Listenpreiserhöhung

Wird ein Neuwagen bei dem Kraftfahrzeug-Hersteller zur Lieferung in mehreren Jahren bestellt und verwendet der Besteller dabei ein Formular, in dem nach den vorgedruckten Worten Listenpreis. ... zur Zeit DM ziffernmäßig ein bestimmter Betrag eingefügt wird, so richtet sich das Angebot auch dann auf Abschluss eines Kaufvertrages zu dem bestimmten, zur Zeit gültigen Listenpreis, wenn nach den zugleich ausgehändigten Geschäftsbedingungen des Herstellers der am Tag der Lieferung gültige Listenpreis geschuldet sein soll. Führt der Kraftfahrzeug-Hersteller in seiner Auftragsbestätigung - wegen einer zwischen Angebots- und Annahmeerklärung erfolgten Listenpreiserhöhung - als Listenpreis einen anderen Preis an, so liegt darin eine mit einem neuen Angebot verbundene Ablehnung des Angebots des Kunden.

Zum Sachverhalt: Der Kläger bestellte am 20. 4. 1978 über eine Händlerfirma bei der Beklagte zwei Kraftfahrzeuge. Er verwendete dabei Bestellformulare der Beklagte, in denen nach dem Vordruck Listenpreis des Fahrzeugs in Grundausstattung ab Herstellerwerk zur Zeit DM handschriftlich der Betrag von 21010 DM eingetragen und unter der Überschrift Sonderausstattung gegen Mehrpreis verschiedene Bestellerwünsche mit Preisangaben vermerkt wurden. Als unverbindliche Lieferzeit wurde in beiden Bestellscheinen das vierte Quartal 1982, als Kundenwunsch in dem einen Dezember 1980, in den anderen März 1982 angegeben. In den bei der Bestellung dem Kläger ausgehändigten Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen der Beklagte heißt es unter Nr. II 2: Preisänderungen sind nur zulässig, wenn zwischen Vertragsabschluss und vereinbartem Liefertermin mehr als 4 Monate liegen; dann gilt der am Tag der Lieferung gültige Preis des Verkäufers. Bei Lieferung innerhalb 4 Monaten gilt in jedem Fall der am Tag des Vertragsabschlusses gültige Preis... Am 24. 4. 1978 änderte die Beklagte ihre Preisliste. Sie übersandte dem Kläger unter dem 9. 5. 1978 zwei Auftragsbestätigungen, in denen unter Zugrundelegung der dem Kläger bei der Bestellung ausgehändigten Allgemeinen Verkaufsbedingungen sowie der in der Bestellung enthaltenen weiteren Bedingungen als Listenpreis für Grundausstattung ab Herstellerwerk der Betrag von 21790 DM aufgeführt und auch bei den Angaben zur Sonderausstattung zu den meisten Positionen höhere Preise als in den Bestellformularen des Klägers genannt wurden; als Kaufpreis ab Herstellerwerk sind je Fahrzeug 27082,72 DM angegeben. Mit Schreiben vom 19. 5. 1980 teilte der Kläger mit, er sehe sich aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage, die Verträge vom 9. 5. 1978 zu erfüllen. Die Beklagte bestand demgegenüber auf Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen und vertrat die Auffassung, der Kläger habe den am Tage der Lieferung gültigen Listenpreis zu zahlen. Im Dezember 1980 lehnte der Kläger ein Angebot der Beklagte, eines der Fahrzeuge zu dem in diesem Zeitpunkt geltenden Listenpreis zu liefern, ab. Der Kläger begehrt die Feststellung, dass rechtsverbindliche Kaufverträge zwischen ihm und der Beklagte nicht zustande gekommen seien; hilfsweise verlangt er Lieferung zweier Fahrzeuge zu den in den von ihm unterzeichneten Bestellformularen angegebenen Preisen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Oberlandesgericht die Berufung zurückgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht geht von der Unwirksamkeit der in Nr. II 2 der AGB der Beklagte enthaltenen Tagespreisklausel aus, entnimmt aber dem Hinweis der Bestellformulare auf den zur Zeit geltenden Listenpreis, der Vereinbarung der langen Lieferzeiten und der voraussehbaren Veränderung der Preissituation während dieses Zeitraums, dass die Parteien den Kaufpreis bei Vertragsschluss noch offen gehalten hätten und der Beklagte ein Recht zur Preisbestimmung gemäß §§ 315, 316 BGB zum Zeitpunkt der Lieferung eingeräumt worden sei; die Unbestimmtheit der Preisabrede stehe der wirksamen vertraglichen Einigung der Parteien nicht entgegen.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts greift die Revision mit Erfolg an.

Zwischen den Parteien sind durch die Bestellungen des Klägers vom 20. 4. 1978 und die Auftragsbestätigungen der Beklagte vom 9. 5. 1978 wirksame Verträge nicht zustande gekommen. Es fehlt an der erforderlichen Übereinstimmung von Angebots- und Annahmeerklärung Während der Kläger Kraftfahrzeuge zu einem Preis von 21010 DM ohne Umsatzsteuer erwerben wollte, bezogen sich die Auftragsbestätigungen der Beklagte auf einen Grundpreis von 21 790 DM; die Umsatzsteuer und die unterschiedlichen Preise für die Sonderausstattung hinzugerechnet, differierten die Erklärungen der Parteien je Fahrzeug um knapp 1200 DM. Mithin stellten die Erklärungen der Beklagte neue Anträge i. S. des § 150II BGB dar, die der Annahme durch den Kläger bedurft hätten. Eine derartige - auch nur stillschweigende - Annahmeerklärung des Klägers wird von der Beklagte nicht behauptet. Es können auch keine dem Kläger nachteiligen Folgerungen daraus hergeleitet werden, dass er auf die Auftragsbestätigungen der Beklagte nicht geantwortet hat. Die Revision macht nicht geltend, dass dem Schweigen des Klägers, der die Fahrzeuge im Verhältnis zur Beklagten als Privatperson erwerben wollte und auf den daher die im Handelsverkehr geltenden Grundsätze über die widerspruchslose Entgegennahme von Bestätigungsschreiben keine Anwendung finden, die Bedeutung einer Zustimmung zukomme. Dass der Kläger sich später - zunächst - allein unter Hinweis auf wirtschaftliche Gründe von den Verträgen vom 9. 5. 1978 hat lösen wollen, ist rechtlich ohne Belang.

Eine andere Beurteilung käme nur dann in Betracht, wenn mit dem Berufungsgericht angenommen werden könnte, die Parteien hätten sich am 20. 4./9. 5. 1978 - bei gleichwohl beiderseits als verbindlich gewolltem Vertrag - noch nicht auf einen fest fixierten Kaufpreis einigen, diesen vielmehr offen halten und seine Festlegung auf den zur Zeit der Lieferung gültigen Listenpreis einem Leistungsbestimmungsrecht der Beklagte vorbehalten wollen. Dem kann jedoch nicht gefolgt werden. Der Senat geht zwar - insoweit in Übereinstimmung mit dem Berufungsgericht - davon aus, dass bei der Vereinbarung längere Lieferfristen beide Kaufvertragsparteien sich der Möglichkeit zwischenzeitlicher Preissteigerungen bewusst sind. Daraus ergibt sich aber noch nicht, mit welcher Art der Vertragsgestaltung sie der Erwartung künftiger Preisveränderungen gerecht zu werden versuchen. Dafür stehen ihnen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung: Sie können einen - den Preis offen haltenden - Preisvorbehalt vereinbaren oder aber den Preis schon bei Vertragsschluss festlegen und diese Abrede mit einer Preisanpassungsklausel verbinden. Im vorliegenden Fall haben die Parteien den letzteren Weg gewählt:

Entgegen der Auffassung der Beklagte unterliegt die gegenteilige Auslegung des Berufungsgerichts nicht deshalb einer nur eingeschränkten revisionsrichterlichen Nachprüfung, weil sie individuelle Willenserklärungen beider Parteien betrifft. Das Berufungsgericht stellt bei seiner Auslegung mitentscheidend auf die - vorgedruckten - Worte Listenpreis und zur Zeit in den von dem Kläger unterzeichneten Bestellformularen ab. Jedenfalls in diesem Umfang handelt es sich bei dem von der Beklagte verwendeten, vorformulierten und für eine unbestimmte Vielzahl künftiger Verwendungen bestimmten Bestellformular um einen Formularvertrag und mithin um AGB i. S. des § 1 AGB-Gesetz. Dem steht weder entgegen, dass es sich bei dem Bestellformular noch nicht um den vollständigen Vertrag, sondern nur um die einseitige - wohl aber auf die künftige vertragliche Gestaltung gerichtete - Angebotserklärung des Kunden handelt, noch, dass die vorgedruckten Erklärungen nur aus wenigen Worten bestehen und hinsichtlich der Zahlen und Daten noch ausfüllungsbedürftig waren. Nicht - wie die Beklagte meint - die Ausfüllung und Komplettierung des Formulars durch die Parteien mit den Listenpreisen und Lieferdaten hat das Berufungsgericht zum - mitentscheidenden - Anlass genommen, die Willenserklärungen der Parteien im Sinne eines den Preis offen haltenden Preisvorbehalts auszulegen, sondern - worauf auch die Beklagte selbst abhebt - die vorgedruckten Worte Listenpreis und zur Zeit. Insoweit fehlt es auch schon deshalb an einer Individualvereinbarung, weil nicht davon auszugehen ist, dass die Beklagte als Verwenderin des Formulars zu Verhandlungen über diesen Inhalt des zu schließenden Vertrages bereit war und ihre Verhandlungsbereitschaft dem Kläger gegenüber unzweideutig erklärt und ernsthaft gewollt hat. Da die Beklagte unstreitig ihre Bestellformulare über den Geltungsbereich eines Oberlandesgericht-Bezirks hinaus verwendet, unterliegt die Auslegung durch das Berufungsgericht der uneingeschränkten Nachprüfung durch den erkennenden Senat.

Die Auslegung durch das Berufungsgericht ist mit dem Wortsinn der Erklärungen der Parteien unvereinbar, zieht aus der Tagespreisklausel in Nr. II2 S. 1 Halbs. 2 der Neufahrzeug-Verkaufsbedingungen der Beklagte einen unzutreffenden Schluss und berücksichtigt zu wenig die Interessenlage beider Parteien.