Landesbauordnung

Alle Landesbauordnungen enthalten eine § 2 Abs. 2 Satz 1 MBauO entsprechende Legaldefinition dieses Begriffes. Bauliche Anlagen sind danach mit dem Erdboden verbundene, aus Baustoffen und Bauteilen hergestellte Anlagen Es liegt deshalb nahe, zur Auslegung des Begriffs der baulichen Anlage im Sinne des § 29 Satz 1 auf die bauordnungsrechtliche Legaldefinition zurückzugreifen. Gleichwohl wird eine Obernahme der bauordnungsrechtlichen Legaldefinition für die Auslegung des § 29 nunmehr in Rechtsprechung und Literatur übereinstimmend abgelehnt. Dies lässt sich allerdings nicht damit begründen, dass die Legaldefinitionen in den einzelnen Landesbauordnungen unterschiedlich seien, denn sie stimmen in der eigentlichen Definition der baulichen Anlage vollständig überein; Unterschiede bestehen nur hinsichtlich der Anlagen, die zwar nach der Legaldefinition keine baulichen Anlagen sind, aber im Wege der gesetzlichen Fiktion zu baulichen Anlagen erklärt werden. Der Unterschied zwischen dem bauordnungsrechtlichen und dem bauplanungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage ergibt sich vielmehr aus ihrer unterschiedlichen Funktion. Das BVerwG hat hierzu ausgeführt: Der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage ist im Vergleich zu den entsprechenden Begriffen des Bauordnungsrechts nicht schlechthin der weitere, sondern - was selbstverständlich eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung nicht ausschließt - ein im Verhältnis zu ihnen eigenständiger und insofern vom Landesrecht unabhängiger Begriff. Dies folgt vor allem daraus, dass die Zweckrichtung und Zielsetzung des Bauplanungsrechts und des Bauordungsrechts in wesentlichen Faktoren verschieden sind. Einmal geht es um die Frage, ob ein Vorhaben für die städtebauliche Entwicklung erheblich und deshalb materiell den Vorschriften des Bodenrechts zu unterwerfen ist, andererseits geht es darum, ob es sich um ein Vorhaben handelt, das im allgemeinen Interesse nicht ohne Beachtung gewisser ordnungsrechtlicher Vorschriften ausgeführt werden soll. Diese Unterschiedlichkeit in der Zielsetzung schließt - wie bereits betont - nicht aus, dass die Begriffe der baulichen Anlagen, wo immer das Baurecht sie verwenden mag, im wesentlichen übereinstimmen. Die Tatsache, dass etwas, das nach Landesrecht unter den Begriff der baulichen Anlage fällt, in aller Regel auch den bundesrechtlichen Begriff erfüllen wird, rechtfertigt aber nicht die Annahme, dass dies immer so sein müsse. Die grundsätzliche Eigenständigkeit und Unabhängigkeit der Begriffe ergibt vielmehr, dass sie sich zueinander wie zwei sich schneidende Kreise verhalten, dass also auch der Fall denkbar ist, dass der bundesrechtliche Begriff hinter dem bzw. den landesrechtlichen Begriff zurückbleibt. Die Feststellung des BVerwG, dass zwischen dem bauordnungsrechtlichen und dem bauplanungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung besteht, wird durch die baurechtliche Praxis bestätigt. Es gibt in der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung nur wenige Entscheidungen, in denen die Frage, ob ein Vorhaben eine bauliche Anlage ist, für das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht unterschiedlich beurteilt wurde. So hat z. B. das OVG Münster angenommen, ein Zigarettenautomat sei mangels planungsrechtlicher Relevanz keine bauliche Anlage nach § 29; das OVG Münster hat dabei ausgeführt, seine frühere Rechtsprechung habe nicht hinreichend zwischen dem bauplanungsrechtlichen und dem bauordnungsrechtlichen Begriff der baulichen Anlage differenziert. Ferner hat der VGH BaWii entschieden, eine an eine Hauswand befestigte Werbetafel sei zwar nach Bauplanungsrecht, nicht aber nach Bauordnungsrecht eine bauliche Anlage. Die eigenständige Auslegung des Begriffs der baulichen Anlage für das Bauplanungsrecht hat deshalb im wesentlichen für solche Vorhaben Bedeutung, die nach der bauordnungsrechtlichen Definition keine baulichen Anlagen sind, aber als solche Anlagen gelten, was z. B. bei Stellplätzen, Campingplätzen und Lagerplätzen nach beinah allen Landesbauordnungen der Fall ist. Derartige Anlagen sind aber, soweit sie nicht über Gebäude oder zumindest besondere Erdbefestigungen verfügen, keine baulichen Anlagen nach § 29. Zu den Merkmalen einer baulichen Anlage im Sinn des § 29 Satz 1 9 hat das BVerwG im Urteil vom 31.8. 1973 ausgeführt: Der bundesrechtliche Begriff der baulichen Anlage setzt sich aus zwei Elementen zusammen, nämlich einem verhältnismäßig weiten Begriff des Bauens und einem eingeschränkten Merkmal bodenrechtlicher Relevanz. Als Bauen in diesem weiten Sinn muss das Schaffen von Anlagen verstanden werden, die in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden sind. In dieser Weite und nur durch diese Weite steckt der Begriff die äußeren Grenzen dessen ab, was an Nutzung bodenrechtlich von Belang sein kann. Erforderlich ist dafür lediglich, dass eine Anlage zumindest in der Absicht auf Dauer künstlich mit dem Erdboden verbunden wird. Unerheblich dagegen ist, aus welchem Material sie hergestellt ist, ob sie etwa Stück um Stück durch An- oder Aufeinanderfertigen und Miteinanderverbinden von Stoffen hergestellt oder aus mehreren Bauteilen zusammengesetzt ist oder nur aus einem einzigen Stück besteht. Ebenso ist unerheblich, ob und in welchem Maß es sich um eine feste Verbindung mit dem Erdboden handelt... Nicht alles, was den damit umschriebenen Begriff des Bauens erfüllt, führt zur Anwendbarkeit des § 29 Satz 1. Erforderlich ist vielmehr ferner, dass eine derart geschaffene Anlage auch planungsrechtlich relevant ist bzw. planungsrechtlich relevant sein kann, und das heißt, dass sie die in § 1 Abs. 5 genannten Belange in einer Weise berühren kann, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer ihre Zulässigkeit regelnden verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen. Diese - jenen weiten Begriff des Bauens gewissermaßen korrigierende - Einschränkung ist unerlässlich, weil erst sie gewährleistet, dass mit dem bodenrechtlich - bundesrechtlichen - Begriff der baulichen Anlage nur das erfasst wird, was innerhalb der Trennung von Bauordnungs- und Bodenrecht mit Rücksicht auf die spezifische Zielsetzung gerade des Bodenrechts von den § 30 ff erfasst werden soll. Diese Rechtsprechung hat das BVerwG in späteren Entscheidungen bestätigt.