Minderjährig

Schließt der Minderjährige einen Vertrag ohne die erforderliche Einwilligung des gesetzlichen Vertreters, so hängt die Wirksamkeit des Vertrags von der Genehmigung des Vertreters ab.

Fordert der andere Teil den Vertreter zur Erklärung über die Genehmigung auf, so kann die Erklärung nur ihm gegenüber erfolgen; eine vor der Aufforderung dem Minderjährigen gegenüber erklärte Genehmigung oder Verweigerung der Genehmigung wird unwirksam. Die Genehmigung kann nur bis zum Ablaufe von zwei Wochen nach dem Empfange der Aufforderung erklärt werden; wird sie nicht erklärt, so gilt sie als verweigert.

Ist der Minderjährige unbeschränkt geschäftsfähig geworden, so tritt seine Genehmigung an die Stelle der Genehmigung des Vertreters.

1. Genehmigt der gesetzliche Vertreter einen ohne seine Einwilligung geschlossenen Vertrag des Minderjährigen, so wird dadurch auch eine von dem Vertragsgegner dem Minderjährigen gegenüber abgegebene Vertragserklärung wirksam. Einseitige Erklärungen, die der Vertragsgegner dem Minderjährigen gegenüber abgegeben hat, können nicht genehmigt werden.

2. Die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters zum Abschluss eines Versicherungsvertrages durch einen Minderjährigen deckt in der Regel nicht die Abwicklung des Versicherungsvertrages, soweit der Versicherer dem Minderjährigen Fristen setzt, deren fruchtloser Ablauf die Leistungsfreiheit des Versicherers zur Folge hat.

3. Verlangt der Versicherer von dem Versicherungsnehmer, der eine vorläufige Deckungszusage erhalten hat, die Zahlung der zunächst gestundeten Erstprämie, so muss er in der Zahlungsauff orde rung auf die Rechtsfolgen hinweisen, die nach § 1 Nr. 2 S. 3 AKB bei nicht unverzüglicher Zahlung eintreten. Eine Mahnung ohne diesen Hinweis ist unwirksam.

Zur Frage, ob ein Minderjähriger allgemein als ermächtigt gelten kann, Unfallschäden an seinem Fahrzeug durch einen Unfallhelferring abwickeln zu lassen.

Zum Sachverhalt: Die Beklagte zu 1 und 3 haben als Haftpflichtversicherer, Halter und Fahrer für den vom Drittbeklagten mit einem Kraftfahrzeug des Zweitbeklagten verschuldeten Verkehrsunfall einzustehen, bei deal das Fahrzeug des Kläger beschädigt wurde. Der Kläger damals erst 20 Jahre alt, mietete noch am Unfalltag bei der Firma A-GmbH einen Pkw als Ersatzwagen, den er nach 17 Tagen zurückgab. Gleichzeitig beauftragte er diese Firma, seinen Unfallschaden abzuwickeln. Zu diesem Zweck unterschrieb er einen Auftrag für einen Sachverständigen, eine Vollmacht für Rechtsanwalt B und einen Darlehensvertrag zur Finanzierung der Unfallschäden, gerichtet an die A-Bank. Der Kreditbetrag für Reparatur-, Sachverständigen- und Mietwagenkosten, den Rechtsanwalt B Anfang März 1972 bei der Bank anforderte, wurde an die Autovermietung in voller Höhe ausgezahlt, die davon den Sachverständigen bezahlte und damit ihre Mietwagenrechnung ausglich. Die Erstbeklagte erkannte gegenüber dem durch schriftliche Vollmacht des Kläger ausgewiesenen Rechtsanwalt B u. a. die Reparatur- und Sachverständigenkosten sowie die Gebühren des Rechtsanwalts an; sie überwies ihm einen Gesamtbetrag, den dieser alsdann - nach Einbehaltung seiner Gebühren - an die Bank zur Abdeckung des Kredits weiterleitete.

Der Kläger, der die Reparatur seines Wagens selbst durchführte, hat von der Zahlung der Erstbeklagte nichts erhalten. Er nimmt die Beklagte u. a. noch auf Zahlung der Reparaturkosten in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage im wesentlichen stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die - zugelassene - Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: 1. Das Berufsgericht vertritt die Ansicht, die Klageforderung sei durch die Zahlung der Erstbeklagten an Rechtsanwalt B als den Bevollmächtigten des Kläger erfüllt worden. Die Geldempfangsvollmacht, die der Kläger erteilt habe, sei nicht wegen dessen Minderjährigkeit unwirksam gewesen, weil nach Lage der Sache seine gesetzlichen Vertreter ihm die Einwilligung erteilt gehabt hätten, einen etwaigen Unfallschaden selbständig, jedenfalls unter Einschaltung; eines Rechtsanwalts, abzuziehen.

Hiergegen wendet sich die Revision mit Erfolg.

1. Das Berufsgericht stützt seine Auffassung darauf, dass die Eltern des Klägers ihm erlaubt gehabt hätten, das beim Unfall beschädigte Fahrzeug... aus seinen. Mitteln anzuschaffen, zu halten und zu unterhalten. Diese Ausführungen sind möglicherweise von Rechtsfehlern beeinflusst.

a) Zwar war es für den hier in Betracht kommenden Zeitraum, in dem die Volljährigkeit erst mit Vollendung des 21. Lebensjahres eintrat, anerkannt, dass Eltern einem Minderjährigen einen begrenzten Generalkonsens erteilen könnten. Nach altem Recht drängte sich die Erwägung auf, 18- bis 21jährige Minderjährige durch Gestattung der Wahrnehmung eigenverantwortlicher Aufgaben langsam in das Wirtschaftsleben einzuführen und ihnen zu diesem Zweck von vornherein die Einwilligung zu einer Reihe von zunächst nichtindividualisierten, Rechtsgeschäften zu erteilen, wenn ein solcher Komplex von Geschäften im verkehrsüblichen Lauf der Erzielung bestimmter konkreter Zwecke lag, mit deren Verfolgung durch den Minderjährigen sich der gesetzliche Vertreter einverstanden erklärt hatte. Hierzu kann bei einem 20jährigen, mit fertiger Berufsausbildung im Leben stehenden Minderjährigen durch aus die Anschaffung und Haltung eines eigenen Kraftfahrzeugs gehören, wobei sich dann das Einverständnis in der Regel auch auf alle diejenigen Rechtsgeschäfte erstrecken wird, die mit der Benutzung und Erhaltung des Fahrzeugs notwendig verbunden sind, so auf Abschluss der Haftpflichtversicherung, auf Kauf von Öl, Benzin usw., auf Durchführung der Inspektionen und von den Verkehrswert erhaltenden Reparaturen.

b) Nun unterliegt es zwar in erster Linie der tatrichterlichen Würdigung, Inhalt und Umfang der einem Minderjährigen von den gesetzlichen Vertretern erteilten Einwilligung zur Vornahme bestimmter Rechtsgeschäfte festzustellen. Das RevGer. ist jedoch gehalten, die vom Tatrichter gezogenen Schlüsse daraufhin zu überprüfen, ob ihre rechtliche Einordnung fehlerfrei ist. Dies ist hier zu verneinen.

Allerdings ist es nicht zu beanstanden, wenn der Tatrichter hier die Erlaubnis der Eltern des Kläger dahin ausgelegt hat, dass sie sich auch darauf erstrecke, im Falle einer Unfallbeschädigung des Fahrzeugs die Kosten für die erforderlichen Reparaturen vom Schädiger beizutreiben und sich zu diesem Zweck eines Rechtsanwalts zu bedienen. Wie das Berufsgericht, hierzu in rechtlich nicht angreifbarer Weise ausgeführt hat, ist die Überlassung der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen für ein beschädigtes Kraftfahrzeug an einem Zwanzigjährigen im allgemeinen nicht mit einem solchen Risiko behaftet, dass sein pflichtgemäß zuberücksichtigendes Wohl dadurch gefährdet werden würde, zumal wenn das Risiko durch Zuziehung eines Rechtsanwalts eingegrenzt wird.

Im Streitfall hat der Kläger aber nicht einen Rechtsanwalt seiner Wahl beauftragt und nicht bloß einen Auftrag zum Beitreibung der Reparaturkosten erteilt, sondern er hat - wie: das Berufsgericht unterstellt - die Autovermietung, die anlässlich der Anmietung eines Ersatzwagens im Rahmen eines so genannten Unfallhelferringes tätig wurde, damit betraut, seinen Unfallschaden insgesamt abzuwickeln, einen Darlehensantrag zur Vorfinanzierung unterschrieben und im Dienste dieser Geschäfte die Vollmacht für den Rechtsanwalt ausgestellt. Insofern sieht zwar das Berufsgericht, dass Rechtsanwalt B nach der Behauptung des Kläger zu einem Unfallhelferring gehört habe und dass ihm die Geldempfangsvollmacht im Zusammenhang mit anderen Verträgen, auf die sich die Einwilligung der Eltern des Kläger nicht erstreckt habe; erteilt worden war. Dazu meint indes das Berufsgericht, die Einwilligung sei nicht deshalb unwirksam. Die Vollmachtserteilung sei nämlich ein abstraktes Rechtsgeschäft, das durch die Unwirksamkeit der zugrunde liegenden schuldrechtlichen Beziehungen des Vollmachtgebers zu dem Bevollmächtigten grundsätzlich nicht berührt werde. Zwar bildeten die verschiedenen mit der Schadensabwicklung zusammenhängenden Rechtsgeschäfte eine rechtliche Einheit, so dass bei Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts in Anwendung des § 139 BGB alle Rechtsgeschäfte nichtig sein könnten. Hierauf könne der Kläger sich aber im Verhältnis zu dem Beklagten nicht berufen; weil diese in ihrem Vertrauen auf die Gültigkeit der Geldempfangsvollmacht geschützt werden müsste. Der im Allgemeinen begründete Vorrang des Minderjährigenschutzes vor dem Schutz des Vertrauens Dritter auf die Gültigkeit einer Vollmacht könne hier nicht gelten, weil. die Vollmachtserteilung als solche wirksam gewesen sei und der Minderjährigenschutz es nicht erfordere, dass sich die Nichtigkeit von Rechtsgeschäften auch auf andere erstrecke, die an sich aus dem Gesichtspunkt der Minderjährigkeit nicht zu beanstanden wären. Dem war nicht beizupflichten.