Mietpreisüberhöhung

Liegt eine Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG vor, so ist die Vereinbarung insoweit nichtig, als der Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete mehr als nur unwesentlich übersteigt.

Anmerkung: Den in der Literatur und der Rechtsprechung der Instanzgerichte ungewöhnlich aufgebauschten Streit über die zivilrechtliche Auswirkung einer Mietpreisüberhöhung i. S. des § 5 WiStG hat der BGH durch Rechtsentscheid vom 11. 1. 1984 beendet und ausgesprochen, dass bei Vorliegen einer Mietpreisüberhöhung nach § 5 WiStG die Vereinbarung insoweit nichtig ist, als der Mietzins die ortsübliche Vergleichsmiete mehr als nur unwesentlich übersteigt.

Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas anderes ergibt. Bei § 5 WiStG handelt es sich um ein gesetzliches Verbot i. S. von § 134 BGB, denn die Vorschrift bedroht das Fordern, Sichversprechenlassen oder die Annahme unangemessen hoher Entgelte für die Vermietung von Räumen zum Wohnen oder damit verbundener Nebenleistungen als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße, § 5 II WiStG. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung führt nicht zur Nichtigkeit des gesamten Mietvertrages, sondern in Anwendung von § 134 Halbs. 2 BGB nur zur Teilnichtigkeit der Mietzinsabrede. Das entspricht der nahezu einhelligen Auffassung sowohl in der Rechtsprechung zu § 5 WiStG und anderen Preisvorschriften, als auch im Schrifttum, das in dem Rechtsentscheid weitgehend zitiert ist. Entscheidend ist, dass § 5 WiStG als Mieterschutzvorschrift lediglich die Vereinbarung überhöhter Mieten unterbinden soll. Dieser Schutz würde in sein Gegenteil verkehrt, wenn über den unzulässigen Teil der Mietpreisabrede hinaus der Mietvertrag insgesamt vernichtet würde. Das gilt um so mehr, als § 5 I WiStG bereits tatbestandlich ein geringes Angebot an vergleichbaren Räumen voraussetzt, was dem Mieter eine Berufung auf die Vorschrift praktisch verwehrt, wenn er andernfalls damit rechnen muss, zugleich den Anspruch auf Überlassung der Wohnung zu verlieren.

Der Streit konzentrierte sich bis zum Erlass des Rechtsentscheids vom 11. 1. 1984 auf die Frage, bis zu welcher Grenze die Reduzierung des überhöhten Mietzinses vorzunehmen ist. Dem Rechtsentscheid des VIII. Zivilsenats liegen folgende Erwägungen zugrunde:

Die Teilnichtigkeit kann nicht weiter reichen als die tatbestandliche Erfüllung des Verbotsgesetzes. Was das Gesetz nicht verbietet, ist rechtmäßig und kann daher nicht der Nichtigkeitsfolge nach § 134 BGB anheimfallen. Bereits aus rechtssystematischen Gründen kann die Nichtigkeitsgrenze in Fällen der vorliegenden Art nicht über die so genannte Wesentlichkeitsgrenze in § 5 WiStG hinaus ausgedehnt werden. Eine weitergehende Auslegung der Vorschrift liefe auf die Annahme hinaus, die Vorschrift erstrebe stets eine an der ortsüblichen Vergleichsmiete ausgerichtete Preisvereinbarung, wie sie in § 2 MHG für Mieterhöhungen bei bestehenden Mietverträgen über nicht preisgebundenen Wohnraum vorgesehen ist. Das kann jedoch weder dem Gesetzeswortlaut noch den Gesetzesmaterialien entnommen werden. Der Gesetzeswortlaut knüpft die Rechtswidrigkeit des Verhaltens des Vermieters an das Fordern, Sichversprechenlassen oder die Annahme eines unangemessen hohen Entgelts. Nach der ausdrücklichen Begriffsbestimmung in § 5 I 2 WiStG sind Entgelte nur dann als unangemessen hoch anzusehen, wenn sie infolge der Ausnutzung eines geringen Angebots an vergleichbaren Räumen die für derartige Räume vereinbarten üblichen Entgelte nicht nur unwesentlich übersteigen. Damit bezieht das Gesetz den Begriff der üblichen Entgelte zwar in die Definition der Unangemessenheit ein, lässt ihn jedoch nicht zum Maßstab werden. Die Grenze der Unangemessenheit ist erst bei einer Überhöhung der ansonsten üblichen Entgelte erreicht. Wie die nicht unwesentliche Steigerung letztlich zu berechnen und in welcher Weise die Angemessenheitsschwelle zu bestimmen ist, ist nicht Gegenstand des Rechtsentscheidsverfahrens gewesen und bedurfte daher keiner Klärung. Solange diese Grenze nicht überschritten ist, darf der Vermieter jedenfalls ein Entgelt für die Raumüberlassung mit dem Mieter auch über die Vergleichsmiete hinaus ohne Gesetzesverletzung frei vereinbaren. Dies gilt für neu abgeschlossene Mietverträge nicht anders als für bestehende Mietverträge über nicht preisgebundenen Wohnraum. Auch bei letzteren ist - vorbehaltlich der durch das Gesetz zur Erhöhung des Angebots an Mietwohnungen vom 20. 12. 1982 neu eingefügten gegenständlichen Einschränkungen - bis zu der hier in Rede stehenden Angemessenheitsgrenze eine einverständliche Mieterhöhung über die ortsübliche Vergleichsmiete hinaus zulässig. Auch dies lässt deutlich werden, dass der Gesetzgeber einen Einriff in die privatautonome Gestaltung der Rechtsbeziehung von Mietvertragsparteien in allen Fällen erst dann für geboten hält, wenn die Angemessenheitsschwelle überschritten und der Mieter als in der Regel schwächere Vertragspartei unangemessen benachteiligt würde. Die Gesetzesmaterialien bestätigen diese Wertung, wie der VIII. Zivilsenat in dem Rechtsentscheid im einzelnen dargestellt hat.

Der Sinn des Gesetzes spricht daher gegen die Reduzierung einer überhöhten Miete über die im Gesetzeswortlaut definierte Angemessenheitsschwelle hinaus auf die ortsübliche Vergleichsmiete. Die Befürchtung, dem Vermieter werde die Möglichkeit eröffnet, ein überhöhtes Entgelt zu verlangen, um sich auf diese Weise jedenfalls die maximal zulässige Miete zu sichern, hat der BGH für unbegründet erachtet. Der vorsätzlich oder leichtfertig in dieser Weise verfahrende Vermieter könnte dieses Ziel nur unter Verstoß gegen die bußgeldbewehrte Vorschrift des § 5 I WiStG erreichen. Das damit verbundene Risiko lediglich als Misslichkeit anzusehen bereits im Bußgeldverfahren rechnen muss. Der BGH hat sich zu der Auffassung bekannt, dass § 134 BGB die Nichtigkeit nicht als Strafe statuiert, sondern lediglich den mit der Rechtsordnung unverträglichen Absprachen die Rechtsgültigkeit versagt. Der Schutz des Mieters wird hinreichend dadurch gewahrt, dass das von ihm zu entrichtende Entgelt auf den Betrag reduziert wird, den der Vermieter zulässigerweise von ihm hätte fordern können und auf den der Mieter sich nach Lage der Dinge auch eingelassen hätte, wie der Abschluss auf noch höherem Niveau beweist. Dem steht nicht der betonte Grundsatz entgegen, wonach die Rechtsfolgen des § 134 BGB sich am Gebot der sichersten Zweckerreichung des Verbotsgesetzes zu orientieren hätten. Denn der Zweck des § 5 I WiStG ist bereits erreicht, wenn das Entgelt auf die in der Vorschrift definierte Angemessenheitsschwelle reduziert wird. Mit der zitierten Entscheidung des II. Zivilsenats vom 21. 3. 1977 - II ZR 96/75 steht die Auffassung des VIII. Zivilsenats schon deshalb nicht in Widerspruch, weil es in jenem Falle um die - im Ergebnis abgelehnte - Umdeutung eines wegen Sittenwidrigkeit nichtigen Vertrages ging, nicht aber, wie in dem jetzt getroffenen Rechtsentscheid, um die Rechtsfolgen der Teilnichtigkeit wegen Gesetzesverstoßes.