Lagerhalter

Die Sachbefugnis des Einlagerers, den Lagerhalter aus Vertrag für Verlust oder Beschädigung des im Eigentum eines Dritten stehenden Lagerguts im Wege der Drittschadensliquidation auf Schadensersatz in Anspruch zu nehmen, wird durch die auf unerlaubte Handlung gestützte Schadensersatzklage des Eigentümers nicht berührt.

Zum Arglisteinwand des Einlagerers aus § 242 BGB gegenüber der Verjährungseinrede des Lagerhalters, wenn der Einlagerer aufgrund von Erklärungen des Lagerhalters vor Ablauf der Verjährungsfrist mit der Möglichkeit einer gütlichen Regulierung seiner Schadensersatzansprüche rechnen konnte.

Zum Sachverhalt: Die Kläger zu 1, ein pharmazeutisches Unternehmen, stand mit der Beklagten, einem Speditions- und Lagerhaus, seit November 1976 in ständiger Geschäftsverbindung. Aufgrund einer Vereinbarung vom 26. 1. 1978 lagerte sie in einem Lager der Beklagten Ware ein, die im Eigentum der Kläger zu 2, ihrer Tochtergesellschaft, stand. Am 19. 12. 1979 stellte die Klägerin zu 1 bei einer Überprüfung fest, dass ein Teil der Lagerware - es handelte sich um das Aufbaupräparat Biovital - nicht mehr vorhanden war. Für den Verlust haben die Kläger die Beklagten mit der am 19. 12. 1980 bei Gericht eingereichten und der Beklagten am 12. 1. 1981 zugestellten Schadensersatz- und Feststellungsklage verantwortlich gemacht, nachdem die Kläger zu 1 in der Zeit zwischen dem 21. 1. 1980 und dem 27. 11. 1980 zunächst mit der Beklagten später mit der Firma 0 als Vertreter der Beklagten und deren Versicherer vergeblich um einen Schadensausgleich korrespondiert hatte. Die Kläger haben vorgetragen, die Beklagten habe die der Kläger zu 1 vertraglich geschuldete Sorgfaltspflicht verletzt. Der Kläger zu 2 hafte sie aus Vertrag zugunsten Dritter und aus unerlaubter Handlung. Der Warenfehlbestand sei durch Diebstahl entstanden. Der Lagerverwalter der Beklagten habe in der Zeit vom 1. 12. 1978 bis 20. 11. 1979 insgesamt 46 Paletten mit 10512 Flaschen Biovital a 1000 ml entwendet. Da der Selbstkostenpreis der Flasche 12,97 DM betrage, belaufe sich der Mindestschaden auf 136340,64 DM. Dafür und für allen weiteren Schaden habe die Beklagte einzustehen, da der Lagerverwalter leitender Angestellter gewesen sei und die Beklagten hinsichtlich der Überwachung des Lagers und ihres Lagerverwalters ein Organisationsverschulden treffe. Haftungsausschlüsse nach den ADSp könnten die Beklagten nicht geltend machen, da die ADSp der Vereinbarung zwischen der Kläger zu 1 und der Beklagten vom 26. 1. 1978 nicht zugrunde gelegen hätten. Die Beklagten hat sich auf den Haftungsausschluss nach § 41 lit. a ADSp berufen, ein Organisationsverschulden in Abrede gestellt und bestritten, dass ihr Lagerverwalter leitender Angestellter gewesen sei und Ware entwendet habe. Darüber hinaus hat sie behauptet, dass in dem von den Klägern behaupteten Umfang ein Verlust nicht entstanden sei. Außerdem hat sie die Einrede der Verjährung erhoben, der die Kläger unter Hinweis auf die vorprozessualen Verhandlungen zwischen der Kläger zu 1 und der Beklagten mit dem auf § 242 BGB gestützten Arglisteinwand entgegengetreten sind.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen: Die Beklagten sei gegenüber den Kläger gemäß § 41 lit. a ADSp von jeglicher Haftung frei. Der Kläger zu 1 hafte sie ferner auch deshalb nicht, weil die Kläger zu 1 neben der eigentlich Geschädigten, der Kläger zu 2, nicht aktivlegitimiert sei. Die Berufung gegen dieses Urteil hat das Oberlandesgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Kläger, die zur Aufhebung und Zurückverweisung führt.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht hat ausgeführt:

Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestünden Bedenken, da die Kläger nicht vorgetragen hätten, dass noch heute mit weiteren Schäden zu rechnen sei. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Kläger zu 1 sei nicht berechtigt, den Schaden der Kläger zu 2 im Wege der Drittschadensliquidation einzuklagen. Mache der Geschädigte - wie hier die Kläger zu 2 - eigene Schadensersatzansprüche geltend, könne der Vertragspartner des Schädigers nicht gleichzeitig auf Ersatz desselben Schadens klagen. Des Weiteren bestünden erhebliche Zweifel, ob das Vorbringen der Kläger zum Schadensumfang hinreichend substantiiert sei. Nachdem die Kläger zu 1 in einem Schreiben vom 4. 3. 1980 zunächst nur von einem Verlust von 23 Paletten gesprochen habe, hätten sich die Kläger später ohne nähere Substantiierung und nur unter pauschaler Bezugnahme auf den Inhalt der Ermittlungs- und Strafakten im Verfahren gegen den Lagerverwalter der Beklagten auf einen Verlust von 46 Paletten berufen. Jedenfalls sei die Klage aber deshalb unbegründet, weil die auf § 64 ADSp gestützt Verjährungseinrede der Beklagten durchgreife. Auf das Vertragsverhältnis der Kläger zu 1 und der Beklagten fänden die ADSp Anwendung, da der Kläger zu 1 bekannt gewesen sei, dass die Beklagten als Speditions- und Lagerhaus ihren Geschäftsbeziehungen die ADSp zugrunde lege. Mangels eines Widerspruchs der Kläger zu 1 dagegen müsse daher von ihrem Einverständnis mit der Geltung der ADSp ausgegangen werden. Der Inhalt der Vereinbarung vom 26. 1. 1978 ergebe auch nicht, dass die Vertragsparteien ihre Beziehungen durch eine individuelle, die ADSp ausschließende Vereinbarung hätten regeln wollen. Die Voraussetzungen der danach anwendbaren Vorschriften des § 64 ADSp für die Verjährung von Ansprüchen gegen den Spediteur und Lagerhalter seien im Streitfall erfüllt. Aus dem Schreiben der Kläger zu 1 vom 4. 3. 1980, mit dem sie die Beklagten für den Verlust von 23 Paletten verantwortlich gemacht habe, ergebe sich, dass sie spätestens zu diesem Zeitpunkt Kenntnis vom Schaden und damit von dem in Betracht zu ziehenden Schadensersatzanspruch gehabt habe. Das bedeute, dass die Verjährungsfrist im Zeitpunkt der Einreichung der Klage bereits abgelaufen gewesen sei, gleichviel ob vorliegend die ADSp alter Fassung Anwendung fänden, die eine Verjährungsfrist von 6 Monaten vorgesehen hätten, oder ob die ADSp i. d. F. ab 1. 10. 1978 maßgebend seien, nach der die Verjährungsfrist 8 Monate betrage. Es sei nicht arglistig, wenn sich die Beklagten auf Verjährung berufe. Die Schreiben der Beklagten und der Firma 0 im Rahmen der vorprozessualen Korrespondenz mit der Klägerin zu 1 seien nicht dazu angetan gewesen, die Kläger zu 1 von rechtzeitiger Klageerhebung abzuhalten. Alles das gelte auch hinsichtlich der Kläger zu 2. Auch ihr gegenüber könne sich die Beklagten auf die ADSp berufen, da die Kläger zu 2 wusste oder zumindest damit rechnen musste, dass die in ihrem Eigentum stehende Lagerware einem nach den ADSp arbeitenden Spediteur oder Lagerhalter übergeben werden würde. Darüber hinaus müsse die Kläger zu 2 das Verhalten und die Kenntnis der Kläger zu 1 vom Schadenszeitpunkt und die daran geknüpften Rechtsfolgen gegen sich gelten lassen, da die Kläger zu 1 für sie als ihre Tochtergesellschaft gehandelt und den Vertrieb der in Rede stehenden Lagerware übernommen habe.

Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg.

Gegen die Zulässigkeit der Feststellungsklage bestehen keine Bedenken. Die Feststellungen des Berufsgerichts ergeben nicht, dass im Zeitpunkt der Klageerhebung - worauf es in diesem Zusammenhang allein ankommt - für die Entstehung eines weiteren Schadens kein stichhaltiger Anhalt bestanden hat. Die Feststellungsklage kann im derzeitigen Verfahrensstadium auch nicht als unbegründet abgewiesen werden. Mit der Leistungsklage haben die Kläger einen Schaden in Höhe der Selbstkosten geltend gemacht, die der Kläger zu 2 für das abhanden gekommene Lagergut entstanden sind. Dass ein weiterer Schaden - beispielsweise infolge entgangenen Gewinns - nicht wahrscheinlich sei oder dass die Beklagten dafür nicht einzustehen habe, kann aus den getroffenen Feststellungen nicht hergeleitet werden. Auf die Erwägungen des Berufsgericht zur Abweisung der Leistungsklage, die - wie im folgenden darzulegen ist - durchgreifenden rechtlichen Bedenken begegnen, kann die Abweisung der Feststellungsklage als unbegründet ebenfalls nicht gestützt werden.