Miet- oder Pachtsache

Eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses außerhalb der Miet- oder Pachträume, aber im selben Gebäude vorhandene Gefahrenquelle, die sieh während der Pachtzeit auf diese Räume aus- wirkt, stellt einen Mangel der Miet- oder Pachtsache dar. Das gilt auch dann, wenn die Gefahr bei Vertragsabschluss noch nicht hervorgetreten und auch nicht erkennbar war.

Durch schriftlichen Pachtvertrag pachtete die Kläger von dem im Jahre 1967 verstorbenen Vater des Beklagten, den dieser beerbt hat, die Gastwirtschaft Gutsschänke H. nebst dazugehöriger Wohnung für die Zeit vom 1. 7. 1961 bis 30.6. 1971. Die Gastwirtschaft und Wohnung befanden sich in einem Gebäude, dessen Seitenflügel Stallungen enthielt, die nicht mit verpachtet waren.

In den frühen Morgenstunden des 21. 3. 1968 wurde das Gebäude durch einen Brand, der in der sogenannten Giftkammer der Stallungen ausgebrochen war, schwer beschädigt. Auch die Pachträume wurden von dem Brand betroffen, so dass die Kläger den Wirtschaftsbetrieb ein- stellte. Die Aufrechterhaltung eines Notdienstes in unversehrt gebliebenen Räumen lehnte sie ab. Der Beklagte ließ in der Folgezeit die Gutsschänke in veränderter Form wieder aufbauen und Hotelzimmer einrichten. Er verpachtete sodann den Betrieb an einen anderen Pächter, der eine erheblich höhere Pacht zahlt.

Ursache des Brandes war ein Kurzschluss in dem Stromkabel zwischen dem Hauptverteiler im Giebel des Hauses und einem Unterverteiler in der Giftkammer des Seitenflügels. Dieser Kurzschluss war darauf zurückzuführen, dass bei der Anlage der Leitung vor vielen Jahren, lange vor dem Beginn des Pachtvertrages, ein Montagefehler begangen worden war, der sich erst infolge einer mechanischen Beschädigung des Kabels oder durch Zersetzung oder Alterung des Isoliermaterials in diesem Zeitpunkt auswirkte.

Die Kläger hält den Beklagten zum Ersatz des Schadens für verpflichtet, den sie dadurch erlitten haben will, dass der Pachtvertrag vorzeitig beendet wurde.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen, das Berufungsgericht die Berufung. Die Rev. der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: 1. Das Berufungsgericht meint, der Kläger stünden Ansprüche auf Schadensersatz gegen den Beklagten nicht zu, weil dieser nicht verpflichtet gewesen sei, den Pachtvertrag nach dem Brand noch weiterhin zu erfüllen.

Wie die Rev. mit Recht geltend macht, kann diese Begründung die Abweisung der Klage nicht rechtfertigen.

2. Gemäß § 538 Abs. 1 i. V. in §§ 537, 581 BGB haftet der Verpächter, auch wenn ihn kein Verschulden trifft, dem Pächter auf Schadensersatz, falls die verpachtete Sache zur Zeit des Abschlusses des Pachtvertrages mit einem Fehler behaftet war, der ihre Tauglichkeit zu dem vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert, und der Schaden, den der Pächter er- leidet, ursächlich auf diesem Mangel beruht.

Hier waren allerdings die Pachträume selbst nicht mangelhaft, denn die unvorschriftsmäßig verlegte elektrische Leitung, durch die der Brand verursacht wurde, der die Pachträume beschädigte, befand sich in einem nicht an die Kläger verpachteten Teile des Gebäudes. Nach der früher herrschenden Meinung (Mittelatein, Die Miete, 4. Aufl. S. 307; Niendorff, Mietrecht, 10. Aufl. S. 141) löste ein Fehler, der zwar am Miethause, nicht aber an dem diesem Mieter vermieteten Teil des Banses bei Vertragsabschluss vorhanden war, nicht die Garantiehaftung des Vermieters oder Verpächters aus. Bereits das RO (JW 21, 334 Nr. 3 mit ablehnender Anmerkung von Partach) hatte indes eine Haftung des Verpächters aus seiner Garantiepflicht in einem Falle bejaht, in dem der Minderertrag eines verpachteten Landguts auf der bereits bei Vertragsschluss bestehenden, den Vertragsparteien jedoch unbekannten starken Versumpfung des Grundstücks beruhte, die auf den früher darunter betriebenen, inzwischen eingestellten Bergbau zurückzuführen war und erst später in Erscheinung trat. In der Begründung dieses Urteils heißt es wörtlich:

Ein Pachtgrundstück, das vermöge seiner räumlichen Beziehungen zu, gewissen Gefahrenquellen vom Pächter nur in der Befürchtung benutzt werden kann, dass durch die Verwirklichung der nicht fern liegenden Gefahr der Erfolg der Bewirtschaftung vereitelt oder verringert wird, entbehrt der Eigenschaften, auf welche der Verpächter im Interesse der ungestörten Ausübung seiner Vertragsrechte Anspruch hat und ist daher imSinne der §§ 537, 538 BGB mit einem Sachmangel behaftet, der seine Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch mindert oder aufhebt. Zur Begründung der Haftpflicht des Verpächters aus § 538 BGB genügt es, dass der Mangel zur Zeit des Vertragsschlusses vorlag, mag er sich auch erst später bemerklich gemacht und schädigend gewirkt haben.

Der erkennende Senat ist dieser Auslegung, die das .RG der Vorschrift des § 538 BGB gegeben hat, gefolgt. Er hat zwar in seinem Urteil vom 16. 1. 1963- VIII ZR 169/61 - NJW 63, 804 = Nr. 6 zu § 538 BGB - noch offen gelassen, ob jeder kleine Mangel außerhalb der eigentlichen Mieträume, von dem, eine Einwirkung auf die Räume ausgehen kann, als Fehler der Mietsache zu gelten hat. In seinem späteren Urteil vom 9. 12. 1970 - VIII ZR 149/69 - NJW 71, 424 = Nr. 47 zu § 535 BGB hat er indes ausgesprochen, dass ein ursprünglicher Mangel von in der Nähe eines Wasserlaufs gelegenen Mieträumen dann bejaht werden muss, wenn infolge von Aufschüttungen an dem Wasserlauf, die der Vermieter vor Abschluss des Vertrages vorgenommen hatte, bereits bei normalem Hochwasser, mit dem stets zu rechnen war, eine Überschwemmung der Mieträume eintrat. Mit Recht führt daher 111ezger in Soergel-Siebert, BGB, 10. Aufl., § 537 Nr. 5 und § 538 Nr. 4 unter Bezug auf die Rechtsprechung des RG aus, es sei nicht erforderlich, dass die Gefahrenquelle sich innerhalb der Mietsache befinden müsse, es genüge vielmehr, dass die Mietsache aufgrund ihrer räumlichen Beziehung zur Gefahrenquelle einer Gefahr ausgesetzt sei, bei deren Verwirklichung ihr ein Fehler anhaftet, der ihre Tauglichkeit zum vertragsmäßigen Gebrauch aufhebt oder mindert (ähnlich auch Hoffmann, NJW 67, 50 und Pergande, Wohnraummietrecht, § 537 Anm. 4).

Es ist auch anerkannt, dass ein Mangel der Miet- oder Pacht- Bache schon dann zu bejahen ist, wenn in dem maßgebenden Zeitpunkt bereits seine Ursachen gegeben sind, und dass es nicht darauf ankommt, ob der Mangel bereits hervorgetreten ist oder eine Schädigung verursacht hat (Roquette, Das Mietrecht des BGB, § 538 Nr. 7). Es ist mithin ohne rechtliche Bedeutung, ob der Mangel bei Vertragsschluss erkennbar war. Viel- mehr begründen auch geheime Mängel die Garantiehaftung des Vermieters (Pergande, aa0 § 538 Nr. 3).

3. Ist somit davon auszugehen, dass auch eine im Zeitpunkt des Vertragsschlusses außerhalb der Miet- oder Pachträume vorhandene Gefahrenquelle, die sich auf diese Räume auswirken kann, selbst wenn sie in diesem Zeitpunkt noch nicht her- vorgetreten und auch nicht erkennbar war, einen Mangel der Miet- oder Pachtsache i. S. der §§ 537, 538 BGB darstellt, so lässt sich hier eine Garantiehaftung des Beklagten aus den genannten Vorschriften nicht verneinen. Eine unvorschriftsmäßig verlegte elektrische Leitung, die geeignet ist, einen Kurzschluss zu verursachen und dadurch einen Brand herbeizuführen, stellt einen erheblichen Mangel des Gebäudes dar. Sie gefährdet nicht nur die Gebäudeteile, in denen die Leitung verlegt ist, sondern das ganze Haus. Die Beschädigung der Pachträume, die zur Einstellung des Betriebes der Kläger führte, war auf diesen Mangel zurückzuführen, der entgegen der Darstellung des RevErwiderung bereits zur Zeit des Abschlusses des Pachtvertrages vorhanden war. Entscheidende Ursache für das Entstehen des Brandes waren nämlich die Verwendung einer überlangen Maschinenschraube anstatt einer Klemmenschraube in einer Abzweigdose und das Fehlen eines Schutzleiters. Diese Mängel der Installation bestanden bereits vor Abschluss des Pachtvertrages. Der Beklagte muss daher für den der Kläger entstandenen Schaden aufkommen, und zwar auch insoweit, als es sich um Mangelfolgeschaden handelt (vgl. das zuletzt angeführte Urteil des erkennenden Senats). Das angef. Urteil erweist sich somit als unrichtig und muss aufgehoben werden, ohne dass es eines Eingehens auf die weiteren Angriffe der Rev. bedarf.