Minderjähriger über 18 Jahren

Dem somit an sich begründeten Anspruch der Kläger aus § 823 BGB, bei dem es nicht auf die Geschäftsfähigkeit des Beklagten ankommt, kann der Beklagte nicht im Hinblick darauf, dass der deliktische Anspruch im Zusammenhang mit einem zustimmungslosen und daher ungültigen Mietvertrag stand, den Einwand unzulässiger Rechtsausübung entgegenhalten. Diesen Standpunkt hat zwar das Oberlandesgericht Stuttgart in seinem Urteil vertreten. Er kann aber nicht gebilligt werden.

Dem Gesetz ist nichts für den Gedanken zu entnehmen, dass die Grundsätze der §§ 107ff. BGB einen über den Bereich rechtsgeschäftlicher Bindung hinausgehenden allgemeinen Rechtsgedanken darstellen. Vielmehr findet der Schutz der Minderjährigen bei unerlaubten Handlungen Minderjähriger über 18 Jahren seine Grenze. Aus den Motiven zum BGB ist auch nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Bejahung der Verschuldenshaftung ab dem 18. Lebensjahr - wie das Oberlandesgericht Stuttgart, aa0 unter Hinweis auf die besonderen Gefährdungen des minderjährigen Kraftfahrers, nicht zuletzt das unter Umständen auf ihn zukommende finanzielle Risiko, meint - etwa nur geringfügige deliktische Schädigungen im Auge hatte. Auch die weitere Rechtsentwicklung bietet für eine solche Einschränkung der Verantwortung des Minderjährigen über 18 Jahren keinerlei Anhaltspunkt. Im Gegenteil geht die Tendenz des Gesetzgebers eindeutig dahin, dem Minderjährigen in weiten Bereichen eine Teilmündigkeit zuzuerkennen, so kürzlich durch Herabsetzung des Wahlalters auf die Vollendung des 18. Lebensjahres.

Der mehrfach ins Feld geführte Gesichtspunkt des Eingriffs in die elterliche Gewalt scheidet schon darum als Argument für ein Verhalten des Vermieters bei Inanspruchnahme des Minderjährigen aus unerlaubter Handlung aus, weil daraus keinesfalls Ansprüche des Minderjährigen erwachsen können.

Zwar könnte der Einwand unzulässiger Rechtsausübung dann gerechtfertigt sein, wenn ein Vermieter aus Gewinnsucht dem Minderjährigen ein ungewöhnliches Risiko überbürden will oder bewusst dabei mitwirkt, dass ein Minderjähriger sich über die seiner geschäftlichen Entscheidungsfreiheit zu seinem Schutz gezogenen Grenzen hinwegsetzt; so z. B. wenn der Vermieter den Mangel der Einwilligung positiv kennt oder ihm Umstände, insbesondere eine Unzuverlässigkeit des Minder- jährigen beim Führen von Kfz bekannt sind, die einen verantwortungsbewussten Inhaber der elterlichen Gewalt dahin bestimmen würden, dem Minderjährigen die Zustimmung zu versagen.

Für das Vorhandensein derartiger besonderer Umstände liegen hier aber keine Anhaltspunkte vor. Im Übrigen würde es zu einer unzumutbaren Unsicherheit im Geschäftsverkehr führen; wollte man den Vermieter, der ohnehin die durch den Minderjährigenschutz bedingte Gefahr eines unwirksamen Mietvertrages trägt; mit dem ganzen Risiko einer unklaren Rechtslage belasten.

Das angef. Urteil war jedoch aufzuheben, weil das Berufsgericht nicht geprüft hat, ob dem Anspruch des Vermieters aus § 823 BGB ein Gegenanspruch des Minderjährigen gegenüber steht, - der sich darauf gründet, dass er versäumt hat, den minderjährigen Beklagte auf die besondere Gefahr hinzuweisen, die sich aus dem Fehlen einer ihn deckenden Fahrzeugversicherung ergab. Die Absicherung dieses Risikos durch Abschluss einer Kasko-Versicherung seitens des Kfz-Halters mit entsprechender Freistellung von Rückgriffsansprüchen des Versicherers ist rechtlich möglich und wird in der Praxis häufig vorgenommen.

Es liegt zwar nicht schon stets dann ein Verschulden des Vermieters vor, wenn er einem Minderjährigen ein nicht gegen Sachschaden versichertes Kfz überlässt. Der Abschluss einer Kasko-Versicherung kann je nach Typ und Alter eines Fahrzeugs so unwirtschaftlich sein, dass es nicht in jedem Fall vernünftigen Erwägungen entsprechen würde, das Risiko einer fahrlässigen Beschädigung des Fahrzeugs zu versichern.

Jedoch ist der Vermieter aus dem Gesichtspunkt des Verschuldens bei Vertragsanbahnung - ein Schutz, der dem Minderjährigen auch dann bleibt, wenn die Zustimmung des gesetzlichen Vertreters fehlt - verpflichtet, den in vermögensrechtlichen, insbesondere versicherungsrechtlichen Fragen oft ungewandten Minderjährigen auf die Möglichkeit der Absicherung gegen Sachschaden hinzuweisen und ihm. das Risiko der Benutzung eines nicht versicherten Fahrzeugs deutlich vor Augen zu führen. Diese Aufklärungspflicht ergibt sich aus der Minderjährigkeit des Vertragspartners. Zwar wird der Vermieter eines Kfz im Allgemeinen davon ausgehen dürfen, dass der Minderjährige, der eine Fahrerlaubnis besitzt, die Voraussetzungen zum Führen eines Kfz im Straßenverkehr erfüllt. Wenn der Gesetzgeber, der die Sicherheit des Straßenverkehrs zu gewährleisten hat, einen 18jährigen grundsätzlich für fähig hält, ein Kfz zu führen, so können an eine Privatperson keine höheren Anforderungen in Bezug auf Bedenken gegen die Fahrtüchtigkeit Minderjähriger gestellt werden. Jedoch besagt der Besitz des Führerscheins nichts über die Reife des Minderjährigen in vermögensrechtlichen Entscheidungen. Der Gesetzgeber ist, als er das Volljährigkeitsalter auf die Vollendung des 21. Lebensjahres festlegte, bisher davon ausgegangen, dass Minderjährige im Alter von 18 bis 21 Jahren nicht allgemein geeignet sind, selbständig schwerwiegende vermögensrechtliche Entscheidungen zu treffen. Vielmehr ist die Entscheidung darüber, was für den betreffenden Minderjährigen nach seinen individuellen Verhältnissen, insbesondere nach Alter, Reife, Verlässlichkeit, Übung Vermögen usw. angemessen ist, ausschließlich den Eltern zugewiesen. Gerade auch die außervertraglichen Folgen, die sich beim Anmieten eines Kfz ergeben können, lassen den Minderjährigen solchen Schutzes bedürftig erscheinen. Zudem wird sich der Minderjährige oft des Risikos, für eine Beschädigung oder den Totalverlust des Fahrzeugs einstehen zu müssen, nicht bewusst sein, möglicherweise dem Irrtum unterliegen, die auch zu seinen Gunsten wirkende Haftpflichtversicherung decke auch dieses Risiko. Aus dieser dem Minderjährigen typischerweise eigenen Unerfahrenheit und Anfälligkeit zu Fehlbeurteilungen folgt die Aufklärungspflicht des Vermieters, deren Nichterfüllung allerdings der Minderjährige zu beweisen haben wird. Gelingt ihm dieser Beweis, so wird er nach Lage der Sache selbstverständlich dem Einwand des Vermieters, auch ihn treffe eine Mitschuld an dem Schaden, ausgesetzt sein.

Aus den vom Berufsgericht getroffenen Feststellungen ist nicht ersichtlich, ob die Kläger die Frage des Abschlusses einer Kasko-Versicherung mit dem Beklagte in der erforderlichen Weise erörtert bat. Das RevGer ist nicht in der Lage, diese Frage selbst zu entscheiden, zumal sich der Gegenstand des Gespräches auch nicht aus dem Inhalt des Mietvertrages mit hinreichender Sicherheit ermitteln lässt. Bei der erneuten Entscheidung wird bei einer etwa vorzunehmenden Abwägung des beiderseitigen Schadenverursachungsbeitrages zu berücksichtigen sein, dass der Beklagte seinerzeit bereits 19Y/a Jahre alt, Kfz- Handwerker und seit dem B. 5. 1968 im Besitz des Führerscheins der Klasse 4, also im Umgang mit Kfz nicht völlig unerfahren war und mindestens schon einmal einen Pkw gemietet hatte.