Materielle Seite

Anforderungen an das Ergebnis der Bebauungsplanung - Die materielle Seite des Entwicklungsgebots betrifft die Frage, in welchem Maße der Bebauungsplan inhaltlich dem Flächennutzungsplan entsprechen muss. Für das Entwicklungsgebot in materieller Hinsicht genügt das objektive Entwickeltsein. Auf eine Abstimmung der einzelnen Verfahrensschritte oder -abschnitte bei der Aufstellung, Änderung oder Ergänzung des Bebauungsplans mit dem Inhalt des Flächennutzungsplans kommt es nicht an. Die mit §8 Abs. 2 Satz 1 gestellte Anforderung richtet sich nicht an das Planen als Tätigkeit, sondern an das Planergebnis d. h. an den Plan als solchen; wesentlich ist allein, dass der Inhalt eines Bebauungsplans im Zeitpunkt seiner Inkraftsetzung dem zu dieser Zeit wirksamen Flächennutzungsplan in einer Weise entspricht, die sich als ein Entwickelt sein begreifen lässt. Ob ein Bebauungsplan in materieller Hinsicht normgerecht aus dem Flächennutzungsplan entwickelt worden ist, entscheidet sich nach objektiven Gesichtspunkten. Maßgebend ist das objektive Verhältnis der beiden Pläne zueinander. Subjektive Vorstellungen der den Bebauungsplan beschließenden Mitglieder der kommunalen Vertretungskörperschaft sind ohne Bedeutung: Selbst wenn die Ratsmitglieder bei der Aufstellung des Bebauungsplans gemeint haben sollten, der Flächennutzungsplan der Gemeinde... sei infolge der Gebietsänderung außer Kraft getreten, und wenn sie deswegen die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht bewusst an den Darstellungen dieses Flächennutzungsplans gemessen haben sollten, würde dem §8 Abs.2 Satz 1 BBauG genügt sein, wenn objektiv der Bebauungsplan die Darstellungen des Flächennutzungsplans konkretisiert und von dessen Grundkonzept nicht abweicht. Bei der Prüfung, ob ein Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist, ist auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens abzustellen. Der Bebauungsplan muss zu diesem Zeitpunkt aus einem wirksamen Flächennutzungsplan entwickelt sein. Ob ein Bebauungsplan noch aus dem Flächennutzungsplan entwickelt ist, bestimmt sich aus der Sicht des Flächennutzungsplans, so dass auch ein vom Flächennutzungsplan abweichender Bebauungsplan für ein eng begrenztes Gebiet noch aus dem Flächennutzungsplan entwickelt sein kann, wenn die Abweichung sich auf die grundsätzliche Planungskonzeption des Flächennutzungsplans für dieses Gebiet nicht auswirkt. Über die Einhaltung oder Verletzung des... Entwicklungsgebots ist aus der Sicht des Flächennutzungsplans zu entscheiden. Von ihm her ist zu entscheiden, ob eine bestimmte planerische Festsetzung ungeachtet ihres vom Flächennutzungplan abweichenden Inhalts noch als ein, Entwickeln verstanden werden kann Darauf, ob diese Festsetzung Bestandteil eines im Plangebiet größer oder kleiner zugeschnittenen Bebauungsplans ist, kommt es nicht an. Ableitung des Begriffs Entwickeln aus den Funktionen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans. Der materielle Gehalt des Entwickeltseins lässt sich nur unter Beachtung der unterschiedlichen Funktionen bestimmen, die einerseits dem Flächennutzungsplan und andererseits dem Bebauungsplan zukommen. Maßgebend ist, was jeder der beiden Pläne nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes an planerischen Festlegungen enthalten soll und was in keiner der beiden Planstufen zu Lasten der anderen überschritten werden darf. Der Flächennutzungsplan ist nach §1 Abs. 2 lediglich ein vorbereitender Bauleitplan; in ihm ist nach §5 Abs.2 die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende Art der Bodennutzung nach den voraussehbaren Bedürfnissen der Gemeinde in den Grundzügen darzustellen. Seine Aufgabe ist die Erstellung eines Planungskonzepts für die Gemeinde. In ihm sind die betroffenen Belange, auch die der Fachplanungsträger gebietsübergreifend zu koordinieren. Der Flächennutzungsplan erstreckt sich darum grundsätzlich über das gesamte Gemeindegebiet; nach §204 Abs. 1 kann unter bestimmten Voraussetzungen sogar ein gemeinsamer Flächennutzungsplan für mehrere benachbarte Gemeinden aufgestellt werden. Der Bebauungsplan enthält demgegenüber genauere Festsetzungen. In räumlicher Hinsicht erfasst ein Bebauungsplan in aller Regel nur einen kleinen Teil des Gemeindegebiets; er setzt insoweit die Grenzen seines räumlichen Geltungsbereichs selbst fest. Die unterschiedlichen Aufgaben des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans werden auch durch die Regelung in §1 Abs. 1 bis 3 BauNVO deutlich. Während §1 Abs. 1 BauNVO für den Flächennutzungsplan lediglich vier unterschiedliche Bauflächen nennt, sind für die Aufstellung von Bebauungsplänen nach §1 Abs. 2 und 3 BauNVO insgesamt zehn verschiedene Baugebietstypen vorgesehen; die Wohnbaufläche des Flächennutzungsplans unterteilt sich z.B. in vier verschiedene Baugebiete, die Mischbauflächen in drei Baugebiete. Hiervon ausgehend hat das BVerwG in seiner grundlegenden Entscheidung vom 28. 2.1975 zum Begriff des Entwickeln folgendes ausgeführt: Angesichts des nur allgemeinen Aussagegehalts und der damit gegebenen Ausfüllungsbedürftigkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans einerseits und der ins einzelne gehenden, endgültigen und vollzugsfähigen Festsetzungen des Bebauungsplanes andererseits bedeutet der Begriff Entwickeln nicht, dass der Bebauungsplan als bloßer Vollzug oder Ergänzung des Flächennutzungsplanes zu werten wäre. Dem stünde schon entgegen, dass der Flächennutzungsplan, weil er in einem stärkeren Maße als der Bebauungsplan auf Prognosen aufbaut, in seinen Darstellungen einen geringeren Grad an Verlässlichkeit bezüglich der künftigen tatsächlichen Gestaltung aufweist. Zu dem folgt aus der Grobmaschigkeit der Planung eine dem Gegenstand und der räumlichen Ausdehnung nach geringere Schärfe des Flächennutzungsplanes. Dem trägt das Gesetz dadurch Rechnung, dass es nicht vorschreibt, der Bebauungsplan sei in Übereinstimmung mit oder gemäß dem Flächennutzungsplan zu erlassen; vielmehr beschränkt es sich auf die Forderung, dass der Bebauungsplan aus dem Flächennutzungsplan, zu entwickeln sei. Der Rechtsbegriff Entwickeln lässt es nicht nur zu, den groben Raster des Flächennutzungsplanes mit genaueren Festsetzungen auszufüllen; sondern er gewährleistet die gestalterische Freiheit, über ein Ausfüllen des Vorgeplanten hinaus in dessen Rahmen eigenständig zu planen. Er gestattet sogar, in einem gewissen, noch näher abzugrenzenden Maß von den Darstellungen des Flächennutzungsplanes abzuweichen, und zwar von den gegenständlichen Darstellungen des Flächennutzungsplans, etwa bezüglich der Art oder des Maßes der baulichen Nutzung, wie auch von den im Flächennutzungsplan dargestellten räumlichen Grenzen. Andererseits bedeutet Entwickeln nach seinem Wortlaut und vor allem nach seinem Sinn für die Bauleitplanung, dass sich der Bebauungsplan innerhalb der wesentlichen Grundentscheidungen des Flächennutzungsplans, d. h. seiner, Grundzüge in diesem Sinne... halten muss, dass er also - selbst aus verständigen Gründen - nicht von diesen Grundentscheidungen abweichen darf. Deshalb erweist sich das Entwickeln des Bebauungsplanes aus dem Flächennutzungsplan in Richtung auf eine gegenständliche wie auch auf eine räumliche Spezifizierung als eine von der Gestaltungsfreiheit gekennzeichnete planerische Fortentwicklung der im Flächennutzungsplan dargestellten Grundkonzeption. Abweichungen des Bebauungsplans vom Flächennutzungsplan sind insoweit vom Begriff des Entwickeln im Sinne des §8 Abs. 2 Satz 1 BBauG gedeckt, als sie sich aus dem - im Verhältnis zwischen Flächennutzungs- und Bebauungsplan vorliegenden - Übergang in eine stärker verdeutlichende Planstufe rechtfertigen und der Bebauungsplan trotz der Abweichung der Grundkonzeption des Flächennutzungsplans nicht widerspricht. Der Grad eines unzulässigen Widerspruchs zum Flächennutzungsplan wird demnach von Abweichungen nicht erreicht, welche diese Grundkonzeption unangetastet lassen und deshalb insoweit als unwesentlich anzusehen sind. Welche Abweichung vom Flächennutzungsplan in diesem Sinne den Grad eines Widerspruchs erreicht, lässt sich nicht generell, sondern nur an Hand der konkreten Umstände des Einzelfalls entscheiden. Regelmäßig wird jedoch zu der vom Bebauungsplan einzuhaltenden Konzeption eines Flächennutzungsplans die Zuordnung der einzelnen Bauflächen zueinander gehören, also beispielsweise von Industrie-, Gewerbe-, Misch- oder Wohngebieten zueinander und zu den von Bebauung freizuhaltenden Gebieten. Wird durch mehr als geringfügiges Abweichen im Bebauungsplan das Gewicht verschoben, das nach dem Flächennutzungsplan einer Baufläche im Verhältnis zu den anderen Bauflächen und zu den von Bebauung freizuhaltenden Flächen nach Qualität und Quantität zukommt, so wird der Bebauungsplan in aller Regel dem Flächennutzungsplan derart widersprechen, dass die Festsetzungen des Bebauungsplans nicht mehr als aus dem Flächennutzungsplan entwickelt anzuerkennen sind.