Leistung in einem Unterlassen
Auch wenn die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht, verwirkt der Schuldner die Vertragsstrafe nur, sofern nichts anderes vereinbart ist, wenn er die Zuwiderhandlung zu vertreten hat (Aufgabe der abweichenden Auffassung in LM Nr. 3 zu § 407 BGB).
Der beklagte Verband vertreibt zusammen mit ihm angeschlossenen Organisationen Rabattsparmarken mit dem Zeichen K an Einzelhändler. Der Kläger hat dieses auf seinen Namen in der Zeichenrolle eingetragene Zeichen durchgesetzt.
Im Jahre 1961 hatte sich bei dem Beklagten ein Fehlbetrag von 110 763 DM ergeben. Der Beklagte hielt den Kläger, der damals dem Vorstand angehörte und für ihn als Generalvertreter tätig war, dafür verantwortlich. Der Kläger erkannte den Betrag als eigene Schuld an und trat von allen seinen Ämtern zurück. In den zwei Verträgen vom 9. 6. 1961 verpflichtete er sich, nicht auf die Angelegenheiten des Verbandes einzuwirken. Er übertrug dem Beklagten seine Forderungen aus seiner Tätigkeit für ihn und die ihm angeschlossenen Verbände. Auch überließ er dem Beklagten unwiderruflich alle Rechte, die sich aus dem Namen K, dem K-Zeichen und der K-Sparmarke ergeben. Als Gegenleistung sollte der Kläger für je 1000 verwertete Sparmarken 0,20 DM erhalten. Diese sollten teils mit dem Fehlbetrag verrechnet, teils ausgezahlt werden. Nach weiteren Verhandlungen verzichtete der Kläger am 26. 8. 1961 auf weitere Einkünfte aus bestehenden oder neuen K- oder sonstigen dem Beklagten angeschlossenen Verbänden und unterwarf sich freiwillig folgendem Verzicht:
Wenn ich gegen den Vertrag 1. und 2. vom 9. 6. 61 und gegen diese Erklärung in irgendeiner Form verstoße, sollen alle mir zugesicherten Einkünfte sofort fortfallen und vom Zentral-Verband der K. zur Markengeld-Aufstockung oder nach freiem Ermessen verwendet werden können.
Bis zum Ende des Jahres 1963 hatte sich die Schuld des Klägers durch Gutschriften nach Darstellung des Beklagten auf rund 72000 DM, nach Darstellung des Klägers auf rund 62000 DM verringert. Am 16. 3. 1964 teilte der Beklagte dem Kläger mit, er mache von seinen Rechten aus der Verwirkungsklausel Gebrauch und stelle seine Zahlungen für die Zeit nach dem 1. 1. 1964 ein, weil er inzwischen erfahren habe, dass der Kläger im Sommer 1961 von zwei Kunden Beträge kassiert und nicht abgeführt, ferner auch Quittungsblocks nicht abgeliefert habe. Am 18. 6. 1964 reichte der Kläger eine Klageschrift gegen den K-Kundendienstverband K-Stadt e. V. auf Zahlung rückständiger Lizenzgebühren für die Benutzung von K-Warenzeichen in Höhe von 10000 DM ein. Die Klage wurde zwar abgewiesen, weil der Kläger den Bestand eines Lizenzvertrages nicht nachweisen konnte. Der Beklagte erblickte aber auch hierin einen Verstoß des Klägers gegen seine vertraglichen Pflichten. Der Kläger ist der Ansicht, er habe seine Rechte aus den Verträgen vom 9.6.1961 nicht verwirkt. Er hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, über den Nettogewinn aus dem Markenumsatz seit dem 1. 1. 1964 Rechnung zu legen, hilfsweise festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet sei, auch über den 1. 1. 1964 hinaus Zahlungen nach den Verträgen vom 9. 6. 1961 zu leisten.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat dem Hauptantrag für die Zeit bis zum 18. 6. 1964 stattgegeben und die Klage im Übrigen abgewiesen. Die Rev. des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen: Das Berufungsgericht weist die Klage für die Zeit nach dem 18. 6. 1964 ab, weil der Kläger mit dem an diesem Tag angestrengten Prozess gegen den K-Kreisverband K. seine Pflichten aus den Verträgen vom 9. 6. 1961 verletzt und der Beklagte sich deshalb mit Recht auf die Verwirkungsklausel in der vom Kläger am 26. 8. 1961 unterzeichneten Erklärung berufen habe.
Die hiergegen gerichtete Rev. des Klägers ist begründet.
1. Das Berufungsgericht legt die Verwirkungsklausel anhand ihres Wortlauts und der Interessenlage der Parteien dahin aus, die dem Kläger in den Verträgen vom 9. 6. 1961 versprochenen Leistungen hätten sofort für die Zukunft entfallen sollen, wenn er gegen die darin und in der Erklärung vom 26. 8. 1961 enthaltenen Verpflichtungen verstoße. Diese Auslegung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Die Parteien haben danach die Verwirkungsklausel nicht als Rücktrittsgrund mit der Folge einer Abwicklung der Verträge nach § 346 BGB, sondern als das Versprechen einer Vertragsstrafe ausgestaltet. Das ist zulässig. § 360 BGB kann abbedungen werden. Es bedurfte daher keiner - von der Revision vermissten - Rücktrittserklärung des Beklagten, um die Folgen der Verwirkungsklausel auszulösen.
Gegenstand einer Vertragsstrafe kann auch die Verwirkung von Rechten sein (Ermann-Westermann, BGB, 4. Aufl., zu § 342). Die zumindest entsprechende Anwendung der Vorschriften über die Vertragsstrafe rechtfertigt sich, weil sich die Verfallklausel für den Kläger bei einem Verstoß gegen seine vertraglichen Pflichten ebenso als Vermögensnachteil auswirkt, als ob er eine zusätzliche Leistung versprochen hätte (BGH, vorstehend Nr. 6 = NJW 1960, 1568).
2. Den Verstoß des Klägers gegen seine vertraglichen Pflichten erblickt das Berufungsgericht darin, der Kläger habe die Rechte an dem Namen und dem Zeichen K. in der Klage gegen den Kreisverband K. für sich in Anspruch genommen, nachdem er diese Rechte dem Beklagten in Nr. VII des 1. Vertrages vom 9. 6. 1961 überlassen habe. Da das Berufungsgericht offen lässt, ob der Kreisverband K. zu den dem Beklagten angeschlossenen Regionalverbänden gehört, ist für das RevVerfahren davon auszugehen, dass dieser Verband dem Beklagten nicht angeschlossen war. Der Kläger hatte danach die fraglichen Rechte nur dann vertragswidrig für sich beansprucht, wenn darunter auch Ansprüche aus früher von ihm selbst abgeschlossenen Verträgen über das Zeichen K zu verstehen waren und er dem Beklagten Ansprüche dieser Art auch soweit überlassen hatte, als sie gegen Verbände gerichtet waren, die diesem nicht angeschlossen sind. Das Berufungsgericht nimmt dies an, weil der Kläger in Nr. VII des 1. Vertrages vom 9. 6. 1961 dem Beklagten alle hier interessierenden Rechte unwiderruflich überlassen habe. Diese Auslegung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden und daher für das RevGer. bindend. Sie ist auch mit dem Warenzeichenrecht vereinbar. Nach § 8 Abs. 1 Satz 4 WZG konnten die Zeichenrechte selbst auch ohne Eintragung in der Warenzeichenrolle auf den Beklagten übergehen; es ist daher unerheblich, dass der Kläger noch als Inhaber der Rechte in der Zeichenrolle geführt wird. Warenzeichen dürfen zwar nur mit dem Geschäftsbetrieb übergehen, zu dem sie gehören (§ 8 Abs. 1 Satz 2, 3 WZG). Auch das steht aber der vom Berufungsgericht vorgenommenen Auslegung nicht entgegen. Denn der Kläger hat auch seine Generalvertretung, die ihn - soweit ersichtlich treuhänderisch - zur Haltung der Zeichenrechte im eigenen Namen berechtigte, zugunsten des Beklagten aufgegeben (vgl. dazu Reimer, Wettbewerbs- und Warenzeichenrecht Bd. 1, 4. Aufl., S. 35).
3. Mit der unberechtigten Geltendmachung der Warenzeichenrechte gegen den Kreisverband K. verwirkte der Kläger seine Rechte aus den Verträgen vom 9. 6. 1961 aber nur dann, wenn er die Zuwiderhandlung zu vertreten hatte oder vereinbart worden war, die Rechte sollten unabhängig davon bei jeder Zuwiderhandlung verfallen.
a) Nach der gesetzlichen Regelung wird die Vertragsstrafe nur verwirkt, wenn der Schuldner die Zuwiderhandlung zu vertreten hat. In der Rechtsprechung und im Schrifttum wird das ganz allgemein angenommen, wenn die Vornahme einer Handlung geschuldet wird (vgl. u. a. BGH, vorstehend Nr. 14 = NJ W 1969, 461). Denn nach § 339 Satz 1 BGB ist die Strafe verwirkt, wenn der Schuldner in Verzug gerät. Das geschieht nach § 285 BGB nur, wenn die Leistung infolge eines Umstandes unterbleibt, den der Schuldner zu vertreten hat.
Im vorliegenden Falle sollte der Kläger allerdings seine Rechte bei einem Verstoß gegen Unterlassungspflichten verlieren. Nach dem Wortlaut von § 339 Satz 2 BGB tritt die Verwirkung, wenn die geschuldete Leistung in einem Unterlassen besteht, mit der Zuwiderhandlung ein. Ob dazu kommen muss, dass der Schuldner die Pflichtwidrigkeit zu vertreten hat, ist hier nicht ausdrücklich erwähnt. Das hat das BG veranlasst, insoweit die Zuwiderhandlung allein ohne Rücksicht auf ein Verschulden genügen zu lassen (RGZ 147, 228, 232; vgl. auch Motive zum BGB II 278). Der erkennende Senat hat sich dem, ohne sich mit der Frage näher auseinanderzusetzen, in einer Hilfsbegründung unter Hinweis auf RGRK-BGB, 9. Aufl., § 339 Anm. 2 angeschlossen (Nr. 3 zu § 407 BGB). Hieran hält der Senat übereinstimmend mit der heute im Schrifttum ganz überwiegend vertretenen gegenteiligen Auff. (Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, 10. Aufl. I. Band, S. 227 m. w. Nachw.) nicht fest. Der gegenüber Satz 1 engere Wortlaut des § 339 Satz 2 BGB lässt sich ohne weiteres damit erklären, dass bei der Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungspflicht von einem eigentlichen Verzug nicht gesprochen werden kann.