Leistungsverweigerung bei Rente

Durch eine endgültige Leistungsverweigerung, die nach Treu und Glauben die Mahnung entbehrlich macht, gerät der Schuldner, nicht für eine vergangene Zeit in Verzug.

Zum Sachverhalt: Die Parteien, die im Jahre 1941 geheiratet haben, lebten seit Mitte 1977 getrennt. Durch einen gerichtlichen Vergleich vom 25. 4. 1979 verpflichtete sich der Beklagten, an die Kläger als Trennungsunterhalt eine monatliche Rente von 700 DM zu zahlen. Dieser Unterhaltsbemessung lag das Nettoeinkommen zugrunde, das der Beklagten aus einer Erwerbstätigkeit erzielte, während die Kläger keine Einkünfte hatte. Mit der vorliegenden, am 14. 7. 1982 zugestellten Klage erstrebt die Kläger eine Abänderung des Prozessvergleichs, weil dem Beklagten im Sommer 1981 rückwirkend ab 1. 9. 1980 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit bewilligt worden ist. Für die Zeit ab 1. 9. 1980 bis 31. 12. 1980 begehrt sie eine Erhöhung der monatlichen Unterhaltsrente auf 1186,20 DM, für das Jahr 1981 auf monatlich 1236,03 DM und für die Monate Januar bis März 1982 auf monatlich 1303,22 DM. Seit dem B. 3. 1982 ist die Ehe der Parteien rechtskräftig geschieden. Das AG - FamG - hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung der Kläger hat das Oberlandesgericht das erstinstanzliche Urteil dahin abgeändert, dass der Beklagten in Abänderung des gerichtlichen Vergleichs vom 25. 4. 1979 an die Kläger weitere 10186,82 DM zu zahlen hat.

Die - zugelassene - Revision der Beklagten hatte teilweise Erfolg.

Aus den Gründen: Das Oberlandesgericht hat das Abänderungsbegehren mit Recht für zulässig erachtet, obwohl es sich ausschließlich auf eine Zeit richtet, die vor der Klagerhebung liegt. Wie der Große Senat für Zivilsachen des BGH entschieden hat, kann ein Prozessvergleich über künftig fällig werdende wiederkehrende Leistungen auf eine Abänderungsklage nach § 323 ZPO grundsätzlich auch für die Zeit bis zur Erhebung der Klage abgeändert werden. Dem folgt der erkennende Senat seither in ständiger Rechtsprechung.

Das Berufsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die dem Vergleich vom 25. 4. 1979 zugrunde liegenden Einkommensverhältnisse wesentlich geändert haben. Der Vergleich unterliegt daher der Abänderung gemäß § 323 ZPO.

Die Kläger bezog seit Dezember 1980 eine Erwerbsunfähigkeitsrente, die seit 1. 1. 1981 monatlich 158,70 DM und seit 1. 1. 1982 monatlich 187,80 DM betrug. Die Revision macht geltend, dass eine Änderung in der Bedürftigkeit der Kläger eingetreten sei, weil sie - wie vom Berufsgericht als wahr unterstellt - seit 1981 ein eheähnliches Verhältnis mit S unterhalte. Wenn das Berufsgericht darin auch keinen Ausschlussgrund i. S. der §§ 1361 III, 1579 I Nr. 4 BGB gesehen habe, so habe es doch eine auf Grund dieses Verhältnisses verminderte Bedürftigkeit der Kläger annehmen müssen. Diese müsse sich Zuwendungen durch S ebenso anrechnen lassen wie ein fiktives Entgelt für die Versorgungsleistungen, die sie ihm erbringe. Über deren Umfang habe das Berufsgericht nähere Feststellungen treffen müssen. Auf einen gemäß § 139 ZPO veranlassten gerichtlichen Hinweis hätte er vorgetragen, dass S sich wiederholt nächtelang in der Wohnung der Kläger aufgehalten habe. Er hätte weiter vorgetragen, dass er nach der Lebenserfahrung davon ausgehe, dass die Kläger von S - zumindest teilweise - unterhalten werde und sie ihn auch dadurch versorge, dass sie ihm Unterkunft gewähre, wenn er bei ihr übernachte, und dass sie ihn beköstige und ihm die Wäsche wasche.

Hiermit kann die Revision nicht durchdringen. Der Beklagten hatte in der Klagerwiderung vorgetragen, er sei schon seit langem nicht mehr verpflichtet gewesen, der Kläger Unterhalt zu leisten, da sie seit längerer Zeit ein eheähnliches Verhältnis mit S unterhalte. Mit diesem sei sie Anfang 1982 Händchen haltend im Beisein ihrer Enkel zusammen auf der Straße gegangen; in der Nacht zum 10. 3. 1982 habe S in ihrer Wohnung übernachtet; gleiches sei vorher jedenfalls in den Nächten zum 7. 1. 1982 und zum 10. 2. 1982 geschehen. Diesem Vortrag des Beklagten war nicht die Behauptung zu entnehmen, die Kläger lebe mit S in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft zusammen, in der sie ihm den Haushalt führe und ihn versorge. Das Berufsgericht hat demgemäß auch lediglich unterstellt, dass die - in Ratingen wohnende - Kläger mit dem in Bonn wohnenden Zeugen ein eheähnliches Verhältnis eingegangen sei. Von der Führung eines gemeinsamen Haushalts ist es gerade nicht ausgegangen. Eine Minderung der Unterhaltsbedürftigkeit der Kläger aufgrund wiederholter Übernachtungen von S, in der Wohnung der Kläger hat das Berufsgericht zu Recht nicht in Betracht gezogen. Daran würde sich nichts ändern, wenn der Beklagten nach einem gerichtlichen Hinweis seinen Vortrag in dem dargelegten Sinne ergänzt hätte. Zu weiteren Fragen oder Hinweisen gemäß § 139 ZPO bestand nach dem Vortrag des Beklagten kein Anlaß.

Bei Abschluss des Vergleichs hatte nur der Beklagten Einkommen aus Erwerbstätigkeit. Da die Kläger davon nach den Vorstellungen der Parteien mit monatlich 700 DM eine 4 Quote erhalten sollte, ist das dem Vergleich zugrunde liegende Nettoeinkommen des Beklagten mit etwa 1750 DM anzusetzen. Dieses Nettoeinkommen aus Erwerbstätigkeit war 1980 durchschnittlich um 41,79 DM und seit 1. 1. 1981 um 217,34 DM im Monat höher als zur Zeit des Vergleichsabschlusses. Außerdem wurde dem Beklagten aufgrund eines am B. 5. 1981 geschlossenen Vergleichs in einem Rechtsstreit der BfA rückwirkend ab 1. 9. 1980 eine Rente wegen Berufsunfähigkeit gemäß § 23 AVG bewilligt. Demgemäß erhielt der Beklagten Mitte August 1981 eine Rentennachzahlung für den Zeitraum vom 1. 9. 1980 bis 31. 8. 1981 in Höhe von insgesamt 13904,80 DM. Ab 1. 9. 1981 bezog er eine laufende Rente, die bis zum Jahresende 1981 monatlich 1173,80 DM und danach monatlich 1241,30 DM betrug. Bei dieser Sachlage hat das Oberlandesgericht zutreffend ausgeführt, eine wesentliche Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgebenden Verhältnisse sei Mitte August 1981 eingetreten, als der Beklagten die Rentennachzahlung erhalten habe.