Mieter Sparkonto

Zur Rechtsnatur einer Vereinbarung über die Gestellung einer Mietkaution mit der Abrede, dass der Mieter bei einer Bank oder Sparkasse ein Sparkonto einrichtet und dieses mit einem Sperrvermerk zugunsten des Vermieters versehen lässt.

Zum Sachverhalt: Die Kläger macht Ansprüche aus einer Mietkautionsabrede geltend. Durch Vertrag vom 15. 6. 1978 vermietete sie an die Firma H., die spätere Gemeinschuldnerin, gewerbliche Räume. In einer ergänzenden Absprache verpflichtete sich die Mieterin, eine Kaution zu stellen. Hierzu erklärte sie in einem Nachsatz ihres Schreibens an die Kläger vom 19. 6. 1978: Eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten wird auf einem Festkonto zugunsten der Firma S. (Vermieterin) hinterlegt. Die entsprechende von der Firma H. vorgegebene Bank wird eine Bestätigung hierüber an die Firma S. abgeben. Die Mieterin richtete auf ihren Namen ein Sparkonto mit einem Guthaben von 6900 DM ein, das sie mit einem Sperrvermerk zugunsten der Kläger versehen ließ. Das Sparbuch wurde bei der Bank hinterlegt.

Durch Beschluss des AG vom 30. 6. 1981 wurde über das Vermögen des Kaufmanns R als Inhaber der Firma H. das Konkursverfahren eröffnet, in dem der Beklagte als Konkursverwalter tätig ist. Die Kläger, die aus dem Mietverhältnis rückständige Zahlungen in Höhe von insgesamt 14536,88 DM beansprucht und sich deswegen für aussonderungs- (hilfsweise: absonderungs-)berechtigt hält, hat den Beklagten mit Schreiben vom 3. 6. 1981 und 23. 10. 1981 vergeblich aufgefordert, in die Freigabe des Banksparbuches einzuwilligen.

Sie hat vor dem Landgericht Klage erhoben mit dem Antrag, den Beklagten zu verurteilen, darin einzuwilligen, dass das hinterlegte Sparbuch mit einem Guthaben von 6900 DM zuzüglich aufgelaufener Zinsen an sie herausgegeben wird.

Das Landgericht hat den Beklagten gemäß dem Klageantrag verurteilt. Das Oberlandesgericht hat unter teilweiser Abweisung der Klage das Urteil des Landgerichts abgeändert und ausgesprochen, die Klage sei dem Grunde nach gerechtfertigt, soweit die Kläger abgesonderte Befriedigung aus der Forderung der Gemeinschuldnerin gegen die Bank in Höhe von 6900 DM nebst Zinsen verlangt. Die Revision des Beklagten hatte Erfolg.

Aus den Gründen: 1. Der Angriff der Revision gegen die Auffassung des Oberlandesgerichts, die Kläger habe durch die Einrichtung des Kautionskontos ein Forderungspfandrecht erlangt, führt zur Aufhebung des Berufungsurteils, soweit zum Nachteil des Beklagten erkannt ist.

2. Das Berufungsgericht ist durch Auslegung zu der Auffassung gelangt, die Mietvertragsparteien hätten ein Forderungspfandrecht an der Sparguthabenforderung der Mieterin gegen die Bank bestellt. Mit Recht sieht die Revision den Ansatz der Erwägungen des Oberlandesgerichts, die einzige Rechtsform, welche für eine Mietkaution in Frage komme, sei das Pfandrecht, als fehlerhaft an. Das Berufungsgericht verkennt, dass Sicherheiten in unterschiedlicher Rechtsform geleistet werden können. Das ergibt sich aus § 232 BGB. Danach treten neben Sicherungen dinglicher Art solche mit nur schuldrechtlicher Wirkung. Auch im vorliegenden Fall sind mehrere Möglichkeiten denkbar. Welche davon hier zutrifft, ist durch Auslegung (§§ 157, 133 BGB) zu ermitteln. Da der Sachverhalt nicht so weit geklärt ist, dass dem erkennenden Senat die Entscheidung möglich wäre, welche Auslegung die richtige ist, musste sie dem Berufungsgericht überlassen werden.

a) Die Auslegung kann im Einzelfall ergeben, dass eine Kautionsvereinbarung mit der Abrede, dass der Mieter bei einer Bank oder Sparkasse ein Sparkonto einrichtet und dieses mit einem Sperrvermerk zugunsten des Vermieters versehen wird, die Bestellung eines Pfandrechts für den Vermieter an der Forderung des Mieters gegen die Bank oder Sparkasse enthält (vgl. Schopp, ZMR 1969, 1 [5]; Canaris, NJW 1973, 825 [829]; ders., in: Großkomm. HGB, Bd. 111/3 [2. Bearbeitung], 3. Aufl., Rdnr. 256). Entgegen der Auffassung der Revision spricht die Entscheidung des RG vom 8. 5. 1929 (RGZ 124, 217) nicht für die Richtigkeit ihrer Auffassung, die Abrede, das Kautionskonto zugunsten des Vermieters zu sperren, begründe kein Pfandrecht. Das RG hat in der genannten Entscheidung die Entstehung eines Pfandrechts deswegen verneint, weil in dem von ihm entschiedenen Fall die Sperrung des Sparbuches ein Vorgang war, der sich nur zwischen dem Gläubiger der Sparguthabenforderung und der Sparkasse abspielte und der deshalb kein Pfandrecht für die aus dem Sperrvermerk begünstigte Kläger zur Entstehung bringen konnte, weil ein Vertrag zugunsten eines Dritten grundsätzlich keine sachenrechtliche Wirkung hat. Im vorliegenden Fall dagegen hat die Vermieterin das Zustandekommen der Rechtsbeziehungen zwischen Bank und Mieterin durch Vereinbarung mit der Mieterin veranlasst, wie sich aus dem Schreiben der Mieterin vom 19. 6. 1978 ergibt.

Bei der Prüfung, ob in der Sicherungsabrede der Mietvertragspartei- en eine Pfandrechtsbestellung gesehen werden kann, wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, dass ein vertragliches Pfandrecht im allge- meinen den wirtschaftlichen Zwecken der Kautionsvereinbarung ent- spricht, weil der Vermieter die Geldforderung bei Pfandreife unmittel- bar einziehen kann, soweit dies zu seiner Befriedigung erforderlich ist (§ 1282 I 1 und 2 BGB). Auch dem Sicherungsbedürfnis des Vermieters für den Fall des Konkurses des Mieters wird bei Annahme eines Pfandrechtes Rechnung getragen, weil dann dem Vermieter im Konkurs des Mieters ein Absonderungsrecht an der Forderung zusteht (§ 48 KO). Auf der anderen Seite muss das Berufungsgericht aber bedenken, dass die Bestellung eines Pfandrechts im Interesse der Rechtsklarheit einer Vereinbarung bedarf, die eindeutig zum Ausdruck bringt, dass die Vertragsteile nicht nur eine schuldrechtliche Verpflichtung eingehen, sondern ein dingliches Recht begründen wollen. Möglicherweise ergibt die Auslegung hier allerdings, dass die Mietvertragsparteien, die beide Kaufleute sind, es als selbstverständlich angesehen haben, durch die Kautionsabrede und die Einrichtung des Sperrkontos ein Pfandrecht zu bestellen. Andererseits liegen im vorliegenden Fall aber auch Umstände vor, die gegen die Annahme einer Pfandrechtsbestellung sprechen. Unstreitig hatte die Vereins- und Westbank nämlich Formulare über die Verpfändung von Guthabenforderungen, die gleichzeitig als Verpfändungsanzeige dienten. Sollte dies den Mietvertragsparteien bekannt gewesen sein, lag es nahe, diese zu verwenden, wenn eine Pfandrechtsbestellung beabsichtigt war. Außerdem hat das Berufungsgericht zu berücksichtigen, dass die Vertragspartner anlässlich der Aufhebung des Mietverhältnisses eine Vereinbarung über die Auszahlung des Kautionsbetrages getroffen haben. Dies könnte dafür sprechen, dass ein Pfandrecht nicht vereinbart worden ist. Andernfalls wäre nämlich die Abrede im Hinblick auf die Vorschrift des § 1282 I 1 BGB überflüssig gewesen.

b) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass die Vereinbarung eines Pfandrechts nicht festgestellt werden kann, wird es zu prüfen haben, ob die Mieterin durch ihr Schreiben vom 19. 6. 1978 ihre künftige Sparguthabenforderung sicherungshalber an die Kläger abgetreten hat. Die Annahme einer Sicherungsabtretung würde dem wirtschaftlichen Interesse der Kläger Rechnung tragen, etwaige Ansprüche unmittelbar als Gläubigerin durch Verfügung über das Gutachten durchsetzen zu können. Für eine Sicherungsabtretung könnte der Umstand sprechen, dass die Kaution den Vermieter auch für den Fall des Konkurses des Mieters sicherstellen soll. Die Sicherungsabtretung gewährt nämlich ebenso wie das Pfandrecht ein Absonderungsrecht im Konkurs (Mentzel-Kuhn-Uhlenbruck, KO, 9. Aufl., § 48 Rdnr. 24).

c) Das Berufungsgericht hat ferner zu bedenken, dass eine Kautionsvereinbarung auch im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Sperrkontos nur schuldrechtlichen Charakter, etwa den Inhalt haben kann, durch die aufgrund des Sperrvermerks bestehende Verfügungsbeschränkung der Mieterin sicherzustellen, dass der Kautionsbetrag bei der Endabrechnung bereit liegt.

d) Sollte das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen, dass ein vertragliches Pfandrecht oder eine Sicherungsabtretung vorliegt, wird es zu prüfen haben, ob sich Pfandrecht oder Sicherungsabtretung auch auf die aufgelaufenen Guthabenzinsen erstrecken. Aus § 1289 BGB kann eine solche Rechtsfolge nicht hergeleitet werden, weil die Mithaftung der Zinsen nach dieser Bestimmung erst durch die Anzeige des Pfandrechtsgläubigers wirksam wird, von seinem Einziehungsrecht nach §§ 1281, 1282 BGB Gebrauch zu machen. Da Geld keine von Natur aus fruchtbringende Sache ist (vgl. § 1213 11 BGB), erstreckt sich das Pfandrecht auf die Zinsen daher nur dann, wenn die Vertragspartner ein Nutzungspfandrecht vereinbart haben (vgl. BGHZ 84, 345 [348] = LM vorstehend Nr. 77). Dagegen kann hier ebenso wie in BGHZ 84, 345, dahingestellt bleiben, ob die Mietkaution als unregelmäßiges Pfandrecht aufgefasst werden kann. Ein irreguläres Pfand- recht kann nämlich wegen der im Sachenrecht getroffenen abschließenden Regelung nicht als dingliches Recht eigener Art angesehen werden, so dass sich daraus ein Absonderungsrecht nach § 48 KO nicht ergeben würde.