Mehrwert

Mehrwert - durch Ausbeutung von Lohnarbeit entstehende spezifische gesellschaftliche Form des Mehrproduktes, vom Lohnarbeiter über den bezahlten Wert seiner Arbeitskraft hinaus produzierter, vom Kapital unentgeltlich angeeigneter Wert. - Jede gesellschaftlich bestimmte Produktionsweise bedingt auch eine gesellschaftlich bestimmte Form des Mehrprodukts, z. B. Grundrente (im Feudalismus) und Mehrwert (im Kapitalismus). Grundrente und Mehrwert sind nicht nur verschiedene Namen für die gleiche Sache, sie drücken vor allem unterschiedliche gesellschaftliche Bestimmtheit dieses Mehrprodukts aus. Im Begriff der feudalen Grundrente liegt die gesellschaftliche Bestimmung des Mehrprodukts, in Form von Konsumtionsmitteln dem Konsum der herrschen- den Klasse zu dienen. Im Begriff des Mehrwert liegt die gesellschaftliche Bestimmung des Mehrprodukts zur Verwertung des vorgeschossenen Werts: Es hat in erster Linie der erweiterten Produktion eines Mehrprodukts zu dienen und muss dazu vor allem in Form von Produktionsmitteln existieren (Akkumulation des Kapitals). Der Begriff des Mehrwert ist die zentrale Kategorie der politischen Ökonomie des Kapitalismus, weil er gesellschaftliches Ziel und Bestimmung der gesamten Produktion ausdrückt: nicht unmittelbar Konsumtion und Genuss der Kapitalisten, sondern Verwertung des Werts, Vermehrung der produktiven Sachenwelt, Produktion um der Produktion willen. In diesem Ziel eingeschlossene Mittel sind: Druck der Konsumtion der Arbeiter auf das zur Reproduktion ihrer Arbeitskraft notwendige Minimum, Druck auf die Verwandlung der gesamten Lebenszeit der Arbeiter in Arbeitszeit, Druck auf alle Arbeitsbedingungen, Verkehrung des SubjektObjekt-Verhältnisses und Dasein des Arbeiters für die Vermehrung der produktiven Sachenwelt, nicht umgekehrt. Darin liegt die historische Berechtigung, aber auch Begrenztheit der Kapitalform der Produktion. Die Produktion des Mehrwert setzt die Verwandlung der Arbeitskraft des Arbeiters in eine Ware, d. h. kapritalistische Produktionsverhältnisse voraus: Trennung der Produzenten von ihren Produktionsmitteln und persönliche Befreiung von feudaler Abhängigkeit (doppelt freie Lohnarbeiter); Konzentration der Produktionsmittel als gesellschaftliche in den Händen einer Klasse von Privateigentümern (Kapitalisten). Unter diesen Bedingungen ist der Arbeiter gezwungen, seine Arbeitskraft bei Strafe des Verhungerns an das Kapital zu verkaufen. Der Kapitalist zahlt den Wert der Arbeitskraft. Dieser wird bestimmt durch den Wert der notwendigen Lebensmittel, notwendig zur bloßen Erhaltung des Lebens des Arbeiters, seiner Familie, seiner Ausbildung usw. und außerdem durch ein sog. historisches und moralisches Element. Die Arbeitskraft hat den Gebrauchswert, mehr Wert produzieren zu können, als sie selbst besitzt. Der Arbeitstag des Arbeiters teilt sich daher in notwendige Arbeitszeit (notwendige Arbeit), notwendig, um dem Kapitalisten den Wert der Arbeitskraft zu reproduzieren, den er zum Ankauf der Arbeitskraft vorgeschossen hat, und in Mehrarbeitszeit (Mehrarbeit), in der der Mehrwert produziert wird, den sich der Kapitalist unentgeltlich aneignet. Der Produktionsprozess des Kapitals als Produktionsprozess von Mehrwert ist Einheft von Arbeits- und Verwertungsprozess. Der Kapitalteil, der in Form von Arbeitskraft im Produktionsprozess fungiert, heißt variables Kapital (v), weil er im Verwertungsprozess durch die abstrakte Arbeit (Arbeit, abstrakte) des Arbeiters seinen Wert verändert und das Kapital verwertet. Das Verhältnis des Mehrwert (m) zum variablen Kapital ist die Mehrwertrate. Der Kapitalteil, der in Form von Produktionsmitteln im Produktionsprozess fungiert, heißt konstantes Kapital (c), weil sein Wert im Arbeitsprozess durch die konkrete neue Arbeit des Arbeiters auf das Produkt übertragen wird und seine Größe dabei nicht verändert. Der Wert der kapitalistischen Ware setzt sich aus c + v + m zusammen. - Die Analyse der Produktion des Mehrwerts erfolgt erstens unter dem Gesichtspunkt konstanter Arbeitsproduktivität und damit konstantem Wert der Arbeitskraft: Verlängerung des Arbeitstages über die notwendige Arbeit hinaus (Mehrwert, absoluter), zweitens unter dem Gesichtspunkt eines konstanten Arbeitstages und steigender Arbeitsproduktivität: Verkürzung der notwendigen Arbeit unter den Gesamtarbeitstag (Mehrwert, relativer). Bes. Bedeutung als Handlungsmotiv für das Kapital zur Steigerung der Arbeitsproduktivität hat der Extramehrwert. Der Mehrwert erscheint an der Oberfläche der Gesellschaft als Überschuss über das vorgeschossene Kapital, als Profit. In dieser Form existiert er als Profit des Handelskapitals und als Zins des Wucherkapitals bereits im Altertum.