Lebensversicherung

Lebensversicherung - Versicherungsformen, bei denen die Fälligkeit der Versicherungsleistung an das Erreichen eines bestimmten Alters bzw. den Tod von Menschen geknüpft ist. Die Lebensversicherung hat im Regelfall die Aufgabe, die wirtschaftlichen Nachteile, die mit dem Tod oder dem Eintritt altersbedingter Arbeitsunfähigkeit für den Versicherungsnehmer oder die von ihm begünstigte Person (Bezugsberechtigung) bzw. begünstigten Personen verbunden sind, finanziell auszugleichen. Daneben führen in zunehmendem Maße auch Sparmotive, z. B. Finanzierung des Kaufes hochwertiger und langlebiger Konsumgüter, zum Abschluss von Lebensversicherung Urformen der Lebensversicherung finden sich schon im Altertum. So bestanden z. B. im antiken Rom Vorsorgeeinrichtungen, die den Charakter von Sterbekassen hatten. Im Feudalismus war, begünstigt durch das kanonische Zinsverbot (Zinslehre, kanonische), der Kauf von Leibrenten gegen Hingabe von Gebäuden und Grundstücken weit verbreitet. Die moderne Lebensversicherung bildete sich erst im Kapitalismus zu Beginn des 18. Jh. in England heraus. Zu dieser Zeit waren sowohl die ökonomischen Voraussetzungen als auch die wissenschaftlichen Grundlagen für die Entwicklung der Lebensversicherung auf Massenbasis ausgereift. Die 1762 gegr. und heute noch bestehende Equitable ist das erste auf modernen technischen Grundlagen arbeitende Lebensversicherungsunternehmen. Von England kam die Lebensversicherung auch nach Deutschland. Nach einigen unbedeutenden Gründungen Ende des 18. und Anfang des 19. Jh. wurde 1827 auf Grund eines von dem Gothaer Wilhelm Arnoldi ausgearbeiteten Planes die Lebensversicherungsbank für Deutschland zu Gotha errichtet. Es entstanden in rascher Folge in fast allen Teilen des damaligen Deutschlands weitere Lebensversicherungsunternehmen, teils als Aktiengesellschaften, teils als Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit. Hauptform der Lebensversicherung war anfangs die Versicherung auf den Todesfall. Zu Beginn des 20. Jh. trat dann die sog. gemischte Versicherung (Versicherung, sparwirkende) wegen der in ihr enthaltenen Verknüpfung des Todesfallrisikos mit einem individuellen Sparvorgang mehr und mehr in den Vordergrund des Interesses sowohl der Versicherungsgesellschaften als auch der Versicherungsnehmer. Auf der Grundlage der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Lebensversicherung sowie Erfahrungen der Lebensversicherungsgesellschaften wurden die Alters- und Hinterbliebenenversorgung der Sozialversicherung aufgebaut. Die Lebensversicherung diente im Kapitalismus der freien Konkurrenz zunächst nur der Befriedigung der Versicherungsbedürfnisse der Mittelschichten und der Großbourgeoisie. Mit dem Übergang zum Monopolkapitalismus erweiterten die kapitalistischen Versicherungsgesellschaften ihre Geschäftstätigkeit durch die Einführung der sog. Kleinlebensversicherung, auch Volksversicherung genannt. Die Kleinlebensversicherung unterscheidet sich von der Großlebensversicherung dadurch, dass die Versicherungssumme nach oben begrenzt ist, dass anstelle von Jahresbeiträgen gerundete Monatsbeiträge gezahlt werden müssen, die Antragsprüfung in vereinfachter Form erfolgt und dass die Tarife ungünstiger als die der Großlebensversicherung sind. In ist die Lebensversicherung zu einer sinnvollen Ergänzung des durch die Sozialversicherung allen Werktätigen und ihren Angehörigen gewährten Versicherungsschutzes entwickelt worden. Es wird nicht mehr nach Kleinlebens- und Großlebensversicherungen unterschieden. Entsprechend den durch den Abschluss einer Lebensversicherung zu befriedigenden unterschiedlichen Versicherungsbedürfnissen wird zwischen der Kapital- und der Rentenversicherung unterschieden. Typisch für eine Kapitalversicherung ist, dass bei Eintritt des Versicherungsfalles der Versicherer einmalig eine Leistung zahlt. Die Kapitalversicherung kann in vier Hauptformen untergliedert werden: Risikolebensversicherung, auch abgekürzte Todesfallversicherung genannt, die reine Versicherung auf den Todesfall, die reine Versicherung auf den Erlebens- und Todesfall sowie die Versicherung mit festem Auszahlungstermin. Bei der Risikolebensversicherung ist die Vertragsdauer nach oben zeitlich begrenzt. Die Versicherungssumme wird nur dann ausgezahlt, wenn die versicherte Person während der Vertragsdauer stirbt. Diese Versicherungsform ist mit keinem individuellen Sparvorgang verbunden, wie es bei den übrigen Formen der Lebensversicherung der Fall ist. Das ist hauptsächlich auch der Grund dafür, dass sie trotz der im Verhältnis zur Versicherungssumme niedrigen Beiträge im kapitalistischen Versicherungswesen eine relativ geringe Verbreitung gefunden hat. In den sozialistischen Ländern ist dagegen die Risikolebensversicherung eine wichtige Form der Lebensversicherung. In wurde eine komplexe Personenrisikoversicherung eingeführt, deren Kernstück die Risikolebensversicherung bildet. Im Gegensatz zur Risikolebensversicherung wird in der reinen Versicherung auf den Todesfall die Versicherungssumme in jedem Falle fällig und zwar entweder bei Eintritt des Todes oder aber bei Erreichen des für den Versicherten vertraglich festgelegten Höchstalters, z. B. des 85. Lebensjahres. Die Versicherung auf den Erlebens- und Todesfall hat sich zur wichtigsten Form der Lebensversicherung entwickelt. Bei ihr tritt neben das Motiv, die Familienangehörigen im Falle eines frühzeitigen Todes des Versicherten finanziell zu sichern, das Motiv der Vorsorge für das Alter durch den Versicherungsnehmer selbst, da die Versicherungssumme entweder im Todesfall oder aber beim Erreichen der im Vertrag festgelegten Altersgrenze ausgezahlt wird. Das bedeutet versicherungstechnisch, dass der mit der gemischten Versicherung verbundene Sparvorgang den eigentlichen Versicherungsvorgang, nämlich die finanzielle Absicherung eines möglicherweise eintretenden schadenstiftenden Ereignisses, quantitativ gesehen in den Hintergrund drängt. Bei der Versicherung mit festem Auszahlungstermin wird der Zeitpunkt der Fälligkeit der Versicherungssumme bereits bei Vertragsabschluß festgelegt, er wird also nicht durch Eintritt eines Ereignisses bestimmt. Trotzdem handelt es sich auch bei ihr um eine echte Versicherung, da die Beitragszahlungspflicht an das Leben der versicherten Person gebunden ist und mit deren Tod endet. Diese Form der Lebensversicherung ist für solche Fälle bestimmt, in denen ein in der Zukunft eintretender Geldbedarf im Voraus terminlich vorhersehbar ist. Auf diese vier Grundformen der Lebensversicherung bauen sich zahlreiche andere Formen der Lebensversicherung auf. So kann z. B. das Risiko der Invalidität dergestalt in den Versicherungsschutz einbezogen werden, dass die Beitragszahlungspflicht mit Eintritt der Invalidität des Versicherungsnehmers ganz oder teilweise erlischt. Durch Einbeziehung der Heiratswahrscheinlichkeit in die Beitragskalkulation ist die Versicherung mit festem Auszahlungstermin zur Kinderversorgungsversicherung (Töchteraussteuerversicherung) weiterentwickelt worden. Eine weitere Variante der Lebensversicherung ist die Versicherung auf verbundene Leben, bei der zwei oder mehr Personen durch einen Vertrag versichert sind (Teilhaberversicherung). Typische Produkte des kapitalistischen Versicherungswesens sind die Hypothekarlebensversicherung und die Abonnentenversicherung. Die meisten Formen der Lebensversicherung sind mit einer Unfallzusatzversicherung verbunden.. Auf Grund einer solchen Zusatzversicherung wird im Falle des Unfalltodes der versicherten Person zusätzlich ein Geldbetrag, in der Regel in Höhe der Lebensversicherungssumme, ausgezahlt.

In der Staatlichen Versicherung hatte die Erlebensfallversicherung in den früheren Jahren eine gewisse Bedeutung erlangt. Durch die Einführung der Freiwilligen Zusatzrentenversicherung ist sie jedoch bedeutungslos geworden.

Die Aufstellung der Tarife der Lebensversicherung, die Erfassung der Geschäftsvorfälle, die Bilanzierung des Lebensversicherungsgeschäftes sowie die Analysen der Geschäftsergebnisse werden mit Hilfe mathematischer Verfahren vorgenommen (Versicherungsmathematik).. Die wichtigsten Rechnungsgrundlagen der Lebensversicherung sind der Zins, die Sterblichkeit und die Kosten. Die Grundsätze und die Regeln für die Durchführung der Lebensversicherung sowie die Rechnungsgrundlagen sind im Geschäftsplan des Versicherers niedergelegt.

Bedingt durch den mit dem Versicherungsvorgang verknüpften Sparvorgang entwickelten sich die kapitalistischen Versicherungsgesellschaften zu bedeutenden Finanzierungsinstituten. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der Finanzoligarchie. Der Staat fördert diese Entwicklung u. a. durch steuerpolitische Maßnahmen ganz wesentlich. Im Sozialismus werden über die Lebensversicherung Teile des Nationaleinkommens langfristig zentralisiert und mittels des Kredits umverteilt (Sparguthaben der Lebens- und Rentenversicherung, Deckungsstock). Ende 1976 verwaltete die Staatliche Versicherung 10,352 Millionen Verträge der Lebensversicherung. Die im Sparguthaben der Lebens- und Rentenversicherung akkumulierten Gelder betrugen zum gleichen Zeitpunkt 8,024 Milliarden M.