Lagernde Sache - Versicherer

Soll eine Partei von der Haftung für eine bei ihr lagernde Sache insoweit befreit sein, als das Risiko üblicherweise von einem Versicherer übernommen wird, so ist bei der Frage nach der Beweislast zu berücksichtigen, dass der Versicherer nach § 61 VVG nur dann von der Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn er den Vorsatz oder die grobe Fahrlässigkeit des Versicherungsnehmers beweist.

Der Beklagte bereitet in B. Rohmaterial für den Kunststoff-Spritzguss auf. Er bearbeitet vor allem Polyäthylen. Einer seiner Auftraggeber und Lieferanten war die Firma M.

Am 23. 8. 1969 brach im Anschluss an die Füllung eines Silos in der stark verstaubten Werkshalle ein Großfeuer aus. Der Beklagte gab darauf eine Partie von 58175 kg Polyäthylen nicht mehr der Firma M. zurück. Er zahlte ihr lediglich 13 343,75 DM, die er für den Verkauf eines in beschädigtem Zustand geborgenen Postens von 38125 kg erhalten haben will.

Die Firma M. hatte ihren bei dem Beklagten lagernden Bestand versichert; sie erhielt hieraus weitere 67073,25 DM.

Die Klägerin hat diesen Betrag sowie verschiedene Nebenkosten in Höhe von insgesamt 1395,94 DM nebst Zinsen mit der Begründung verlangt, dass die Versicherer die auf sie gemäß § 67 VVG übergegangenen und die Firma M. die bei ihr verbliebenen Ansprüche an sie - die Klägerin - abgetreten hätten. Sie hat in erster Linie geltend gemacht, dass der Beklagte den Brand schuldhaft verursacht und damit die Unmöglichkeit der Rückgabe des Materials zu vertreten habe.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat sie hinsichtlich der 67 073,25 DM nebst Zinsen dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt und die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Revision der Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Nach der vom Berufungsgericht als wahr unterstellten und für das Revisionsverfahren deshalb zugrunde zu legenden Behauptung des Beklagten hat die Firma M. das Polyäthylen erst auf seine Aufforderung hin versichern lassen, und zwar deshalb, weil er ihr erklärt hatte, dass er die Verantwortung für das bei ihm lagernde Material nicht tragen könne.

Das Berufungsgericht sieht hierin eine Vereinbarung, die den Beklagten in dem Umfange entlasten sollte, in dem das Risiko üblicherweise von einem Versicherer übernommen wird. Danach sei der Beklagte nur von der Haftung für Zufall und leichte Fahrlässigkeit befreit worden. Dafür, dass er auch für einen grob fahrlässig verursachten Schaden nicht habe einstehen sollen, fehle jeder Anhalt.

Insoweit lässt die Auslegung des Individualvertrages einen Rechtsfehler nicht erkennen. Das Berufungsgericht durfte den Gesichtspunkt der versicherungsmäßigen Schadensabdeckung in den Vordergrund rücken und demgemäß hervorheben, dass die Firma M. die eigenen Versicherungsansprüche gefährdet haben würde, falls sie den Beklagten auch von der Haftung für grobe Fahrlässigkeit freigestellt hätte. Denn der Versicherer wird nach § 61 VVG, § 16 der Allgemeinen Feuerversicherungsbedingungen frei, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall durch grobe Fahrlässigkeit herbeiführt, und er braucht nach. dem Grundgedanken des § 67 I 3 VVG auch dann nicht zu leisten, wenn der Versicherungsnehmer die Rechte des Versicherers durch einen gegenüber einem Dritten unbeschränkten Haftungsausschluss beeinträchtigt.

Das Berufungsgericht lässt offen, ob der Brand auf grobe Fahrlässigkeit des Beklagten zurückzuführen ist. Nach seiner Auffassung hätte der Beklagte nämlich gemäß § 282 BGB beweisen müssen, dass er nicht grobfahrlässig gehandelt habe. Dieser Beweis sei ihm nicht gelungen.

Die Revision hält dem entgegen, dass die Parteien nicht nur die Haftung des Beklagten eingeschränkt, sondern auch eine die Beweislastregelung des § 282 BGB abändernde Vereinbarung getroffen hätten. Nach dem Willen der Parteien habe das Polyäthylen im Gefahrenbereich der Eigentümerin bleiben sollen. Die Erklärung der Firma M., dass das Material auf ihr Risiko gelagert und entsprechend versichert werde, verlöre ihren Sinn, wenn der Beklagte beweisen müsse, dass er den Verlust nicht grobfahrlässig verschuldet habe.

Dieser Schluss ist zwar nicht zwingend, die Ansicht, dass der Beklagte die Beweislast trage, daher nicht schon aus diesem Grunde rechtlich unmöglich; der Revision ist aber zuzugeben, dass das Berufungsgericht in der Frage der Beweislast wesentliche zugunsten des Beklagten sprechende Umstände außer acht gelassen hat.

Wenn das Berufungsgericht annimmt, dass der Beklagte insoweit von dem Risiko entlastet werden sollte, als dieses üblicherweise durch eine Versicherung gedeckt wird, hätte es auch berücksichtigen müssen, dass der Versicherer nur dann von der Verpflichtung zur Leistung frei wird, wenn er dem Versicherungsnehmer nachweist, dass dieser den Versicherungsfall grobfahrlässig herbeigeführt hat. Wäre daher der Beklagte Versicherungsnehmer geworden, hätte ihm nachgewiesen werden müssen, dass er den Schaden grob fahrlässig verursacht habe.

Das BO hat allerdings angenommen, die Freistellung des Mieters, der den Beitrag für die Feuerversicherung der Mietsache zu zahlen hat, von der Haftung für Zufall und leichte Fahrlässigkeit befreie ihn nicht ohne weiteres auch von der Beweislast, dass er nicht grob fahrlässig gehandelt habe. Es hat sich jedoch nicht mit dem besonderen, hier wesentlichen Umstand auseinandergesetzt, dass die Beweislast gegenüber dem Versicherungsnehmer beim Versicherer liegt. Die Verpflichtung des Versicherungsnehmers zur Wahrung der Rechte des Versicherers reicht nicht weiter als dies dem verkehrsüblichen Haftungsmaßstab und der Vorschrift des § 61 VVG entspricht. Der Versicherer kann demgemäß nicht verlangen, dass er gegenüber einem Dritten besser gestellt werde als er im Verhältnis zum Versicherungsnehmer stehen würde. Mangels einer besonderen Vereinbarung kann er deshalb auch nicht beanspruchen, dass der Versicherungsnehmer ihn von seiner Beweislast befreit, die er diesem gegenüber zu tragen hätte. Vereinbart der Versicherungsnehmer im Zusammenhang mit einem die Haftung eines Dritten beschränkenden Vertrage, dass diesem im Schadensfall grobe Fahrlässigkeit nachgewiesen werden müsse, so wird die Leistungspflicht des Versicherers dadurch nicht erweitert. Der Grundsatz, dass der Versicherungsnehmer bei einer Gefahrenerhöhung seine Rechte verliert, steht einer die Beweislastregelung des § 61 VVG übernehmenden Abrede nicht entgegen.

Das Berufungsgericht durfte sich danach bei der Auslegung der von ihm unterstellten Vereinbarung nicht mit dem Hinweis auf § 61 VVG und § 16 AFB begnügen; es hätte vielmehr erläutern müssen, weshalb der Beklagte schlechter gestellt werden sollte als wenn er selbst Versicherungsnehmer geworden wäre und die Kosten sodann auf die letztlich hiermit einverstandene Firma M. abgewälzt hätte. Die bisher getroffenen Feststellungen rechtfertigen jenes Ergebnis nicht das Urteil ist schon deshalb aufzuheben und die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Auf die verschiedenen Verfahrensrügen braucht der Senat danach nicht mehr einzugehen.