Leibeigenschaft

Leibeigenschaft, Halseigenschaft, Eigenhörigkeit - feudales Abhängigkeitsverhältnis; völlige persönliche und rechtliche Abhängigkeit des unmittelbaren Produzenten - des Bauern und des Gesindes - vom Feudalherrn; sie umfasste den Verlust der freien Verfügung über Arbeitskraft und Besitz sowie den Verlust der Freizügigkeit. Im Unterschied zur Hörigkeit war die Leibeigenschaft eine härtere Form der Bindung an den Feudalherren. Der Leibeigene war unfrei durch seine Person, der schollengebundene Hörige durch seinen Grundbesitz. Der Hörige konnte nur zusammen mit seinem Grundstück, der Leibeigene auch getrennt davon verkauft werden. Rechtliche Merkmale der Leibeigenschaft waren vor allem der Kopf zins (Leibzins) und Heirats- und Erbfallabgaben, während die Hörigen in der Regel außer den Frondiensten nur Grundzinsen zu leisten hatten. - Obwohl die Bezeichnung Leibeigenschaft erst seit dem 14. Jh. auftauchte, entwickelte sich die Leibeigenschaft bereits seit dem 4./5. Jh. im fränkischen Reich. Die Leibeigenen waren ursprünglich die aus der patriarchalischen Sklaverei (Hofsklaverei), Kriegsgefangenschaft, Schuldknechtschaft u. a. hervorgegangenen Unfreien (servi, mancipia), zumeist ohne Landbesitz, die die Ländereien ihrer Herren als Gesinde (familia) bewirtschafteten oder auch als Handwerker tätig waren. Mit der Ausbreitung der Grundherrschaft seit etwa dem B. Jh. besserte sich ihre soziale Lage, sie wurden zu Halbfreien, zu schollengebundenen, dienst- und abgabenpflichtigen, eingeschränkt rechtsfähigen, wirtschaftlich selbständigen Hörigen (glebae adscripti, colones, Liten). Der Aufstieg der Unfreien wurde jedoch begleitet von der Überführung der freien Bauern (Gemeinfreie) zunächst in die Hörigkeit, später auch teilweise in die Leibeigenschaft infolge ökonomischen Ruins (Kriegsdienste). Die Ausdehnung der WareGeld-Beziehungen, bes. im 12./13. Jh., verbesserte ebenfalls die soziale Lage der Leibeigenen, sie erlangten sehr häufig die persönliche Freiheit (auch als Folge der Kreuzzüge), die Ausbeutung wurde durch die Kommutation (Umwandlung der Dienste und Naturalabgaben in Geldabgaben) gemildert. Doch seit dem 14./15.Jh.. vor allem mit dem zunehmenden Geldbedarf der Feudalherren, entwickelte sich eine feudale Reaktion, die zur sog. zweiten Leibeigenschaft führte. Zeichnete sich die (erbte) Leibeigenschaft durch eine Vielzahl von Abhängigkeitsverhältnissen und Überschneidungen von Herrschaftsverhältnissen aus, so ist die zweite Leibeigenschaft durch vereinfachte Abhängigkeitsverhältnisse gekennzeichnet: Erbuntertänigkeit und Abhängigkeit nur von einem Herrn. Die Leibeigenschaft wurde in Österreich 1776, in Baden 1783, in Preußen 1807, in Bayern 1808, in Württemberg 1817, in Mecklenburg 1820 und in Sachsen 1832 aufgehoben.