Grundsätzen von Treu und Glauben zu beurteilen; dabei ist dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit besondere Bedeutung beizumessen.

Nach den Feststellungen des Berufsgericht hat die Kläger die Geschäftsverbindung zwischen der Firma V und der Beklagte bereits im Jahre 1954 vermittelt und von 1954 bis 1971 Provision für alle Geschäfte der Beklagte mit der Firma Verhalten. Nach Abschluss der Vereinbarung von 1971, in der die Bell. ihre Provisionspflicht der Kläger gegenüber allgemein anerkannte; wenn auch - in Anpassung an die veränderten Verhältnisse - zu einem ermäßigten Satz von 1,55%, trat eine entscheidende Änderung in den geschäftlichen Beziehungen der Beklagte zur Firma V ein. Die Beklagte schaffte eine neue Maschine an, die es ihr ermöglichte, auch die von der Firma V benötigten Wellpappen-Aufrichte-Faltkisten konkurrenzfähig herzustellen. Sie erhielt - aufgrund intensiver Bemühungen ihres Kundenberaters - einen Großauftrag über die Lieferung solcher Kisten, was dazu führte, dass sich ihre Umsätze mit der Firma V, die bis dahin rückläufig gewesen waren oder stagniert hatten, bis Mitte 1973 nachhaltig vervielfältigten.

Das Berufsgericht hat es - im Rahmen seiner Erwägungen zur ergänzenden Vertragsauslegung - zu Recht als unbillig angesehen, die Kläger an dieser Entwicklung, die, wie es festgestellt hat, nicht mehr im Rahmen der 1954 angebahnten Geschäftsbeziehungen lag, über den 30. 6. 1973 hinaus teilhaben zu lassen. Dabei geht es rechtlich unangreifbar davon aus, dass die Kläger einen angemessenen Ausgleich für die Zuführung der Firma V an sich schon durch die Provisionszahlungen von 1954 bis 1971 erhalten hatte. Wenn es der Kläger im Hinblick auf die Vereinbarung von 1971 eine weitere Beteiligung an den Einnahmen der Beklagte aus Geschäften mit der Firma V noch bis zum 30. 6. 1973 zugebilligt, aber mit diesem Zeitpunkt die Vereinbarung der Parteien - hinsichtlich der hier in Rede stehenden Kundenbeziehung - als erschöpft angesehen hat, dann ist das bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nach § 242 BGB nicht zu ungünstig für die Kläger Dies gilt umso mehr, als die Kläger nicht gehindert war, die Firma V auch selbst zu beliefern, und darüber hinaus nach ihrem eigenen Vortrag in erheblichem Umfang Aufträge zur Belieferung der Firma V mit Verpackungsmaterial auch an andere Hersteller vermittelte.

Die Revision kann dem nicht mit Erfolg entgegenhalten, das Berufsgericht habe die Bedeutung der Vereinbarung vom Jahre 1971 verkannt. Wenn das Berufsgericht. an einer Stelle verneint hat, dass hierdurch eine Änderung des Vertragsverhältnisses eingetreten sei, so bezieht sich das ersichtlich nur auf den von ihm als richtig unterstellten Vortrag der Kläger, es habe eine auf unbestimmte Zeit abgeschlossene Kundenschutzvereinbarung und nicht ein Handelsvertretervertrag von Anfang an bestanden. Die in der Vereinbarung von 1971 liegende Anpassung des Vertragsverhältnisses an die veränderten Verhältnisse hat es damit nicht in Frage gestellt. Das Berufsgericht hat die Absprache von 1971, die Beklagte solle sich nicht einseitig von der Kundenschutzvereinbarung lösen können, zu Recht in dem Sinne verstanden, dass die Beklagte hierdurch nicht gehindert war, sich im Falle einer weiteren wesentlichen Veränderung ihrer geschäftlichen Beziehungen zur Firma V insoweit von der Provisionspflicht loszusagen. Es ist auch unbedenklich, dass es nach der vom BerGer, festgestellten weiteren Veränderung der Verhältnisse für die Beklagte unzumutbar wurde, die Kläger weiter an den Einnahmen aus der Geschäftsverbindung mit der Firma V zu beteiligen. Dass die Entwicklung der Geschäftsbeziehungen zur Firma V nach 1971 für die Beklagte im ganzen günstig verlief, steht dieser Beurteilung nicht entgegen, wenn in Betracht gezogen wird, wie sehr sich die geschäftlichen Beziehungen der Beklagte zur Firma V- aufgrund eigener Anstrengungen - veränderten. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte nach den Feststellungen des Berufsgericht mit den Wellpappen-Aufrichte-Fallkisten mit der Firma V auch ohne die ursprüngliche Vermittlung der Kläger ins Geschäft gekommen wäre oder die bereits bestehenden Beziehungen für diesen Abschluss doch nur von ganz untergeordneter Bedeutung waren. Auf die Frage der Ursächlichkeit der Tätigkeit der Kläger für die späteren Abschlüsse der Beklagte mit der Firma V kommt es nach dem Inhalt der Kundenschutzvereinbarung an sich nicht an. Hiervon geht auch das Berufsgericht aus. Doch kann dieser Gesichtspunkt im Rahmen der Abwägung nach § 242 BGB durchaus Berücksichtigung finden. Der Hinweis der Revision auf Lizenzverträge und partiarische Verträge anderer Art führt in diesem Zusammenhang nicht weiter, da es jeweils auf die besonderen Umstände des Falles ankommt.