Mietzahlung

Das Berufsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Erklärungen, die die Beklagten durch ihren Bevollmächtigten R bei den Übergabeverhandlungen gegenüber den Kläger abgegeben hat, die Ankündigung eines künftigen Übels und somit eine Drohung i. S. des § 123 BGB darstellen. Mit der Äußerung des R, das Haus könne nur nach Unterzeichnung der in dem Protokoll enthaltenen Verzichts- und Anerkenntniserklärung übergeben werden, hat die Beklagten den Kläger einen Nachteil in Aussicht gestellt und sie in eine Zwangslage gebracht. Rechtsfehlerfrei stellt das Berufsgericht fest, dass die Kläger, wollten sie auf ihre Rechte aus dem Zahlungsvorbehalt nicht verzichten, nur die Alternative erneuter Verzögerung der Hausübergabe und weiterer Aufwendungen durch Mietzahlungen und Rechtsverfolgungskosten hatten. Die Ausführungen der Revision, das Verhalten der Beklagten könne nicht als Drohung beurteilt werden, vermögen demgegenüber nicht zu überzeugen.

So kann das Vorgehen der Beklagten bei den Übergabeverhandlungen nicht als bloßer nochmaliger Versuch angesehen werden, sich mit den Kläger vor der Übergabe endgültig zu einigen. Das scheitert schon daran, dass R zur Abgabe von Erklärungen nicht ermächtigt war und insbesondere keine Vollmacht hatte, einzelne Teile des Übergabeprotokolls zu ändern oder zu streichen. Mit einem solchen, über die Einzelheiten der Angelegenheit nicht informierten Vertreter kann - nach mehreren erfolglos verlaufenen Besprechungen zwischen den Kläger und dem Geschäftsführer der Beklagten - eine nochmalige Einigung nicht versucht werden.

Das Verhalten der Beklagten am 15. 5. 1979 kann auch nicht - wie die Revision meint - dahin gewertet werden, dass sie sich nur eine günstige Ausgangsposition für etwaige Vergleichsverhandlungen habe schaffen wollen. Selbst wenn die Beklagten nicht ernstlich mit der sofortigen Unterzeichnung des Protokolls durch die Kläger gerechnet haben sollte, verliert ihre Erklärung nicht den Inhalt einer Drohung. Maßgebend für die Ernsthaftigkeit einer Drohung ist nicht die Meinung des Drohenden, sondern die Sicht des Bedrohten. Vom Standpunkt der Kläger gesehen war das Verhalten der Beklagten das ernst gemeinte Inaussichtstellen eines Nachteils. Der Geschäftsführer der Beklagten hatte die Kläger in einem am 4. 4. 1979 geführten Telefongespräch darauf hingewiesen, dass die Beklagten das Haus nur nach Bezahlung der Endabrechnung ohne Vorbehalt und ohne Abzug übergeben werde. Mit Schreiben vom 3. 5. 1979 teilten die Beklagten den Kläger mit, dass der Übergabetermin bestimmt werden kann, wenn alle offenen Rechnungen bezahlt sind. Bei dieser Sachlage mussten die Kläger am 15. 5. 1979 davon ausgehen, dass die Beklagten ihre Ankündigung wahr machen und das Haus - wie von R eindeutig erklärt - nur nach Unterzeichnung der in dem Protokoll enthaltenen Verzichts- und Anerkenntniserklärungen übergeben werde. Zutreffend legt das Berufsgericht insoweit die subjektive Einschätzung der Kläger zugrunde.

Für die Kläger wurde die Zwangslage auch nicht dadurch beendet, dass R ihnen anheim gestellt hat, sich wegen Änderungen des Protokolls an den Geschäftsführer der Beklagten zu wenden, der zu einer nochmaligen persönlichen Erörterung der Angelegenheit bereit sei. Rechtsfehlerfrei nimmt das Berufsgericht dazu an, dass für die Kläger auch erneute unmittelbare Verhandlungen mit dem Geschäftsführer der Beklagten zwecklos erscheinen mussten. Mit Recht verweist es in diesem Zusammenhang auf das vorangegangene Verhalten des Geschäftsführers. Gerade aufgrund des mit dem Geschäftsführer am 4. 4. 1979 geführten

Telefongespräche sowie des Schreibens der Beklagten vom 3. 5. 1979 und des von R mitgebrachten, von der Beklagten vorformulierten Protokolls mussten die Kläger annehmen, dass die Beklagten - wie mehrmals vorher angekündigt - das Haus ohne vorbehaltlose Zahlung sämtlicher Rechnungen nicht übergeben werde. Etwaige Erklärungen des mit der Sache nicht weiter befassten Vertreters R konnten somit an der für die Zwangslage maßgebenden Bewertung der Sach- und Rechtslage durch die Kläger nichts ändern.

Die für die Kläger entstandene Zwangslage wurde auch nicht dadurch beseitigt, dass die Kläger bei den Übergabeverhandlungen ihren Rechtsanwalt zugezogen hatten. Da R zu Änderungen des Protokolls nicht bevollmächtigt war und die Beklagten sich bereits vorher unnachgiebig gezeigt hatte, durfte auch der Anwalt der Kläger weitere Vergleichsverhandlungen für aussichtslos halten.

Dem Berufsgericht ist ferner darin zuzustimmen, dass die Drohung der Beklagten wegen des unangemessenen Verhältnisses zwischen Druckmittel und Zweck widerrechtlich war.

Nach der im wesentlichen vom RG übernommenen Rechtsprechung des BGH ist eine Drohung widerrechtlich, wenn Mittel und Zweck zwar für sich allein betrachtet nicht widerrechtlich sind, ihre Verbindung aber - die Benutzung dieses Mittels zu diesem Zweck - gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden oder gegen Treu und Glauben verstößt. Dabei bedarf es einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter besonderer Berücksichtigung der Belange der Beteiligten. Insbesondere ist zu prüfen, ob der Drohende an der Erreichung des von ihm erstrebten Erfolgs ein berechtigtes Interesse hat und ob die Drohung ein angemessenes Mittel darstellt.

Ausgehend von diesen Grundsätzen nimmt das Berufsgericht ohne Rechtsirrtum eine widerrechtliche Drohung durch die Beklagten an. Die Beklagten hatte kein berechtigtes Interesse, die Übergabe des Hauses von der Anerkennung einer Schuld und dem Verzicht auf jeglichen Vorbehalt durch die Kläger abhängig zu machen; ihr Vorgehen kann nicht als angemessenes Mittel zur Durchsetzung ihr zustehender Rechte angesehen werden.

Zwar konnte die Beklagten nach der in Nummer XI des Vertrages getroffenen Regelung die Übergabe des Hauses davon abhängig machen, dass die Kläger alle von ihnen zu tragenen Kosten bezahlt hatten. Da die Kläger aber vor der Übergabe die von der Beklagten geforderten Sonderzahlungen geleistet hatten, kann sich die Beklagten nicht auf die in Nummer IX enthaltene Vereinbarung berufen. Die Zahlung der Kläger unter Vorbehalt stellt eine ordnungsgemäße Erfüllung dar, denn die Kläger wollten sich mit dem Vorbehalt lediglich die Möglichkeit offenhalten, das Geleistete wieder zurückzufordern. In Nummer IX des Vertrages ist nicht geregelt, dass die Zahlungen der Kläger ohne Vorbehalt erfolgen müssen. Die in Nummer VII 4 getroffene Vereinbarung, wonach die Käufer nur bei auflagenfreien Zahlungen von ihren Zahlungsverpflichtungen befreit würden, betrifft ausdrücklich nur die Zahlungen auf die Kaufpreisraten, nicht aber die hier allein maßgeblichen Zahlungen für sonstige Kosten. Auf den mit dem Kläger abgeschlossenen Vertrag kann sich die Beklagten somit nicht berufen.

Die Kläger waren berechtigt, den von der Beklagten geforderten Betrag unter Vorbehalt zu leisten. Nach Nummer VII 1, 2 des Vertrages sind in dem Kaufpreis alle für das Bauvorhaben anfallenden Erschließungskosten enthalten. Sonstige von den Käufern zu tragenden Kosten im Sinne der Nummer IX sind nach der vertraglichen Regelung lediglich Kosten für nach dem 28. 5. 1976 beschlossene Erschließungsmaßnahmen, durch behördliche Auflagen bei der Bauausführung entstandene Mehrkosten sowie Mehrkosten aufgrund von Sonderwünschen. Da die Beklagten mit ihren Rechnungen Kosten geltend gemacht hat, die aus der Sicht der Kläger nach der vertraglichen Regelung nicht ohne weiteres von ihnen zu tragen waren, konnten die Kläger eine Anerkennung der Schuld ablehnen und sich die Rückforderung vorbehalten.

Die Beklagte kann sich demgegenüber nicht darauf berufen, sie habe vor der Übergabe die geldliche Seite des Rechtsgeschäfts bereinigen wollen. Ihr berechtigtes Interesse, vor der Übergabe alle ihr zustehenden Ansprüche befriedigt zu sehen, geht nicht so weit, von den Kläger einen Verzicht auf den erklärten Vorbehalt fordern zu dürfen. Als Gläubigerin hatte die Beklagten nur ein Recht auf Leistung, nicht aber auf Anerkennung des Bestehens einer Forderung. Das Verhalten der Beklagten war daher unangemessen.

Nach Würdigung aller Umstände und unter Berücksichtigung der Belange beider Parteien verstieß es somit gegen Treu und Glauben, wenn die Beklagten die Übergabe des Hauses davon abhängig machte, dass die Kläger alle bisherigen Rechnungen und Zahlungsanforderungen als berechtigt anerkannten. Die Ausführungen des Berufsgerichts, das nach Abwägung der beiderseitigen Interessen zu diesem Ergebnis kommt, sind daher nicht zu beanstanden.

Der Geschäftsführer der Beklagten durfte sein Vorgehen bei der Übergabeverhandlung auch nicht für rechtmäßig halten. Bei der Formulierung des Protokolls ist er nicht von unrichtigen Tatsachen ausgegangen; aufgrund der vorangegangenen Verhandlungen mit den Kläger war ihm vielmehr deren Standpunkt und Begründung für die Zahlung unter Vorbehalt bekannt. Selbst wenn er - mit Rücksicht auf ein früheres landgerichtliches Urteil - aus den richtig erkannten Tatsachen eine falsche rechtliche Schlussfolgerung gezogen haben sollte, bleibt die Drohung widerrechtlich. Es kann deshalb letztlich dahin gestellt bleiben, wie der Geschäftsführer der Beklagten die Rechtslage beurteilt hat. Dass er den Sachverhalt auch rechtlich zutreffend bewertet hat, ergibt sich im übrigen - worauf das Berufsgericht mit Recht hinweist - aus dem Schlusssatz des Protokolls, in dem die Kläger ausdrücklich erklären mussten, sie seien zur Unterzeichnung dieses Protokolls nicht durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt und veranlasst worden.