Marken- und Typenbezeichnung

Mit der in einem Kaufvertrag über einen Gebrauchtwagen enthaltenen Marken- und Typenbezeichnung (hier: BMW 1602) sichert der Verkäufer dem Käufer zu, dass das Fahrzeug mit einem von seinem Hersteller vorgesehenen - typengerechten - Motor ausgestattet ist.

Zur Frage der Untersuchungspflicht des Gebrauchtwagenhändlers im Zusammenhang mit seiner Haftung als Sachwalter für Verschulden bei Vertragsverhandlungen.

Zum Sachverhalt: Aufgrund eines von der Beklagte zu 1 vermittelten formularmäßig gestalteten Kaufvertrages erwarb der Kläger am 21. 11. 1978 vom Zweitbeklagte einen Pkw zum Preise von 3900 DM gebraucht, unter Ausschluss jeder Gewährleistung. Das Fahrzeug ist in der Vertragsurkunde als BMW 1602 bezeichnet. Der Kläger erhielt einen Ersatz-Fahrzeugbrief für den - mit M (dem Zweitbekl.) als letztem Halter - vollgeschriebenen Originalbrief. Darin sind in einzelnen Rubriken u. a. die Fahrgestell-Nr., Antriebsart und Hubraum eingetragen. Als Tag der Zulassung des Fahrzeugs für den Kläger ist der 23. 11. 1978 angegeben. Bei der Untersuchung durch den TÜV im Februar 1979 blieb das Fahrzeug unbeanstandet. Anlässlich einer Reparatur Ende März 1979 wurde festgestellt, dass es mit einem 2-Liter-Motor ausgestattet war. Das führte zur Stilllegung des Fahrzeugs. Daraufhin ließ der Kläger den Kaufvertrag gegenüber beiden Beklagten anfechten. Gleichzeitig verlangte er Rückzahlung des Kaufpreises Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Darauf ließen sich die Beklagte nicht ein. Sie bestritten u. a., dass das Fahrzeug bereits beim Verkauf mit einer 2-Liter-Maschine ausgerüstet gewesen sei. Der Kläger ist der Meinung, die Beklagte müssten ihm Zug um Zug gegen Rückgabe von Fahrzeug und Papieren den Kaufpreis zurückzahlen und ihm außerdem die Kosten für die Um- und Abmeldung des Fahrzeugs, für die Begutachtung durch einen Sachverständigen sowie für Reparaturen und Inspektionen ersetzen

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die - zugelassene - Revision führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: . . . 1. Die Ersatzpflicht des Beklagten zu 2.

1. Aus der von der Revision nicht beanstandeten Auffassung des Berufungsgerichts, arglistiges Verhalten des Zweitbeklagte habe nicht festgestellt werden können, folgt, dass die vom Kläger erklärte Anfechtung des Kaufvertrages gemäß § 123 BGB wirkungslos geblieben ist, und ferner, dass ein vertraglicher Schadensersatzanspruch aus § 463 S. 2 BGB nicht in Betracht kommt.

Eine Ersatzpflicht wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft (§ 463 S. 1 BGB) hat die Vorinstanz mit der Begründung verneint, der Kläger habe keine Zusicherung erhalten, der Pkw sei bei Vertragsschluss - und Gefahrübertragung - mit einer 1,6 Liter-Maschine ausgerüstet gewesen. Eine Erklärung des Zweitbekl., er wolle für die Ausrüstung mit einem 1,6 Liter- Motor unter Übernahme von Ersatzpflichten einstehen, enthalte der Kaufvertrag weder ausdrücklich noch sinngemäß. Die Marken- und Typenbezeichnung diene in der Regel nur der Kennzeichnung des Kaufgegenstandes. Sonstige Gewährleistungsansprüche seien wirksam abbedungen.

2. Das Berufungsgericht hat darin recht, dass die Parteien in dem Formularvertrag vom 21. 11. 1978 einen umfassenden Gewährleistungsausschluss wirksam vereinbart haben (BGHZ 74, 383 = LM § 9 [Cf] AGBG Nr. 1 = NJW 1979, 1886; BGHZ 79, 281 = LM § 463 BGB Nr. 39 = NJW 1981, 922; ferner Senat, NJW 1981, 1441 = LM § 476 BGB Nr. 13 = WM 1981, 560 m. w. Nachw.). Ebenso wie in dem vom erkennenden Senat am 21. 1. 1981 entschiedenen Fall (NJW 1981, 928 = LM § 528 ZPO Nr. 18 = WM 1981, 323) ist es hier dem als Verkäufer im Rechtssinne auftretenden Zweitbeklagte nicht verwehrt, sich auf die umfassende Freizeichnung zu berufen, denn er war der letzte einer ganzen Reihe von Voreigentümern, mit dem Schicksal des Fahrzeugs aus eigener Anschauung mithin nicht stärker vertraut als ein Gebrauchtwagenhändler. Den danach allein in Betracht zu ziehenden Ersatzanspruch aus dem Gesichtspunkt des Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft hat die Vorinstanz indessen zu Unrecht verneint.

a) Für den Gebrauchtwagenkäufer ist die umfassende Freizeichnungsbefugnis des Verkäufers, die auch Betriebssicherheit und Fahrtüchtigkeit nicht ausnimmt, u. a. deshalb als tragbar angesehen worden, weil er die Möglichkeit hat, sich bestimmte Eigenschaften zusichern zu lassen, die damit der formularmäßigen Haftungsfreizeichnung entzogen sind.

b) Ob der Zweitbeklagte mit der Angabe BMW 1602 eine bestimmte Eigenschaft des Fahrzeugs zugesichert hk, ist eine Frage der Vertragsauslegung. Das Berufungsgericht hat seine Wertung zur Nachprüfung durch die Revisionsinstanz gestellt. Zur Annahme einer Zusicherung genügt zwar nicht die bloße Warenbezeichnung als vertragliche Festlegung der Kaufsache. Die Zusicherung erfordert vielmehr, dass der Verkäufer in vertragsmäßig bindender Weise die Gewähr für das Vorhandensein einer Eigenschaft übernimmt und damit seine Bereitschaft zu erkennen gibt, für alle Folgen des Fehlens dieser Eigenschaft einzustehen. Hierbei gibt indessen nicht in erster Linie der Wille des Verkäufers den Ausschlag, vielmehr kommt es darauf an, wie der Käufer die Äußerung des Verkäufers auffassen darf. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senat, NJW 1980, 2127 = LM vorstehend Nr. 55 = WM 1980, 1068 m. w. Nachw.). Bei der auf dieser Grundlage vorzunehmenden Prüfung sind das Gewicht und die Bedeutung, die Marken- und Typenbezeichnungen von Kraftfahrzeugen im Verkehr haben, maßgeblich. Sie gehen über die bloße Festlegung des Kaufgegenstandes hinaus. Die in Rede stehende Angabe BMW 1602 greift die im Kfz-Brief und Kfz-Schein enthaltene Eintragung Typ- und Ausführung auf. Auf diese Eintragung aber bezieht sich die dem Fahrzeughersteller - hier den Bayerischen Motorenwerken - gemäß § 20 StVZO erteilte allgemeine Betriebserlaubnis, die die Voraussetzung dafür ist, dass das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen in Betrieb gesetzt werden darf (§ 18 I StVZO). Die Typenbezeichnung BMW 1602 besagt u. a., dass das Fahrzeug von einem Otto-Motor mit 1563 ccm Hubraum und einer Leistung von 85/ 5700 KW bei min angetrieben wird. Der Einbau eines Motors mit größerem Hubraum und höherer Leistung führt zum Erlöschen der allgemeinen Betriebserlaubnis (§ 19 II 1 StVZO), worauf die Revision mit Recht hingewiesen hat. Das Erlöschen der allgemeinen Betriebserlaubnis hat zur Folge, dass das Fahrzeug auf öffentlichen Straßen nicht gefahren werden darf. Vorsätzlich oder fahrlässig begangene Verstöße hiergegen sind Ordnungswidrigkeiten i. S. des § 69a II Nr. 3 StVZO. Nach dem Hubraum und nach der Leistung eines Motors werden außerdem Kfz-Steuer und Versicherungsprämien berechnet.

Es kann danach keinem Zweifel unterliegen, dass der Käufer eines gebrauchten Fahrzeugs vom Verkäufer erkennbar erwartet, dass jedenfalls diejenigen mit der Typenbezeichnung charakterisierten Merkmale tatsächlich vorhanden sind, von denen der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis abhängig ist. Das kommt sinnfällig darin zum Ausdruck, dass er, wie auch im vorliegenden Falle, den Wagen sogleich und ohne weiteres im Straßenverkehr benutzt. Bereits in dem am 5. 7. 1978 entschiedenen (Reifen-)Fall hat der erkennende Senat ausgesprochen, wer von einem Vertragshändler einer bestimmten Herstellerfirma einen Gebrauchtwagen gerade dieses Fabrikats erwerbe, lege vor allem Wert darauf, dass der Wagen zumindest den amtlichen Zulassungsvorschriften entspreche (§§ 18ff. StVZO) und damit bedenkenfrei in Betrieb genommen werden könne (NJW 1978, 2241 = LM § 477 BGB Nr. 28 = WM 1978, 1172). Das gilt auch für den vorliegenden Sachverhalt. Im Urteil vom 18. 2. 1981 (NJW 1981, 1268 = LM § 463 BGB Nr. 40 = WM 1981, 380) hat der erkennende Senat Hubraum- und PS-Zahlatigaben auf einem Verkehrsschild als Zusicherung durch den Händler gewertet. Nichts anderes kann gelten, wenn derartige Angaben im Kaufvertrag gemacht werden. Die Bezeichnung BMW 1602 weist auf einen Motor mit einem Hubraum von 1,61 hin.

Ist der Fortbestand der allgemeinen Betriebserlaubnis als Voraussetzung für eine Benutzung des Fahrzeugs im Straßenverkehr von ausschlaggebender Bedeutung für den Erwerb, dann ist die Marken- und Typenbezeichnung nach Treu und Glauben dahin zu verstehen, dass der Autoverkäufer sich dafür stark machen und eine entsprechende Zusicherung abgeben will. Die Angabe BMW 1602 im Kaufvertrag vom 21. 11. 1978 enthielt danach die Zusicherung des Beklagten, das Fahrzeug sei mit einem serienmäßigen vom Hersteller vorgesehenen und damit von der allgemeinen Betriebserlaubnis gedeckten Motor ausgerüstet (vgl. dazu auch Oberlandesgericht Frankfurt, VersR 1978, 828). Das damit verbundene Haftungsrisiko ist dem Verkäufer zumutbar. Zwar ist der Einbau eines stärkeren Motors nicht wie die Ausrüstung eines Fahrzeugs mit nicht zugelassenen Reifen auf einen Blick beim Vergleich mit den Angaben in den Fahrzeugpapieren zu erkennen, aber jedenfalls beim Betrieb des Fahrzeugs feststellbar. Dass der BMW im vorliegenden Falle möglicherweise ohne eigenes Verschulden des Zweitbeklagte die zugesicherte Eigenschaft nicht hatte, steht der Haftung aus § 463 S, 1 BGB nicht entgegen.

3. Für die Entscheidung des Rechtsstreits kommt es, soweit der Zweitbeklagte in Anspruch genommen wird, mithin darauf an, ob das Fahrzeug bei Gefahrübergang auf den Kläger bereits mit einem 2-Liter-Motor ausgestattet war. Der Kläger behauptet das. Die Beklagte stellen es in Abrede. Den Klägern trifft die Beweislast für das Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft. Er hat Zeugenbeweis für die Richtigkeit seiner Darstellung angetreten. Dieser Beweis muss erhoben werden.

II. Die Ersatzpflicht der Beklagte zu 1.

1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, die Beklagte zu 1 habe bei der Vermittlung des Kaufvertrages als Fachhändlerin die Stellung eines Sachwalters eingenommen, dem der Kläger besonderes Vertrauen entgegengebracht habe. Ein Verschulden bei Vertragsschluss könne ihr indessen nicht angelastet werden. Die Ausrüstung des Fahrzeugs mit einer typengerechten 1,6 Liter-Maschine habe die Beklagte nicht (schuldhaft) zugesichert. Es könne nicht festgestellt werden, dass sie vom Einbau der 2 Liter-Maschine gewusst habe. Der Kläger habe zwar behauptet, die Beklagte zu 1 habe das Fahrzeug untersucht und dabei den Einbau bemerkt, dafür habe er aber keinen Beweis angetreten. Der Angestellte D der Beklagte habe dagegen deren Behauptung bestätigt, dem Kläger sei deutlich gesagt worden, eine Untersuchung habe nicht stattgefunden. Das Berufungsgericht hat schließlich gemeint, im Unterlassen der Untersuchung liege kein pflichtwidriges Verhalten. Eine allgemeine Untersuchungspflicht bestehe nicht, konkrete Anhaltspunkte, die sie hätten angezeigt erscheinen lassen, seien weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Eine Haftung der Erstbeklagte aus Verschulden bei Vertragsschluss wegen etwaigen fahrlässigen Verhaltens scheide schon deshalb aus, weil ihre Haftung als Vermittlerin nicht schärfer sein dürfe als die des Zweitbekl.

2. Auch diese Erwägungen halten den Revisionsangriffen nicht stand.

a) Die die eigene Haftung der Erstbeklagte begründende Annahme, sie habe als Vermittlerin des Kaufvertrages und als Abschlussvertreterin eine Sachwalterstellung innegehabt und das besondere Vertrauen des Klägers in Anspruch genommen, lässt die Revision als ihr günstig gelten. Sie ist als tatrichterliche Feststellung auch aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

b) Eine Haftung der Beklagte zu 1 kommt, auch wenn die Inanspruchnahme ihren Grund im Fehlen einer zugesicherten Eigenschaft hat, nicht unmittelbar aus dem Recht der Gewährleistung, sondern aus Verschulden bei Vertragsschluss in Betracht. Auch das hat das Berufungsgericht richtig gesehen. Zutreffend ist schließlich, dass die Haftung des Vermittlers aus enttäuschtem Verhandlungsvertrauen nicht weitergeht, als die gewährleistungsrechtliche Haftung des vertretenen Verkäufers im Rechtssinne (BGHZ 79, 281 = LM § 463 BGB Nr. 39 = NJW 1981, 922). Das bedeutet aber nicht, wie das Berufungsgericht irrtümlich gemeint hat, fahrlässiges Verhalten der Erstbeklagte bei den Vertragsverhandlungen reiche zur Begründung einer Ersatzpflicht nicht aus. Haftet der Vertretene, wie hier der Zweitbekl., wegen Fehlens einer zugesicherten Eigenschaft ohne Rücksicht auf Verschulden, so kann kein Zweifel daran bestehen, dass der Vermittler als Sachwalter ersatzpflichtig ist, sofern er fahrlässig das Verhandlungsvertrauen enttäuscht. Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Frage, ob den Kraftfahrzeughändler im Gebrauchtwagengeschäft eine allgemeine Untersuchungspflicht trifft, verneint und den Standpunkt vertreten, sie könne nur aus konkreten Umständen hergeleitet werden (BGHZ 74, 383 = LM § 9 [Cf] AGBG Nr. 1 = NJW 1979, 1886 = WM 1979, 807; Senat, NJW 1981, 928 = LM § 528 ZPO Nr. 18 = WM 1981, 323 m. w. Nachw.). Dass im vorliegenden Falle derartige Umstände vorgelegen hätten, hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Gleichwohl durfte eine Untersuchungspflicht der Erstbeklagte nicht verneint werden. Es ist schon dargelegt worden, dass der Käufer eines Gebrauchtwagens für den Händler erkennbar entscheidenden Wert darauf legt, dass das Fahrzeug den amtlichen Zulassungsvorschriften entspricht und nicht solche Veränderungen erfahren hat, die die allgemeine Betriebserlaubnis für den Kraftfahrzeugtyp zum Erlöschen bringen (s. o. I 2b). Dieser Gesichtspunkt verpflichtet den Händler, den Gebrauchtwagen auf derartige Veränderungen - etwa der Bereifung oder des Motors - jedenfalls insoweit in Augenschein zu nehmen, als sie ihm als Fachmann ohne weiteres, d. h. ohne besonderen technischen Aufwand, wie den Einsatz von technischem Gerät oder eine Demontage in Betracht kommender Aggregate, erkennbar sind.

c) Ob die Beklagte zu 1 in diesem Sinne eine Untersuchungspflicht fahrlässig verletzt hat, hat die Vorinstanz nicht geprüft, weil sie, wie ausgeführt, rechtsirrtümlich davon ausgegangen ist, Fahrlässigkeit könne eine Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen nicht begründen. Die in diesem Zusammenhang erforderlichen Feststellungen müssen nachgeholt werden, falls sich zuvor ergibt, dass der BMW bei Gefahrübergang mit einem 2-Liter-Motor ausgerüstet war.