Lebenshaltungskostenindex

Haben die Vertragsparteien in einer Wertsicherungsklausel festgelegt, dass der Mietzins jeweils zum 1. 1. und 1. 7. des Kalenderjahres durch einseitige Bestimmung des Berechtigten der Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex angepasst werden kann, wenn dieser nach Maßgabe der veröffentlichten Zahlen des Statistischen Bundesamtes sich um einen bestimmten Prozentsatz ändert, so ist eine danach getroffene Bestimmung nur, wenn sie vor dem maßgebenden Stichtag abgegeben wird und sich auf veröffentlichte Indexzahlen stützt.

Die Kläger vermietete an die Beklagte durch schriftlichen Vertrag vom 12. 6. 1968 gewerbliche Räume auf die Dauer von 10 Jahren. In einem Anhang zu diesem Vertrag ist bestimmt:

Der vereinbarte Mietzins basiert auf dem gegenwärtigen Stand der Lebenshaltungskosten in der Bundesrepublik Deutschland. Die Höhe des Mietzinses soll nach dem Willen der Vertragsschließenden hiernach abhängig sein von der Entwicklung dieses Lebenshaltungskostenindexes.

Demzufolge wird vereinbart:

Jede Partei ist berechtigt, jeweils zum 1. 1. und 1. 7. eines jeden Kalenderjahres eine Angleichung des vereinbarten Mietzinses entsprechend der Entwicklung des Lebenshaltungsindex nach Maßgabe der Veröffentlichung des Statistischen Bundesamtes mittlerer Verbrauchergruppe (Basis 1962 = 100 Punkte) zu verlangen, wenn der vorbezeichnete Index sich um mehr als 10% verändert hat.

Die Landeszentralbank genehmigte diese Vereinbarung.

Am 4. 5. 1971 schrieb die Kläger an die Beklagte, die Voraussetzungen für die Anwendung der Wertsicherungsklausel seien gegeben; sie mache deshalb von ihrem Recht auf Mietzinserhöhung Gebrauch und zeige dies hiermit fristgerecht an. Weiter schrieb die Kläger:

Als Grundlage der Änderung dient der Index für Juni 1971, so dass wir Ihnen die Erhöhung wertmäßig erst im Laufe des Juli 1971 mitteilen können nach Veröffentlichung der Indexzahl für den Monat Juni 1971.

Mit Schreiben vom 23. 8. 1971 teilte die Kläger unter Bezugnahme auf ihren Brief vom 4. 5. 1971 mit, nach der nunmehr vorl. Veröffentlichung der Indexzahlen für Juni 1971 habe sich die Lebenshaltung auf 130,6 Punkte, also um 13,5% erhöht. Demnach erhöhe sich der monatlich zu zahlende Mietzins gleichfalls um 13,5%. Die Beklagte zahlte gleichwohl bis einschließlich Dezember 1971 nur den bisherigen Mietzins.

Die Kläger hat den nachihrer Meinung für die Monate Juli bis Dezember 1971 geschuldeten Mehrbetrag eingeklagt. Das Landgericht gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies sie ab. Die zugelassene Rev. blieb ohne Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht legt die Wertsicherungsklausel dahin aus, sie habe den Parteien ein Leistungsbestimmungsrecht nach § 315 Abs. 1 BGB eingeräumt.

Dem tritt die Rev. nicht entgegen. Die Auslegung des Berufungsgerichts ist mit dem Wortlaut der Wertsicherungsklausel vereinbar. Auch der erk. Senat hat in früheren Entscheidungen ausgesprochen, dass gegen die Annahme eines Leistungsbestimmungsrechts des Gläubigers gemäß § 315 BGB im Rahmen einer Wertsicherungsklausel keine Bedenken bestehen (Urt. vom 25. 1. 1967 - VIII ZR 206/64 = NJW 67, 830 = Nr. 17 zu § 3 WährG = WM 67, 257 und vom 27. 6. 1973 - VIII ZR 98/72 = NJW 73, 1498 = Nr. 20/21 zu § 3 WährG = WM 73, 905).

2. Das Berufungsgericht führt weiter aus, dem Berechtigten habe es freigestanden, ob er bei einer Veränderung des Lebenshaltungskostenindex um mehr als 10% eine Erhöhung (oder Senkung) der Miete in vollem Umfang der Änderung des Index verlangen wolle.

Auch diese dem Wesen der Leistungsbestimmung entsprechende Würdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Ob und inwieweit es mit der Begrenzung auf billiges Ermessen in § 315 Abs. 1 BGB vereinbar wäre, wenn die KI, einen vergleichsweise höheren Mietzins verlangt hätte, als es der Erhöhung des Lebenshaltingskostenindex entsprach, kann dahingestellt bleiben. Keinesfalls hätte es gegen das im Zweifel maßgebende billige Ermessen (§ 315 Abs. 1 BGB) verstoßen, den Mietzins vergleichsweise niedriger festzusetzen.

3. Aus dieser aus dem Wesen der Leistungsbestimmung (§§ 315 bis 319 BGB) abgeleiteten Beurteilung folgt, dass bei der Ausübung des Bestimmungsrechts die geforderte Leistung genau angegeben werden muss. Daran fehlt es aber, wenn bei einer Wertsicherungsklausel wie der vorl. der Berechtigte eine Erhöhung nach Maßgabe der prozentualen Erhöhung des Lebenshaltungskostenindex verlangt, ohne den nach seiner Mei nung maßgebenden Prozentsatz angeben zu können; denn der Verpflichtete ist dann nicht einmal in der Lage, die neue Miete wenigstens selbst zu errechnen, wobei unentschieden bleiben kann, ob eine Leistungsbestimmung, die dem Mieter das Errechnen des neuen Mietzinses überlässt, überhaupt den Anforderungen des § 316 Abs. 1 BGB genügt (zu der ähnlich gelagerten Frage des Verzugs bei einer Mietzinsgleitklausel vgl. Senatsurteil vom 14. 7. 1970 - VIII ZR 12/69 = WM 70, 1141). Hier jedenfalls konnte die Beklagte zum maßgebenden Stichtag des 1. 7. 1971 die neue Miete nicht errechnen, weil der Index für Juni 1971, nach welchem sich gemäß dem Schreiben der Klägerv. 4. 5. 1971 die neue Miete bestimmen sollte, unstreitig nicht veröffentlicht und deshalb nicht bekannt war. Nicht ohne Grund lässt die Wertsicherungsklausel nicht die bloße Tatsache der mehr als 10%igen Veränderung des Index gelten, sondern setzt für eine wirksame Leistungsbestimmung voraus, dass die entsprechenden Zahlen veröffentlicht sind. Ersichtlich dient diese Regelung zumindest auch der Klarheit der Leistungsbestimmung.

4. Ob die Leistungsbestimmung sich stets nur in die Zukunft richten kann, so dass eine rückwirkende Veränderung des Leistungsinhalts durch eine Erklärung nach § 315 Abs. 1 BGB überhaupt nicht möglich ist (so Staudinger, BGB, 10./11. Aufl., § 315 Nr. 8), bedarf keiner abschließenden Prüfung. Diese Auff., für die schon aus Gründen der Rechtssicherheit allerdings vieles spricht, begegnet jedenfalls hier, wo die Parteien eine Leistungsänderung nur zu bestimmten Terminen, nämlich zum 1. 1. und 1. 7. eines jeden Kalenderjahres ermöglicht haben, keinen Bedenken. Es ist deshalb aus Rechtsgründen gegen die Ansicht des Berufungsgerichts nichts einzuwenden, dass im vorl. Falle die Leistungsbestimmung, um wirksam zu sein, vor der Fälligkeit des Mietzinses zu einem der beiden genannten Daten getroffen sein musste.

5. Dass dies nicht der Fall war, ist unter Nr. 3 bereits ausgeführt. Die Kläger hätte eine wirksame Leistungsbestimmung treffen können, wenn sie im Schreiben vom 4. 5. 1971 nicht den unveröffentlichten Index vom Juni 1971, sondern damals bereits veröffentlichte Indexzahlen, etwa diejenigen vom April 1971 als Maßstab der verlangten Erhöhung angegeben und danach den Erhöhungsbefrag beziffert hätte. Unstreitig lagen auch diese Zahlen bereits mehr als 10% über dem Index z. Z. des Vertragsabschlusses. In einem solchen Falle hätten alle Voraussetzungen zur Leistungsbestimmung, die nach der rechtsirrtumsfreien Auslegung der Wertsicherungsklausel durch das Berufungsgericht erfüllt sein müssen, vorgelegen: Es wäre vor dem maßgebenden Stichtag unter Bezugnahme auf veröffentlichte Indexzahlen der ab 1. 7. 1971 zu zahlende Mietzins genau bestimmt gewesen. Eine Bestimmung dieses Inhalts hat die Kläger indessen nicht vorgenommen. Als Grundlage der Mietzinserhöhung hat sie ausdrücklich den Index für Juni 1971 angegeben. Diese Bestimmung aber war aus den dargelegten Gründen nicht wirksam.