Mehrwertsteuerrechnung

Zur Frage, ob der Verkäufer, der bei Vertragsschluss irrig annimmt, nicht umsatzsteuerpflichtig zu sein, seinerseits aber dem Käufer auf dessen Anforderung einer Mehrwertsteuerrechnung eine Nachtragsregelung ausstellt, den bescheinigten Betrag nachfordern kann, wenn er später trotzdem zur Umsatzsteuer veranlagt wird.

Zum Sachverhalt: 1968 ließ der Kläger sich von der Gemeinde das Bimsausbeuterecht an einer Teilfläche von 2,5 ha eines Walddistriktes einräumen. Durch notariellen Vertrag vom selben Tage übertrug er dieses Recht auf die Bekl Bei der Abrechnung wegen der Behandlung von Nebenleistungen kam es zu Meinungsverschiedenheiten der Parteien, die durch eine schriftliche Vereinbarung vom Januar 1969 beigelegt wurden. Darin erklärte der Kläger, seine Kaufpreisforderung einschließlich Wechselspesen sei erfüllt.

Über eine etwaige Umsatzsteuer ist im notariellen Vertrag der Parteien von 1968 sowie in der schriftlichen Vereinbarung von 1969 nichts gesagt. Unstreitig bat jedoch die Beklagte den Kläger bei Abschluss der Vereinbarung von 1969, er möge ihr eine gesonderte Mehrwertsteuerrechnung zusenden. Nach wiederholtem Anmahnen übersandte der Kläger der Beklagte 1969 eine Nachtragsrechnung über Mehrwertsteuer. Den Betrag setzte die Beklagte bei Begleichung ihrer Umsatzsteuerschuld als Vorsteuer ab, 1971 wurde der Kläger wegen der hier in Rede stehenden Übertragung eines Bimsausbeuterechtes vom Finanzamt zur Umsatzsteuer veranlagt. Seine hiergegen erhobene Klage wurde durch rechtskräftiges Urteil im Wesentlichen abgewiesen. In einem Vorprozess hat er einen Teilbetrag der Mehrwertsteuer geltend gemacht; durch rechtskräftiges Urteil ist die Beklagte entsprechend dem Antrag des Klägers zur Zahlung dieses Teilbetrages verurteilt worden. Im jetzigen Verfahren verlangt der Kläger Zahlung des Restbetrages. Beide Vorinstanzen haben gegen die Beklagte erkannt. Die Revision der Beklagte führt zur Aufhebung und Klageabweisung.

Aus den Gründen: Das Berufungsgericht hat den notariellen Vertrag der Parteien von 1968 nicht ausgelegt, weil es die schriftliche Vereinbarung von 1969 und die Geschehnisse der Folgezeit, insbesondere die Übersendung der Nachtragsrechnung, als rechtlich allein bedeutsam ansah; hierdurch sei nachträglich ein Einvernehmen der Parteien des Inhalts zustande gekommen, dass der im notariellen Vertrag genannte Kaufpreis sich erhöhe. Es kann auf sich beruhen, ob das Berufungsgericht die Auslegung des notariellen Vertrags dahingestellt lassen durfte und ob eine Beschränkung der Prüfung auf etwaige nachträgliche Änderungen dieses Vertrags sinnvoll war. Der Senat kann die Auslegung des notariellen Vertrags jedenfalls von sich aus nachholen; denn bestimmend ist hier in erster Linie der Wortlaut des Vertrages, und weiterer als der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen bedarf es für die Auslegung nicht. Dies führt zu folgendem Ergebnis: Dem inhaltlich klaren Text des notariellen Vertrags kann nicht entnommen werden, dass die Beklagte neben dem dort genannten Betrag für die Übertragung der Bimsausbeuterechte auch noch eine den Kläger etwa treffende Umsatzsteuerschuld von 11% des Kaufpreises diesem gesondert zu erstatten hätte. Solche Auslegung von Verträgen, die eine Übertragung größerer Vermögenswerte zum Inhalt haben, ohne über die Frage der Mehrwertsteuer etwas zu bestimmen, entspricht der Rechtsprechung des Senats. Hiernach lässt sich eine Verpflichtung des Käufers zur Erstattung der vom Käufer zu zahlenden Umsatzsteuer aus dem Gesetz nicht herleiten; denn Kaufpreis i. S. des § 433 II BGB ist auch unter der Geltung des neuen Umsatzsteuerrechts grundsätzlich der Preis, den der Käufer zur Erlangung des Kaufgegenstandes vereinbarungsgemäß aufwenden muss, und damit aus umsatzsteuerrechtlicher Sicht der sog. Brutto-Kaufpreis. In der genannten Entscheidung hat der Senat bei Abmachungen der vorgenannten Art auch eine ergänzende Vertragsauslegung abgelehnt, da es an einer Vertragslücke fehle: die Parteien hätten den Kaufpreis eindeutig und erkennbar abschließend festgesetzt. Sie hätten nicht etwa einen gesondert und zusätzlich zum Kaufpreis zu regelnden Punkt versehentlich ungeregelt gelassen, sondern lediglich bei der Errechnung des Kaufpreises und damit im Rahmen ihrer Kalkulation die Auswirkungen des UStG 1967 auf die Vertragsabwicklung nicht bedacht. An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten, denn sie gewährleistet die gebotene Sicherheit im Rechtsverkehr.

Die Auffassung des Berufungsgerichts, die Parteien hätten sich in der Folgezeit über eine Erhöhung des im notariellen Vertrag festgesetzten Kaufpreises geeinigt, ist mit allgemeinen Grundsätzen der Vertragsauslegung nicht vereinbar und berücksichtigt insbesondere nicht die konkreten Umstände des Falles: Der Kläger selbst sah sich im Jahre 1969 nicht als umsatzsteuerpflichtig an und bestritt noch im Jahre 1971 nach seiner Veranlagung zur Umsatzsteuer und im anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren seine Unternehmereigenschaft. Er hatte also, selbst wenn er ein Recht auf einen Netto-Erlös aus der Veräußerung des Bimsausbeuterechts zu haben glaubte, im Jahre 1969 keine Veranlassung, eine Erhöhung des im notariellen Akt auf ebendiesen Betrag bereits festgesetzten Kaufpreises zu fordern. Die Beklagte ihrerseits war, was keiner näheren Darlegung bedarf, nicht daran interessiert, mehr zu zahlen, als was sie nach dem notariellen Vertrag schuldete. Ihr Interesse 1969 bei Ausstellung der Ausgleichsquittung ging im Gegenteil dahin, ein Schriftstück zu erhalten, das die volle Erfüllung ihrer Pflichten aus dem notariellen Vertrag urkundlich belegte. Wenn die Beklagte bei dieser Gelegenheit eine Mehrwertsteuerrechnung erbat, die sie in der Folgezeit auch erhielt, so ging es aus der damaligen Sicht der Parteien einzig darum, der Beklagte eine zur Vorlage beim Finanzamt bestimmte Mehrwertsteuerbescheinigung zu verschaffen. Mag die Beklagte gehofft haben, wegen der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs für den Erwerb des Bimsausbeuterechts im wirtschaftlichen Ergebnis weniger als volle 600000 DM aufwenden zu müssen, so wurde dieses ihr damaliges Verhalten vom Kläger jedenfalls ohne Vorbehalt akzeptiert und nicht etwa als Bereitschaft der Beklagte zur Erhöhung des im notariellen Vertrag festgesetzten Kaufpreises verstanden. Dies ergibt sich auch daraus, dass der Kläger in den beiden folgenden Jahren die Beklagte nie zur Zahlung des Erhöhungsbetrags aufforderte. Dieses Ansinnen stellte er vielmehr erst ab 1971, als er seinerseits zur Umsatzsteuer herangezogen und als seine Unternehmereigenschaft im anschließenden finanzgerichtlichen Verfahren festgestellt wurde. Erst jetzt machte der Kläger geltend, man habe sich im Jahre 1969 auf eine Erhöhung des im notariellen Vertrag festgesetzten Kaufpreises nachträglich geeinigt. Eine solche Deutung der Vorgänge des Jahres 1969 ist indes mit den Vorstellungen und dem Verhalten beider Parteien im Jahre 1969 nicht in Einklang zu bringen.

Auch eine Anpassung des Vertrages nach § 242 BGB scheidet aus. Wenn nichts anderes vorliegt, als dass der Verkäufer bei der Berechnung des Kaufpreises wegen einer falschen Einschätzung seiner Umsatzsteuerpflicht sich verkalkuliert, besteht schon im Interesse der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit kein hinreichender Anlass, von dem Grundsatz abzugehen, dass der Kaufpreis aus der Sicht des Käufers der endgültig von ihm zu zahlende Betrag ist und zusätzliche Leistungen in Form einer Nachforderung für Mehrwertsteuer nicht verlangt werden können.