Listenpreis des Fahrzeugs

Zur Frage, ob in der Bezugnahme auf einen bezifferten Listenpreis eines erst längere Zeit nach Vertragsschluss auszuliefernden Kraftfahrzeugs ein den Preis offenhaltender Preisvorbehalt oder die Vereinbarung eines bestimmten, zunächst einmal gültigen Preises, verbunden mit einem Preisanpassungsrecht des Verkäufers, zu sehen ist.

Zum Sachverhalt: Der Kläger bestellte am 12. 10. 1977 auf einem Formular der Beklagte Automobilherstellerin einen Pkw. Als Listenpreis des Fahrzeugs in Grundausstattung ab Werk war zur Zeit 17600 DM, als Oberstellungskosten zurzeit 355 DM angegeben. Die Lieferung sollte im 2. Quartal des Jahres 1981 erfolgen. Auf dem Bestellformular war ferner vorgedruckt: Als Kaufpreis werden berechnet jeweils die am Tage der Lieferung für das Fahrzeug in Grundausstattung... gültigen Listenpreise zuzüglich Umsatzsteuer; entsprechendes gilt für Fahrzeugbrief und Oberstellungskosten. In den Einheitsbedingungen für den Verkauf von Kraftfahrzeugen, auf die in dem Bestellformular Bezug genommen ist, heißt es unter Nr. II 1: Als Kaufpreis gelten für alle Kaufgegenstände die am Tage der Lieferung gültigen Listenpreise zuzüglich Umsatzsteuer. Die Beklagte bestätigte den Auftrag mit Schreiben vom 24. 10. 1977. Unter dem 6. 1. 80 bat der Kläger, den Liefertermin auf das 2. Quartal 1982 zu verlegen. Die Beklagte kam dieser Bitte mit Schreiben vom 16. 2. 1981 nach. Hierin heißt es: Listenpreis für Grundausstattung ab Herstellerwerk: 20760,00... Oberstellungskosten... 430,00... Preisänderungen bleiben vorbehalten. Die in Ziff. II 2 der Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen genannte Vier-Monats-Frist für Preisänderungen hat mit dem ursprünglichen Vertragsabschluss begonnen. Die Beklagte lieferte das Fahrzeug am 20. 1. 1982 an den Kläger aus und stellte ihm am selben Tag als Grundpreis 22070 DM in Rechnung. Ebenfalls am selben Tage bezahlte der Kläger den von dem Beklagten verlangten Kaufpreis. Mit der Klage verlangt der Kläger Rückzahlung eines Teilbetrages in Höhe von 3235 DM, der sich aus der Differenz der Listenpreise für die Grundausstattung des Fahrzeuges und der Oberstellungskosten in der Auftragsbestätigung der Beklagte vom 24. 10. 1977 einerseits und dem Schreiben der Beklagte vom 16. 2. 1981 andererseits zusammensetzt. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Die Revision des Klägers blieb erfolglos.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hat ausgeführt: Auch wenn das aus der Bestellung vom 12. 10. 1977 und der Nr. II 1 Satz 2 der Geschäftsbedingungen der Beklagte hervorgehende Preisänderungsrecht gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam sei, habe der Kläger nicht mehr als geschuldet an die Beklagte gezahlt. Denn der von der Beklagte in Rechnung gestellte Preis rechtfertigte sich aus einer Anwendung der §§ 315, 316 BGB. Im Oktober 1977 sei es nämlich zwischen den Parteien noch nicht zu einer präzisen Feststellung des Kaufpreises gekommen. Die in der Bestellung vom 12. 10. 1977 und der Auftragsbestätigung vom 24. 10. 1977 aufgeführten Beträge hätten nur die Funktion von Orientierungswerten und Rechenziffern gehabt; die Bestimmung des Preises sei - auch die Zusätze Listenpreis und zur Zeit deutlich gemacht hätten - noch offen geblieben. Die Einigung der Parteien über das Offenhalten der Preisfestlegung habe den Charakter einer Individualabrede gehabt und unterliege daher nicht der Inhaltskontrolle nach den §§ 9ff. AGB-Gesetz. Daran ändere die Unwirksamkeit der formularmäßigen Preisanpassungsregelung nichts. Sie führe lediglich zu einer Vertragslücke, die durch die einschlägigen Vorschriften der §§ 315, 316 BGB auszufüllen sei. Die von der Beklagte mit der Abrechnung vom 20.1. 1982 vorgenommene Leistungsbestimmung orientiere sich an den allgemeinen Marktpreisen und halte der Billigkeitskontrolle nach § 315 III BGB stand, zumal sich die Entwicklung der Listenpreise im Rahmen der Lebenshaltungskosten und auch der Anschaffungskosten für Personenkraftwagen gehalten habe. An diesem Ergebnis ändere sich nichts, wenn das Offenhalten des Preises in der Vereinbarung der Parteien vom Oktober 1977 gemäß § 9 AGB-Gesetz unwirksam sei; die dann gebotene ergänzende Vertragsauslegung führe gleichwohl zu einer Preisanpassung und damit zu dem bei der Lieferung des Fahrzeuges maßgeblichen Listenpreis.

Das Berufungsurteil hält im Ergebnis den Angriffen der Revision stand.

Zu Recht wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufsgerichts, die Parteien hätten im Oktober 1977 die Festlegung des Preises offen gelassen.

Wie der erkennende Senat in seiner nach Erlass des Berufungsurteils ergangenen Entscheidung vom 18. 5. 1983 ausgeführt hat, unterliegt die Auslegung des Bestellformulars und der Auftragsbestätigung der Beklagte durch das Berufsgericht der uneingeschränkten Nachprüfung durch den Senat, weil es sich in dem hier maßgeblichen Teil nicht um individuelle Willenserklärungen der Parteien, sondern um über den Geltungsbereich eines Oberlandesgericht-Bezirks hinaus verwendete AGB i. S. des § 1 AGB-Gesetz handelt.

In dem zitierten Senatsurteil wird im einzelnen begründet, dass es sich bei der Bezugnahme auf einen Listenpreis eines erst längere Zeit später zu liefernden Kraftfahrzeugs dann um die Vereinbarung eines bestimmten Preises - und nicht nur um einen den Preis offen haltenden Preisvorbehalt - handelt, wenn zugleich der Betrag ziffernmäßig angegeben ist. An dieser Beurteilung hält der Senat auch im vorliegenden Fall fest: Zwar ist in dem hier verwendeten Bestellformular - anders als in dem seinerzeit zu entscheidenen Sachverhalt - weder der Begriff des Listenpreises näher definiert noch ein Hinweis auf eine Preisänderungsklausel in den Geschäftsbedingungen der Beklagte enthalten diese Unterschiede rechtfertigen aber keine andere rechtliche Bewertung. Entscheidend ist, dass die Erklärungen der Parteien nach ihrem Wortsinn wegen der Angabe des bezifferten Betrages, der in der Auftragsbestätigung der Beklagte vom 24. 10. 1977 einschließlich der Kosten für den Fahrzeugbrief und der Umsatzsteuer als Kaufpreis ab Werk bezeichnet wird, und nach der Interessenlage der Parteien als Vereinbarung eines zunächst einmal gültigen Preises verstanden werden müssen.

Das Schreiben der Beklagte vom 16. 2. 1981, mit dem sie der Bitte des Kläger um Verlegung des Liefertermins nachgekommen ist, kann für die Beurteilung außer Betracht bleiben, ohne dass es darauf ankommt, dass der Kläger sich hierzu ausdrücklich nicht mehr erklärt hat. Denn dieses Schreiben enthält - abgesehen von dem Liefertermin - keine inhaltlichen Änderungen gegenüber der ursprünglichen Vereinbarung der Parteien. Der - die Auslegung des Senats im Übrigen bestätigende - Hinweis, dass Preisänderungen vorbehalten bleiben, und die Anführung der Ziff. II 2 der Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen der Beklagte besagen nichts anderes als die von den Parteien bereits im Oktober 1977 vereinbarte Preisänderungsklausel. Die Angabe des neuen Listenpreises ist nur als Information zu verstehen, wie die Beklagte von dem ihr eingeräumtes Preisänderungsrecht zu diesem Zeitpunkt Gebrauch gemacht hätte. Es handelte sich dabei nicht etwa, wie die Revision meint, um das Angebot zum Abschluss eines neuen Vertrages. Davon sind auch die Parteien übereinstimmend ausgegangen. Denn weder erwartete die Beklagte eine Annahmeerklärung des Kläger noch hielt der Kläger eine Antwort für erforderlich; die Rechnung der Beklagte vom 20. 1. 1982 nimmt folgerichtig auf die Bestellung des Kläger vom 12. 10. 1977 Bezug.