Mängelansprüche des Erwerbers
1. Ansprüche des Erwerbers aus Mängeln veräußerter neuerrichteter Eigentumswohnungen richten sich grundsätzlich nach Werkvertragsrecht (ständige Rechtsprechung des Senats).
2. Zur Frage, wann Mängelansprüche des Erwerbers gegen den Veräußerer und Generalunternehmer wieder aufleben, obwohl sie vertraglich abbedungen worden sind unter gleichzeitiger Abtretung der Ansprüche des Veräußerers gegen die übrigen Baubeteiligten an den Erwerber.
Zum Sachverhalt: Die Beklagte errichtete eine größere Anzahl zur Veräußerung bestimmter Eigentumswohnungen. Mit der Bauplanung und Bauleitung hatte sie den Architekten K beauftragt, die Bauausführung der Firma Z als Generalunternehmerin übertragen. 1972 verkaufte sie den Eltern des Klägers eine der Eigentumswohnungen. Als Kaufpreis waren 300000 DM vereinbart. Die Eltern des Klägers haben diesem die von ihnen erworbene und ihnen übergebene Eigentumswohnung im Jahre 1973 schenkungshalber übereignet und ihm 1975 auch alle aus Mängeln der Eigentumswohnung herrührenden Ansprüche abgetreten. Der Kläger macht mit der vorliegenden Klage Mängel der Eigentumswohnung geltend, die im Übergabeprotokoll nicht erwähnt sind. Er verlangt von der Beklagte Wertminderung wegen mangelhafter Schallisolierung der Wohnung und einen Betrag für die Beseitigung von Feuchtigkeitsschäden, die infolge unzureichender Isolierung der Dachterrasse entstanden seien. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, weil die Beklagte sich wirksam von den gegen sie geltend gemachten Sachmängelansprüchen freigezeichnet habe. Das Oberlandesgericht ist darauf nicht eingegangen sondern hat die Klage wegen Verjährung abgewiesen. Die Revision des Klägers führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.
Aus den Gründen: Das Berufungsgericht beurteilt die vom Kläger erhobenen Sachmängelansprüche nach Kaufrecht und sieht sie deshalb gemäß § 477 BGB als verjährt an. Das hält der Revision nicht stand.
1. Die Sachmängelansprüche des Erwerbers eines Grundstücks mit einem vom Veräußerer darauf zu errichtenden Bauwerk (einschließlich Eigentumswohnungen) richten sich nach jetzt ständiger Rechtsprechung des BGH in aller Regel nach Werkvertragsrecht (BGHZ 68, 372 [373] = NJW 1977, 1336 = MDR 1977, 831 = BB 1977, 1072; 72, 229 [231] = NJW 1979, 156; zuletzt in den zum Abdruck in BGHZ 74, 204 = LM vorstehend Nr. 34; BGH, LM § 21 WohnungseigentumsG Nr. 4 - j. m. w. Nachw.). Dabei macht es keinen Unterschied, ob mit der Errichtung des Bauwerks erst nach dem Abschluss des Vertrages begonnen wurde oder ob es zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses schon teilweise oder ganz erstellt war. Es ist in diesem Zusammenhang auch ohne Bedeutung, ob die Parteien den Vertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet haben. Entscheidend ist vielmehr allein, ob sich aus dem Inhalt des Vertrages die Verpflichtung des Grundstücksveräußerers zur Errichtung des Bauwerkes ergibt. Ist eine solche Errichtungsverpflichtung ausdrücklich in den Vertrag aufgenommen oder lässt sie sich aus dem Sinn und Zweck des Vertrages, seiner wirtschaftlichen Bedeutung und der Interessenlage der Parteien entnehmen, so findet Werkvertragsrecht Anwendung.
2. Die Vertragsparteien haben im vorliegenden Fall zwar den Erwerbsvertrag als Kaufvertrag und sich selbst als Käufer und Verkäufer bezeichnet. Auch ist eine ausdrückliche Verpflichtung zur Errichtung der Eigentumswohnung in dem Vertrag nicht enthalten. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichts lässt der Vertrag gleichwohl zweifelsfrei erkennen, dass die Vertragsparteien von einer Errichtungsverpflichtung der Beklagte ausgegangen sind. Im Vertrag ist vereinbart, dass der Übergabetermin später von der Verkäuferin bestimmt und dem Käufer mitgeteilt werde, wobei ausdrücklich festgelegt ist, dass die Fertigstellung von Straßen, Außenanlagen und Tiefgaragen keine Voraussetzung für die Übergabe sei. Weiterhin ist eine gemeinsame Abnahme vereinbart, und die Beklagte verpflichtete sich zur anschließenden Beseitigung der gemeinsam festgestellten und von ihr anerkannten Mängel. Schließlich ist festgelegt, dass die Beklagte nach der erfolgten Übergabe von allen Mängelansprüchen aus dem erfolgten Aufbau des Kaufobjektes befreit sein solle. Diese Vertragsbestimmungen, die sich teilweise erkennbar an die für den Werkvertrag getroffenen Gesetzesregehangen anlehnen, setzen eine Errichtungsverpflichtung der Beklagte voraus. Insbesondere der Umstand, dass sich die Beklagte nicht allgemein von allen Gewährleistungsansprüchen für die Beschaffenheit der Wohnung, sondern von allen Mängelansprüchen aus dem erfolgten Aufbau freizeichnet, macht dies deutlich. Eine solche Errichtungsverpflichtung entsprach auch den Interessen der Eltern des Klägers, die eine neu erstellte Eigentumswohnung erwerben wollten. Diese Verpflichtung der Beklagte ist somit Vertragsinhalt geworden mit der Folge, dass der gesamte Vertrag nach Werkvertragsrecht zu beurteilen ist und sich die Sachmängelhaftung deshalb nicht nach Kaufvertrags- sondern Werkvertragsrecht richtet.
3. Mit der Einreichung der am 24. 10. 1975 zugestellten Klage und des die Klage erweiternden, am 6. 2. 1976 zugestellten Schriftsatzes vom 28. 1. 1976 hat der Klägerdie Verjährung der geltend gemachten Ansprüche vor Ablauf der fünfjährigen Verjährungsfrist (§ 638 I BGB) rechtzeitig unterbrochen (§ 209I BGB, § 261 b III ZPO a. F.). Das Berufungsgericht durfte die Klage deshalb nicht wegen Verjährung abweisen.
II. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt danach von der vom Berufungsgericht bisher offen gelassenen Frage ab, ob dem Kläger die behaupteten Mängelansprüche gegen die Beklagte zustehen. Aus den bislang getroffenen Feststellungen lässt sich dies weder bejahen noch verneinen:
1.Mit den vom Kläger geltend gemachten Mängeln selbst haben sich die Tatrichter überhaupt noch nicht befasst.
2.Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen reichen auch nicht zur Klärung der Frage aus, ob sich die Beklagte auf den im Vertrag vereinbarten Haftungsausschluss für solche Mängel berufen kann, die, wie die geltend gemachten, im Übergabeprotokoll nicht ausdrücklich-festgestellt und anerkannt worden sind. Grundsätzlich war in der Zeit vor Inkrafttreten des AGBG eine derartige Freizeichnung möglich. Nach der gefestigten Rechtsprechung des BGH vermag allerdings eine formularmäßige Freizeichnungsklausel der vorliegenden Art, in der der Veräußerer einer neu errichteten oder noch zu errichtenden Eigentumswohnung seine eigene Gewährleistungspflicht ausschließt und dem Erwerber statt dessen gleichzeitig seine Gewährleistungsansprüche gegen andere Baubeteiligte abtritt, die Eigenhaftung des Veräußerers nicht endgültig zu beseitigen; sie ist vielmehr nur insoweit abbedungen, als sich der Erwerber aus den abgetretenen Ansprüchen tatsächlich auch schadlos halten kann. Das Risiko, dass die Schadloshaltung fehlschlägt, bleibt bei dem Veräußerer (BGHZ 62, 251 [254, 255] = NJW 1974, 1135 = LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 55 = MDR 1974, 652 = JZ 1974, 613 = BB 1974, 623; BGHZ 67, 101 [103] = NJW 1976, 1934 = MDR 1977, 37 = JZ 1976, 646 = BB 1976, 1151; 70, 193 [196]; zuletzt das zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmte Senatsurteil vom 10. 5. 1979 - VII ZR 30/78 - j. m. w. Nachw.). Es kommt im vorliegenden Fall deshalb darauf an, ob die Schadloshaltung fehlgeschlagen und damit die Eigenhaftung des Beklagten wieder aufgelebt ist. Dazu hat der Kläger im Berufungsverfahren umfangreichen und unter Beweis gestellten Sachvortrag gebracht, mit dem sich das Berufungsgericht bisher nicht befasst hat, weil es die Klageforderung irrig für verjährt hielt. Das RevGer. kann über diesen Sachverhalt noch nicht selbst entscheiden. Es bedarf insoweit vielmehr weiterer tatrichterlicher Feststellungen.
a) Unstreitig hatte die Beklagte im vorliegenden Fall Bauplanung und Bauleitung dem Architekten K, die Bauausführung der Generalunternehmerin übertragen. Die gemäß Vertrag zur Erreichung der Freizeichnung abgetretenen Gewährleistungsansprüche der Beklagte konnten sich infolgedessen nur gegen diese beiden Baubeteiligten richten. Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte trotz der Einschaltung der Generalunternehmerin Mängelansprüche gegen andere Baubeteiligte gehabt hätte und den Rechtsvorgängern des Klägers abgetreten haben könnte.
b) Der Kläger macht geltend, die Beklagte habe seinen Rechtsvorgängern lediglich eine Liste mit 28 Firmennamen ausgehändigt. Diese Liste habe die Generalunternehmerin und den Architekten gerade nicht enthalten. Beide seien ihm auch sonst nicht bekannt gewesen. Von der Tätigkeit der Generalunternehmerin habe er erst nach Klageerhebung erfahren. Seine vor Klageerhebung an die Beklagte gerichtete Anfrage nach dem zuständigen Architekten sei ohne Erfolg geblieben. Dessen Name sei ihm ebenfalls erst im Laufe des Rechtsstreites genannt worden. Überdies habe die Beklagte es trotz zweifacher schriftlicher Aufforderung unterlassen, ihm die zur Durchsetzung seiner Ansprüche erforderlichen Unterlagen und Pläne zur Verfügung zu stellen. Nachdem er in dem vor Klageerhebung auf seinen Antrag durchgeführten Beweissicherungsverfahren vergeblich die Feststellung der für die bautechnischen Mängel Verantwortlichen versucht und anschließend ebenfalls ohne Erfolg die in der von der Beklagte seinen Eltern übergebenen Firmenliste benannte Isolationsfirma F zur Mängelbeseitigung aufgefordert habe, habe er seine Mängelansprüche schließlich gerichtlich gegen die Beklagte geltend gemacht.
c) Wenn von diesem, von der Beklagte im wesentlichen bestrittenen Vortrag auszugehen sein sollte, ist Raum für die Feststellung, dass die Schadloshaltung des Klägers fehlgeschlagen ist mit der Folge, dass die Eigenhaftung der Beklagte wieder aufgelebt ist. Denn damit der Erwerber sich aus abgetretenen Ansprüchen schadlos halten kann, muss ihm der Veräußerer in den Stand setzen, die abgetretenen Ansprüche gegen den richtigen Schuldner rechtzeitig geltend zu machen. Dazu gehört in der Regel die Angabe, welcher Baubeteiligte die mangelhaften Arbeiten ausgeführt hat und welcher Art die mit diesem getroffenen Vertragsabreden sind. Spätestens auf Verlangen oder auf eine Mängelrüge hin muss der Veräußerer dem Erwerber auch die zur Geltendmachung der abgetretenen Ansprüche nötige Auskunft erteilen und die zum Beweis dienenden Urkunden aushändigen (BGH, LM Allg. Geschäftsbedingungen Nr. 63 = MDR 1975, 569 BauR 1975, 206 [208]
WM 1975, 409 [411]). Diese Mitwirkungspflicht trifft, den Veräußerer, soweit sie sich nicht bereits aus § 402 BGB ergibt, auch ohne ausdrückliche Vereinbarung als vertragliche Nebenpflicht (BGHZ 70, 389 [391] = NJW 1978, 1375 = LM vorstehend Nr. 30). Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach und scheitert die Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche deshalb, weil der Veräußerer den Erwerber in angemessener Frist nicht oder nur unzureichend informiert hat, so ist damit die Schadloshaltung fehlgeschlagen. Der Veräußerer kann sich dann nicht mehr auf die Freizeichnung berufen, vielmehr lebt seine Eigenhaftung wieder auf.
III. Nach alledem ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird zu klären haben, ob die Beklagte die ihr gegenüber dem Kläger obliegende Mitwirkungspflicht zur Durchsetzung der abgetretenen Gewährleistungsansprüche verletzt hat. Dabei würde es auch genügen, wenn eine solche Verletzung erst nach Erhebung der Klage erfolgt wäre. Das könnte dann der Fall sein, wenn der Klägerdie Beklagte erst während des Rechtsstreits zur Mitwirkung aufgefordert, die Beklagte aber trotzdem die zur Durchsetzung der abgetretenen Ansprüche erforderlichen Informationen und Unterlagen verweigert haben sollte. Auch dadurch könnte die Eigenhaftung der Beklagte wieder aufgelebt sein.