Minderjährig - Kraftfahrzeug

Ist der gesetzliche Vertreter damit einverstanden, dass der Minderjährige einen Führerschein erwirbt und im Besitz behält, so liegt darin in der Regel noch nicht seine allgemeine Zustimmung dazu, dass der Minderjährige Kraftfahrzeuge mietet.

Hat der über 18 Jahre alte Minderjährige das ihm überlassene Kraftfahrzeug schuldhaft beschädigt, so muss er dem Vermieter Ersatz leisten, auch wenn der Mietvertrag zustimmungslos und daher unwirksam war. Zur Frage, ob diesem Schadensersatzanspruch ein Gegenanspruch des Minderjährigen wegen Verschuldens bei Vertragsanbahnung gegenübersteht.

Am 15. 2. 1969 mietete der damals 19 Jahre alte Beklagte, von Beruf Kfz-Handwerker, bei der Klägerin einen vorbestellten VW. Er besaß den Führerschein der Klasse 3 seit dem 3. 1. 1969. Nach dem Inhalt des Mietvertrages war der Abschluss einer, Schadensversicherung für das Fahrzeug nicht vorgesehen. Am 17. 2. 1969 verursachte der Beklagte bei Dunkelheit einen Verkehrsunfall. Er war bei Schneeglätte ins Schleudern geraten und hatte zwei entgegenkommende Fahrzeuge auf der linken Fahrbahn gerammt. Dabei wurde das Fahrzeug der Kläger stark beschädigt. Sie hat den Beklagte auf Ersatz des Schadens in Anspruch genommen, der ihr infolge der Beschädigung des Wagens entstanden ist und behauptet, der Beklagte habe den Unfall schuldhaft verursacht. Der Beklagte hat bestritten, dass ihn ein Verschulden an dem Unfall treffe und geltend gemacht, eine Haftung sei wegen seiner Minderjährigkeit nicht gegeben, zumindest treffe die Kläger ein Mitverschulden.

LG und Oberlandesgericht haben den Beklagten antragsgemäß verurteilt. Die zugelassene Rev. des Beklagten führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht bejaht ein Verschulden des Beklagten an dem Unfall nach den Regeln des Anscheinsbeweises. Es meint, die daraus folgende Haftung nach §§ 823, 828 BGB sei auch gegenüber der Kläger begründet, obwohl der Mietvertrag mangels Einverständnisses des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen unwirksam gewesen sei. Die unterschiedliche Regelung der Haftung des Minderjährigen nach dem Recht der unerlaubten Handlung und nach Vertragsrecht führte auch dann, wenn das Fahrzeug dem Minderjährigen zum Gebrauch überlassen ist, nicht dazu, die Geltendmachung an sich berechtigter Ansprüche aus unerlaubter Handlung wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben abzuschneiden.

Ansprüche aus Mietvertrag zieht das Berufsgericht nicht, in Betracht. Dem stehen die Vorschriften des Allgemeinen Teils des BGB, die Minderjährige schützen sollen, entgegen.

Die Voraussetzungen eines genehmigungsfreien Rechtsgeschäfts sind von der Klägerin nicht dargetan.

Zu Recht sieht das Berufsgericht keine Generalerlaubnis des gesetzlichen Vertreters des Beklagten zur Anmietung von Kfz darin, dass er mit dem Erwerb und weiteren Besitz des Führerscheins einverstanden war. Zwar ist der Erwerb eines Führerscheins im Allgemeinen nur dann sinnvoll, wenn der Minderjährige von der Fahrerlaubnis auch Gebrauch macht und sich durch ständige Übung die im Straßenverkehr erforderlichen Fähigkeiten verschafft. Daraus kann jedoch nicht gefolgert werden, dass der gesetzliche Vertreter mit jeder Anmietung oder unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung eines Kfz an den Minderjährigen einverstanden ist. Gerade die Anmietung eines gebrauchten Kfz, dessen Typ dem Minderjährigen oft nicht geläufig, dessen Eigenheiten ihm nicht vertraut sind und das ständig von Personen mit verschiedener Sorgfalt benutzt wird, stellt eine besondere Gefahrenquelle dar. Es kann durchaus dem Willen des auf das Wohl des Minderjährigen pflichtgemäß bedachten gesetzlichen Vertreters entsprechen, nur mit einem beschränkten Gebrauch des Führerscheins einverstanden zu sein, so etwa durch Einübung im Wagen des gesetzlichen Vertreters oder in einem bestimmten, von ihm ausgesuchten oder genehmigten Fahrzeugtyp. Ferner wird ein pflichtbewusster gesetzlicher Vertreter die Erteilung der Einwilligung für den Fall schuldhafter Beschädigung des Fahrzeugs auch von der Absicherung dieses finanziellen Risikos abhängig machen wollen. Der Senat sieht daher entgegen dem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm in der Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zum Erwerb oder Gebrauch des Führerscheins keine allgemeine Erlaubnis zur Anmietung von Kfz.

Wie der Zusammenhang der Ausführungen des BerUrt. erkennen lasst, geht das Berufsgericht auch im übrigen davon aus, dass eine ausdrückliche oder stillschweigende Zustimmung des gesetzlichen Vertreters des Beklagte zu dem hier in Betracht kommenden Mietvertrag nicht feststellbar ist. Die Rev. greift dies als ihr günstig nicht an.

Im Zusammenhang mit der Haftung aus unerlaubter Handlung bejaht das Berufsgericht fehlerfrei einen Verstoß des Beklagten gegen die Pflichten eines ordentlichen Kraftfahrers. Jeder Kraftfahrer, erst recht ein Minderjähriger, der nicht über die erforderliche Fahrpraxis zur Führung eines Kfz bei Schneeglätte oder Glatteis verfügt, muss seine Fahrweise dieser mangelnden Erfahrung anpassen und besonders vorsichtig fahren. Da der Beklagte nach den Feststellungen des Berufsgericht von der Schneeglätte auf der Fahrbahn Kenntnis hatte, musste er auch darauf gefasst sein, dass - wie die Rev. behauptet - die schneefreie Spur plötzlich aufhörte.

Die Rev. ist der Ansicht, gegenüber einem Minderjährigen, der erst einen Monat im Besitz des Führerscheins der Klasse 3 sei, also noch nicht über eine ausreichende Fahrpraxis verfügt habe, um alle mit ungünstiger Witterung zusammenhängenden Gefahrenquellen richtig einschätzen zu können, müsse ein anderer Maßstab an die Voraussetzungen der Fahrlässigkeit angelegt werden. Diese Ansicht der Rev. ist unzutreffend. Für einen Minderjährigen, dem öffentlich-rechtlich die Befugnis zur Führung von Kfz zuerkannt ist, kann nach den Grundsätzen des objektiven Fahrlässigkeitsbegriffs im Zivilrecht kein anderer Maßstab anerkannt werden.