Lebensversicherungsunternehmen

Erteilt ein Lebensversicherungsunternehmen grob fahrlässig eine unrichtige, zur irreführenden Werbung gegenüber einem begrenzten Kreis möglicher Darlehensgeber bestimmte Bestätigung über das Bestehen von als Sicherheiten geeigneten Versicherungsverträgen, so haftet es geschädigten Darlehensgebern in gleicher Weise wie eine Bank für eine unrichtige Kreditauskunft (Ergänzung zu BGH, LM vorstehend Nr. 19 = NJW 1979, 1595).

Zum Sachverhalt: Der Kläger fordert von der Beklagte Schadensersatz für den Verlust eines Darlehens von 100000 DM, das er im Vertrauen auf eine von der beld. Lebensversicherungsgesellschaft erteilte Bestätigung an die später zahlungsunfähige X-KG gegeben hatte. Die KG wollte ihr Wohnungsbauunternehmen ausbauen und sich dazu von privaten Darlehensgebern Kapital beschaffen. Sie wollte Lebensversicherungen in erheblicher Höhe auf das Leben von Gesellschaftern abschließen, Ansprüche aus diesen Versicherungen an eine Bank abtreten und Darlehensgeber mit einer dadurch erhöhten Sicherheit für die Einlagen werben. Zu diesem Zweck erstrebte sie eine dafür geeignete, werbewirksame Bestätigung des Versicherers, in der insbesondere das Wort Kapitalversicherung verwendet werden sollte. Verhandlungen mit einem anderen Versicherer über den Abschluss solcher Lebensversicherungen hatten wegen des von der KG gewünschten Wortlauts der Bestätigung keinen Erfolg. Die KG wandte sich darauf an die Beklagte mit dem gleichen Ansinnen und wies dabei auf die noch schwebenden Verhandlungen mit dem anderen Versicherer sowie den Grund hin, aus dem sie bis dahin nicht zum Erfolg geführt hatten. Nach längeren Verhandlungen versicherte die Beklagte das Leben des persönlich haftenden Gesellschafters B und des Kommanditisten H mit Versicherungssummen von je 1 000000 DM. Die KG erhielt Anfang Juli 1972 von der Beklagte eine schriftliche Bestätigung, dass für die X-KG unter den Versicherungssummen ... Kapitalversicherungen über insgesamt 2 Mio. DM abgeschlossen sind. Die Ansprüche auf Versicherungsleistungen aus diesen Versicherungen sind unwiderruflich an die Z-Bank zur Sicherung von Darlehensgebern mit der Maßgabe abgetreten, dass die Versicherungsleistungen auf ein dort eingerichtetes Treuhänderkonto zu überweisen sind. Die KG warb ab Juli 1972 ohne Absprache mit der Beklagte mit einem gedruckten Prospekt, an dessen Ende obige Erklärung abgedruckt war. Das in der Bestätigung erwähnte Treuhandkonto bei der Z-Bank hat niemals bestanden. Diese >Bank hat auch die vorgesehene Abtretung nicht angenommen. Die X-KG zahlte an die Beklagte nur die Prämien für des erste Versicherungsjahr. Darauf kündigte die Beklagte die Versicherungen. Der Kläger macht geltend, er habe das Darlehen nur im Vertrauen auf eine in voller Höhe bestehende Sicherung des Hauptbetrages durch eine Versicherung bei der Beklagte gewährt. Auf die Richtigkeit der Bestätigung der Beklagte habe er vertraut.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat ihr in Höhe von 76500 DM (3/4 der Klageforderung) stattgegeben. Die Revision der Beklagte blieb erfolglos.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach Vertragsgrundsätzen entsprechend dem Urteil des BGH vom 12. 2. 1979 (NJW 1979, 1595 = LM vorstehend Nr. 19) für schadensersatzpflichtig gehalten.

Es hat festgestellt, die Beklagte - ordnungsgemäß vertreten durch die beiden Unterzeichner der Bestätigung - habe diese Bestätigung bewusst und gewollt zumindest auch zu dem Zweck verfasst und in den Verkehr gebracht, dass sie dem als Darlehensgeber in Betracht kommenden Personenkreis privater Geldanleger zum Zwecke der Werbung für die Gewährung von Darlehen an die KG vorgelegt würde. Es hat - insoweit von der Revision nicht beanstandet - das unter dem Briefkopf ausgefertigte Schreiben der Beklagte zugerechnet, weil es sich bei der im Briefkopf aufgeführten Firma nur um eine unselbständige Zweigniederlassung der Beklagte handele. Die Bestätigung habe sich für eine missbräuchliche Verwendung zur Täuschung potentieller Darlehensgeber geradezu angeboten. Sie habe ohne weiteres zu der Annahme verleiten können, durch die Versicherung sei das Kapital (also die zu leistenden Einlagen) gesichert; dass nur das Leben zweier Gesellschafter versichert, die Rechte aus der Versicherung überdies nicht wirksam abgetreten, die Abtretung ohnehin nur auf fünf Jahre begrenzt und ein Treuhandkonto bei der Bank überhaupt nicht errichtet war, sei aus der Bestätigung nicht ersichtlich gewesen. Die verantwortlichen Mitarbeiter der Beklagte, die als Versicherungsunternehmen überregional hohes Ansehen und Vertrauen genieße, hätten bei der Ausstellung der Bestätigung in besonders hohem Maße die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen und somit grob fahrlässig gehandelt. Der Sachverhalt sei dem vom BGH seinerzeit entschiedenen Fall ähnlich. Zwar habe die Beklagte nicht das gleiche eigene Interesse an der Verwertung der Bestätigung wie die kreditgewährende Bank in dem früher entschiedenen Fall gehabt. Ihr erhebliches Interesse habe aber darin bestanden, mit der KG ins Geschäft zu kommen, das die Beklagte selbst als Großgeschäft bewertet habe. Dabei habe sie den konkurrierenden Versicherer, mit dem die KG zunächst verhandelt hatte und der die gewünschte Bestätigung wegen rechtlicher Bedenken nicht auszustellen bereit war, ausschalten wollen.

II. Diese Ausführungen sind frei von Rechtsirrtum.

1. Zutreffend hat das Berufungsgericht den vorliegenden Sachverhalt als dem vom BGH (NJW 1979, 1595 = LM vorstehend Nr. 19) entschiedenen Fall so ähnlich angesehen, dass er auch rechtlich gleich zu beurteilen ist.

a) Auch hier hat nach den Feststellungen des Berufungsgerichts die Beklagte eine Auskunft ohne Anschrift und Datum bewusst und gewollt zu dem Zweck in den Verkehr gebracht, dass sie einem als Darlehensgeber für einen Dritten in Betracht kommenden Personenkreis privater Geldanleger vorgelegt würde. Die Auskunft war auch hier - wie die Beklagte wußte - für die Empfänger von erheblicher Bedeutung, denn sie erweckte den Eindruck einer Sicherung der künftigen Einlagen durch mit der Beklagte abgeschlossene Versicherungsverträge.

b) Die Auskunft war, wie das Berufungsgericht rechtlich bedenkenfrei festgestellt hat, in mehreren wesentlichen Punkten objektiv falsch. Für die Wohnungsbaugesellschaft KG waren keine Kapitalversicherungen bei der Beklagte abgeschlossen. Versicherungen waren vielmehr nur auf das Leben eines persönlich haftenden Gesellschafters und eines Kommanditisten dieser Gesellschaft abgeschlossen worden. Für eine Handelsgesellschaft können aber begrifflich keine Lebensversicherungen abgeschlossen sein. Gerade deshalb kommt dem Ausdruck Kapitalversicherung, der in der Bestätigung auf den nachdrücklichen (und nur wegen der erkennbaren Absicht irreführender Werbung erklärlichen) Wunsch der KG verwendet worden ist, ein besonderes Gewicht zu. Unter einer Kapitalversicherung (im Gegensatz zur Rentenversicherung) wird allerdings vom Gesetz und in der Versicherungspraxis eine der beiden möglichen Formen einer Lebensversicherung verstanden (vgl. §§ 165 11, 166 bis 168, 17411, 176 VVG). Das Berufungsgericht hat aber rechtlich bedenkenfrei festgestellt, die Beklagte habe nicht erwarten können, dass diese Bedeutung des Begriffs dem anzusprechenden Personenkreis bekannt sei. Der Wortlaut der Bestätigung schloss zudem gerade die Annahme aus, es könne sich um Lebensversicherungen handeln, zumal nach dem zweiten Absatz die Sicherung von Darlehensgebern - also ihrer Einlagen - bezweckt war. Wenn es sich aber nicht um eine Kapital-Lebensversicherung handeln konnte, eine eigentliche Kapitalversicherung (also eine Kreditversicherung) aber tatsächlich nicht bestand, war die Bestätigung auch insoweit objektiv falsch. Kenntnisse darüber, ob eigentliche Kapitalversicherungen, also Kreditversicherungen, von der Beklagte überhaupt abgeschlossen werden, können bei mit Versicherungsfragen nicht genau vertrauten Personen nicht vorausgesetzt werden.

Falsch war auch die Bestätigung, die Ansprüche auf Versicherungsleistungen seien an die Bank abgetreten, denn nach den Feststellungen des Berufungsgerichts war der vorgesehene Abtretungsvertrag von der Bank nicht angenommen worden. Das erwähnte Treuhänderkonto war ebenfalls nicht eingerichtet.

c) Ebenso wie in dem vom BGH (NJW 1979, 1595 = LM vorstehend Nr. 19) entschiedenen Fall hat auch hier die Beklagte in ihrer Bestätigung wesentliche Umstände verschwiegen, die sie hätte mitteilen müssen. Die Bestätigung erweckt unzweifelhaft den Eindruck, für die Einlagen von Darlehensgebern beständen durch Versicherungsverträge wesentliche Sicherheiten. Sie lässt auch nicht andeutungsweise erkennen, dass Ansprüche auf Versicherungsleistungen, die als Sicherheit hätten dienen können, nur im Falle des Todes eines der beiden Gesellschafter bestanden, deren Leben versichert war, und dass die angebliche Abtretung an die Bank auf fünf Jahre befristet war. Unter diesen Umständen waren die abgeschlossenen Versicherungsverträge als Sicherungen für Darlehensgeber praktisch wertlos. Wenn die Beklagte schon eine derartige Bestätigung erteilte, hätte sie die genannten Umstände, aus denen sich die Wertlosigkeit der Versicherungsverträge als Sicherung von Einlagen ergab, nicht unerwähnt lassen dürfen. Es begegnet keinen rechtlichen Bedenken, dass das Berufungsgericht in diesem Zusammenhang der Beklagte den Vorwurf grober Fahrlässigkeit bei der , Abgabe der Erklärung gemacht hat.

d) Zu Unrecht meint die Revision, die Bestätigung der Beklagte habe sich nicht an einen ebenso umgrenzten, überschaubaren Interessentenkreis von potentiellen Investoren gerichtet wie die Auskunft der Bank in dem früher entschiedenen Fall. Vielmehr bestehen keine rechtlichen Bedenken dagegen, dass das Berufungsgericht den hier in Betracht kommenden Interessentenkreis nicht anders bewertet hat als jenen in dem früher entschiedenen Fall. Zwischen dem Kreis derjenigen, die sich an der Finanzierung eines Hotelbaus mit einem insgesamt zu deckenden Kapitalbedarf von 3,5 Mio. DM beteiligt haben und denjenigen, die sich über das 12% Konto der KG an verschiedenen Bauvorhaben dieses Unternehmens mit einem Gesamtkapitalbedarf von 2 Mio. DM beteiligen wollten, besteht unter dem Gesichtspunkt der Konkretisierung des angesprochenen Personenkreises kein wesentlicher Unterschied. Die Art der angesprochenen Investoren ist gleich, der gesamte Kapitalbedarf liegt in der gleichen Größenordnung, und Kleinstbeteiligung weiterer Kreise, also eine Masse von Sparern, wie die Revision meint, kamen in keinem der beiden Fälle in Betracht.

e) Dass die Bestätigung im vorliegenden Fall von einer Lebensversicherung, in dem früher entschiedenen Fall dagegen von einer Bank erteilt wurde, begründet keinen Unterschied, der eine abweichende rechtliche Beurteilung rechtfertigen könnte. Für Lebensversicherer und Banken gelten die hier entscheidenden Kriterien gleichermaßen: Beide Unternehmensformen sind Kapitalsammelstellen von großer wirtschaftlicher Bedeutung und erheblichem Einfluss. Private Versicherer stehen ebenso wie Banken unter besonderer staatlicher Aufsicht und genießen gerade deshalb ein sehr hohes Maß an Vertrauen in der Öffentlichkeit. Nicht nur Banken, sondern auch Versicherer - insbesondere Lebensversicherer - legen das bei ihnen angesammelte erhebliche Kapital gegen Sicherheiten gewinnbringend an. Sie verfügen deshalb bei der Beurteilung der Sicherheiten für Kapitalanlagen über besonders große Erfahrungen. Soweit es sich um eine Beurteilung von bestehenden Versicherungsverträgen als Sicherheiten handelt, steht die Vertrauenswürdigkeit einer darüber erteilten Bestätigung der Auskunft einer Bank über die Kreditwürdigkeit der Kunden jedenfalls nicht nach. Erteilt ein Versicherer - was erfahrungsgemäß nur ganz ausnahmsweise geschieht - Dritten eine Auskunft über bestehende Versicherungsverträge und ihre Eignung als Sicherheit für von diesen Dritten zu gewährende Darlehen, so dürfen diese davon ausgehen, dass der Versicherer sich über die Tatsachen, auf die sich die Auskunft bezieht, und über alle offensichtlich im Zusammenhang mit der Sicherung der Darlehen durch die Versicherungen bedeutsamen Tatsachen vollständig informiert hat und keine erkennbar wesentlichen Tatsachen verschweigt. Nach all diesen Erwägungen hat das Berufungsgericht mit Recht die beklagte Lebensversicherung hinsichtlich der Haftung für die Bestätigung einer Bank gleichgestellt, die eine Auskunft über die Kreditwürdigkeit eines Kunden erteilt. Ein irgendwie ins Gewicht fallender Unterschied zu dem vom BGH früher entschiedenen Fall besteht auch insoweit nicht.

Das Berufungsgericht hat nicht verkannt, dass das eigene wirtschaftliche Interesse der Beklagte hier anderer Art ist, als es das Interesse der Bank in dem früher entschiedenen Fall war. Die Bank hatte in jenem Fall ein unmittelbares Interesse daran, dass Dritte ihrem Kunden Darlehen gewährten. Hier dagegen ging das Interesse der Beklagte dahin, die für sie lukrativen Großlebensversicherungen mit den Gesellschaftern der KG abzuschließen und diese Geschäfte nicht einem konkurrierendem Versicherer zu überlassen. Mit Recht hat das Berufungsgericht diesem Unterschied aber keine wesentliche Bedeutung beigemessen. Es kommt in der Tat nicht darauf an, welcher Art das eigene Interesse des Auskunftsgebers ist, sondern allein darauf, dass dieser ein erhebliches eigenes Interesse an der mit der Auskunft bezweckten Werbung hat und die irreführende Auskunft deshalb erteilt. Insoweit liegen aber die Fälle wiederum gleich. Dass die Beklagte ihr Interesse an dem Abschluss der beiden Lebensversicherungsverträge selbst sehr hoch einschätzte und dabei den konkurrierenden Versicherer aus dem Felde schlagen wollte, hat das Berufungsgericht rechtsbedenkenfrei festgestellt.

g) Rechtlich zutreffend hat das Berufungsgericht dem Umstand, dass die Bestätigung dem Kläger nicht von der Beklagte selbst, sondern von der KG als bösgläubigem Übermittler vorgelegt wurde, keine entscheidende Bedeutung beigemessen und darauf hingewiesen, dass erst die von der Beklagte mit irreführendem Inhalt ausgestellte Bestätigung die Täuschungshandlungen der KG ermöglichte.

2. In der rechtlichen Beurteilung folgt der erkennende Senat in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht der erwähnten Entscheidung des //. Zivilsenats vom 12. 2. 1979 (NJW 1979, 1595 = LM vorstehend Nr. 19) in jenem - wie ausgeführt - in allen wesentlichen Punkten dem vorliegenden Sachverhalt gleichartigen Fall. Das Berufungsgericht hat zu. Recht die Beklagte - unter Berücksichtigung der in der Revisionsinstanz nicht angegriffenen Mithaftung des Klägers gemäß § 254 BGB - wegen grob fahrlässiger Verletzung ihrer vertraglichen Pflicht zur Erteilung einer objektiv richtigen Auskunft gemäß §§ 276, 278 BGB zum Ersatz von fl des dem Kläger entstandenen Schadens verurteilt.

Keine rechtlichen Bedenken bestehen auch dagegen, dass das Berufungsgericht den Einwendungen und Abmahnungen, welche die Beklagte nach dem 1. 8. 1972 gegenüber der KG wegen deren Prospektwerbung erhob, für den vorliegenden Fall keine Bedeutung beigemessen hat. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger der KG das Darlehen bereits gewährt; die Beklagte hat auch nichts dafür vorgetragen, dass der Kläger von ihren gegenüber der KG eingeleiteten Schritten so rechtzeitig Kenntnis erhalten hätte, dass er etwa den ihm drohenden Schaden daraufhin noch hätte abwenden oder mindern können.

3. Es bedarf keiner Erörterung der Frage, ob die Entscheidung des Berufungsgerichts sich auch unter anderen rechtlichen Gesichtspunkten, insbesondere dem vom Kläger im Revisionsverfahren herangezogenen Gesichtspunkt einer (Vertrauens-) Haftung der Beklagte wegen verantwortlicher Mitwirkung an dem von der KG herausgegebenen Emmissionsprospekt ... als richtig erweist.