Mietpreisbindung

Beim Kauf eines Hausgrundstücks ist der Mietertrag eine zusicherungsfähige Eigenschaft auch dann, wenn es der Mietpreisbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz unterliegt. Der Mietertrag kann jedoch keinen Sachmangel darstellen.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte verkaufte den Kläger durch notariellen Vertrag vom 19. 3. 1974 ein mit einem Miethaus bebautes Grundstück zum Preise von 305 000 DM. Die Wohnungen dieses im Jahre 1959 fertiggestellten Hauses unterliegen der Mietpreisbindung nach dem Wohnungsbindungsgesetz. Nach § 2 des Vertrages erfolgte der Verkauf im augenscheinlichen Zustand und ohne Gewähr für bestimmte Größe, Güte und Beschaffenheit sowie ohne Gewähr für das Nichtvorhandensein offener Mängel. Nach § 4 war den Kläger bekannt, dass es sich um einen öffentlich geförderten Bau handelte und der von den Mietern zu entrichtende Mietzins jeweils die Kostenmiete darstellte. Weiter heißt es in dieser Klausel: Die Verkäuferin erklärt, dass die Mieteinnahmen zur Zeit jährlich 25 809 DM betragen und die Betriebskosten bisher jährlich 3310 DM ausmachen, wie schon im Angebot der Firma W und L gesagt. Die Kläger haben Schadensersatz gemäß § 463 BGB in Höhe von 25 349,73 DM mit der Begründung verlangt, die jährlichen Mieteinnahmen hätten entgegen der vertraglichen Zusicherung nur 24 945,96 DM, die Betriebskosten hingegen 4249,38 DM betragen; außerdem sei in den zugesicherten Einnahmen ein unberechtigter Zinssatz von jährlich 312 DM für Mieterdarlehen enthalten gewesen.

Das Landgericht hat durch Teilurteil die Beklagte zur Zahlung von 19 609,27 DM verurteilt. Das Oberlandesgericht hat diesen Anspruch auf die Berufung der Beklagte abgewiesen. Die - zugelassene - Revision der Kläger führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: I. Das Berufungsgericht verneint den auf § 463 S. 1 BGB gestützten Schadensersatzanspruch. Es ist der Auffassung, die vertraglichen Erklärungen der Beklagte zur Höhe der damaligen Mieteinnahmen und Betriebskosten des Hausgrundstücks hätten sich nicht auf Eigenschaften im Sinne dieser Vorschrift bezogen, weil sich aus diesen Angaben bei einem der Mietpreisbindung unterliegenden und auf Kostenmieten beschränkten Haus nicht unmittelbar eine bestimmte Ertragsfähigkeit ergebe; der Reinertrag aus der Vermietung von Sozialwohnungen sei zudem so gering, dass er für einen Käufer keine Rolle spiele. - Dagegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

II. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, kann der Mietertrag eines Hausgrundstücks eine zusicherungsfähige Eigenschaft gemäß § 459 II BGB sein. Das entspricht allgemeiner Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum (vgl. Senat, WM 1965, 272; RGZ 134, 83 [86]; 132, 76 [78]; RG, Recht 1916 Nr. 216; Staudinger-Honsell, BGB, 12. Aufl., § 459 Rdnr. 53;. RGRK, 12. Aufl., § 459 Rdnrn. 23, 26). Voraussetzung ist, dass die Ertragsangabe Aufschluss über die Ertragsfähigkeit gibt; denn die Ertragsfähigkeit ist ein Umstand, der sich nach der Verkehrsanschauung auf die Wertschätzung eines Hausgrundstücks auswirkt und daher für den Käufer von besonderem Interesse ist. Das gilt entgegen der Meinung des Berufungsgerichts nicht nur für den Kauf eines freifinanzierten Mietshauses; die Ertragsfähigkeit kann auch beim Erwerb eines im sozialen Wohnungsbau errichteten und daher mietpreisgebundenen Hauses ein wertbildendes Merkmal und mithin eine Eigenschaft des Kaufobjekts sein (so der Fall in der genannten Senatsentscheidung, WM 165, 272). Der im Berufungsurteil hervorgehobene Umstand, dass sich bei einem öffentlich geförderten Haus der Mietzins nicht nach marktwirtschaftlichen Gesichtspunkten richtet, ändert nichts daran, dass auch ein solches Haus einen von der Ertragshöhe beeinflussten Marktpreis hat. Für den Käufer mag in diesem Falle, wie das Berufungsgericht annimmt, die Wertbeständigkeit der Kapitalanlage und die Aussicht auf eine nach Ende der Mietpreisbindung mögliche Mietzinserhöhung im Vordergrund seiner Überlegungen stehen. Die Frage, in welcher Höhe das ihm angebotene Hausgrundstück Mieterträge abwirft, ist hierbei jedoch nicht bedeutungslos. Da die gesetzliche Kostenmiete nicht bloß die tatsächlichen Ausgaben des Bauherrn erfasst, sondern zu einem bestimmten Anteil auch eine Verzinsung des von ihm bereitgestellten Eigenkapitals berücksichtigt ist auch bei der Vermietung von Sozialwohnungen eine gewisse - wenngleich begrenzte - Rendite gewährleistet. Diese Rendite des Bauherrn (und ursprünglichen Vermieters) ist nicht gleichzusetzen mit derjenigen, die dem Käufer zufließt; denn seine Gewinnerwartung hängt davon ab, was ihm von den Mieteinnahmen nach Abzug der Bewirtschaftungskosten im Verhältnis zu dem eingesetzten Kaufpreiskapital monatlich oder jährlich als Reinertrag verbleibt. Die vom Verkäufer angegebenen Mieteinkünfte und Betriebskosten sind daher für den Käufer wesentliche Faktoren zur Ermittlung seiner voraussichtlichen Rendite. Deren Höhe aber ist für den Kaufentschluss, zumal wenn der Käufer unter mehreren Häusern zu wählen hat, in der Regel mitbestimmend und oft ausschlaggebend. Selbst eine geringfügige Rendite - hier vom Berufungsgericht ohne Berücksichtigung der vertraglich angegebenen Mieteinnahmen und Betriebskosten mit 1,3% des Kaufpreiskapitals errechnet - kann ins Gewicht fallen, da es jedenfalls einen erheblichen Unterschied macht, ob der Käufer aus den Mieten überhaupt einen Gewinn zu erwirtschaften oder ob er ohne jede Rendite bleibt und vielleicht sogar einen Verlust hinnehmen muss.

Als Eigenschaft des Hausgrundstücks sind die angegebenen Mieteinnahmen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch dann anzusehen, wenn daraus nicht unmittelbar, sondern erst bei Einbeziehung weiterer Faktoren die Höhe des Reinertrages zu entnehmen ist. Maßgebend ist allein, dass dem Käufer Mieteinkünfte in bestimmter Höhe zugesichert werden; denn auf dieser Grundlage kann er sich eine Vorstellung machen, ob aus dem Objekt - in welchem Umfang auch immer - ein Gewinn zu erzielen ist. Insoweit besteht kein Unterschied zwischen einem freifinanzierten und einem öffentlich geförderten Mietshaus. In dem einen wie dem anderen Falle stellt der Mietzins lediglich den Bruttoertrag dar, aus dem sich jeweils erst nach Abzug aller anfallenden Kosten der Nettoertrag errechnen lässt. Dass im sozialen Wohnungsbau die Mieten nach einer gesetzlich vorgeschriebenen Wirtschaftlichkeitsberechnung bemessen sind, betrifft nur die Art und Höhe der Mietpreisbildung. Auch ohne Kenntnis dieser Wirtschaftlichkeitsberechnung ist der Käufer in der Lage, aus den ihm angegebenen Mieteinnahmen seine Rendite abzuschätzen, zumal wenn ihm - wie hier - auch noch die laufenden Betriebskosten genannt worden sind. Wie er die in die Mieten eingehenden Kostenfaktoren ermittelt und ob er sie im Einzelnen richtig einschätzt, ist dabei nicht von Belang. Er vermag jedenfalls von sich aus zu kalkulieren, welche Belastungen ihm - über die angegebenen Betriebskosten hinaus - erwachsen und was dann von dem Bruttoertrag voraussichtlich als Rendite übrigbleiben wird. Die Höhe der Mieteinnahmen ist daher auch für den Käufer eines mietpreisgebundenen Hauses der Maßstab, an dem er seine Gewinnerwartung ausrichtet.

Soweit das Berufungsgericht meint, sich für seine gegenteilige Ansicht auf eine Rechtsprechung des BGH stützen zu können (vgl. die im Berufungsurteil angeführten Urteile des I. Zivilsenats, NJW 1977, 1538; WM 1974, 51; NJW 1970, 653 = LM § 276 [Fb] BGB Nr. 5), ist verkannt, dass sich diese Entscheidungen auf Umsatz-, Bilanz- und Ertragsangaben beim Unternehmenskauf beziehen. Wenn im Rahmen eines solchen Kaufes den Ertragsangaben des Verkäufers nicht ohne weiteres ein Aussagewert über die künftige Ertragsfähigkeit beigemessen wird, so beruht das auf der Erwägung, dass die Entwicklung eines Wirtschaftsunternehmens untrennbar mit der Person des Inhabers, mit seinem Arbeitseinsatz und seinem Ansehen, also mit objektiv unwägbaren Umständen, verbunden ist (vgl. auch BGHZ 69, 53 = LM § 276 [Fc] BGB Nr. 5 = NJW 1977, 1536). Damit sind jedoch die Ertragsverhältnisse eines Hausgrundstücks in der Regel nicht vergleichbar. Hier sind die für den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses angegebenen Mieteinnahmen, gerade auch im Anwendungsbereich des Wohnungsbindungsgesetzes, ein sicherer Wertmesser für die künftige Ertragsfähigkeit, da sich der einmal festgesetzte Mietzins nur noch in dem Maße verändern kann, wie sich die auf die Mieter umlegungsfähigen Bewirtschaftungskosten ändern. Wird deshalb vom Verkäufer des mit einem Mietshaus bebauten Grundstücks der nach der Kostenmiete bemessene Mietertrag angegeben, so kann darin die Zusicherung einer Eigenschaft gemäß § 459 II BGB auch dann liegen, wenn der Käufer den künftigen Reinertrag erst anhand der die Mietzinshöhe bestimmenden Berechnungsfaktoren ermitteln kann.

III. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht erörtert, ob die Erklärungen der Beklagte in § 4 des Kaufvertrages als eine verbindliche Zusicherung der bezeichneten Mieteinkünfte und (damaligen) Betriebskosten zu verstehen waren und ob gegebenenfalls die Zusicherung falsch war. Diese Prüfung muss der Tatrichter nachholen. Sollte sich hiernach ergeben, dass dem Hausgrundstück eine zugesicherte Eigenschaft fehlt, so würde bei der dann gebotenen Prüfung der Tragweite des vereinbarten Gewährleistungsausschlusses (§ 2 des Vertrages) die Rechtsprechung zu berücksichtigen sein, die sich mit der Auswirkung von Freizeichnungsklauseln auf zugesicherte Eigenschaften befasst (vgl. etwa BGHZ 50, 200 = LM § 463 BGB Nr. 14 = NJW 1968, 1622; BGHZ 57, 292 = LM FuttermittelG Nr. 1 = NJW 1972, 251). Falls das Berufungsgericht zu dem Ergebnis kommen sollte, dass die Mieteinnahmen und Betriebskosten nicht als Eigenschaften des Grundstücks zugesichert waren, so würde sich die Frage stellen, ob insoweit ein zur Minderung berechtigender Sachmangel nach § 459I BGB vorlag. Das ist zu verneinen. Der Ertrag eines Grundstücks beeinflusst zwar dessen Wertschätzung, so dass er sich als Eigenschaft i. S. des § 459 II BGB darstellen kann; er ist aber nicht ein Mangel, der seine Ursache in der Beschaffenheit des Grundstücks oder in den davon ausgehenden rechtlichen und tatsächlichen Beziehungen zur Umwelt hat. In welcher Höhe Erträge erzielt werden, ergibt sich nicht aus dem Hausgrundstück als solchem. Maßgebend dafür sind die besonderen Verhältnisse, die im Einzelfall mit der Vermietung verknüpft sind. Es handelt sich daher um einen Umstand, der erst durch entsprechende vertragliche Zusicherung Bedeutung erlangt (vgl. RGZ 67, 86 [87]; Staudinger-Honsell, § 459 Rdnr. 37).