Minderwert

Auch der Umstand, dass ein Unternehmer durch die Abschreibungsmöglichkeiten des § 7 EStG seinen steuerpflichtigen Gewinn schmälern kann, hindert nicht die Entstehung eines Anspruchs auf Ersatz von merkantilem Minderwert bei Nutzfahrzeugen; sie führt nicht einmal zur Kürzung dieses Anspruches. Der merkantile Minderwert steht in keiner Beziehung zu der mit der steuerlichen Abschreibung eintretenden Steuerersparnis. Es handelt sich deshalb insoweit nicht um eine unfallbedingte Steuerersparnis, die zugunsten des Schädigers zu berücksichtigen sein könnte.

Die Beklagten können auch nicht mit ihrer Rüge durchdringen, das Berufsgericht hätte prüfen müssen, ob die Kläger etwa die unfallbedingte Wertminderung zum Anlass einer zusätzlichen steuerlich wirksam gewordenen Abschreibung genommen habe. Darauf kam es schon deshalb nicht an, weil solche Ersparnisse der Kläger durch die Abschreibung nicht zufallen. Denn sie muss auch den von den Beklagten geschuldeten Ersatz des merkantilen Minderwertes wieder versteuern. Schadensersatzleistungen, die im Rahmen eines Betriebes anfallen, stellen nämlich steuerpflichtige Betriebseinnahmen dar. Sie sind nicht einmal nach § 34 II Nr. 2 EStG steuerbegünstigt, da sie nicht zu den Entschädigungen i. S. des § 24 Nr. EStG gehören.

Ist somit im Grundsatz dem Berufsgericht beizupflichten, so ist jedoch beiden Revisionen darin zu folgen, dass es die Höhe des merkantilen Minderwerts nicht ohne Zuziehung eines Sachverständigen nach einem festen Satz von 4% aus der Summe von Zeitwert und Reparaturkosten errechnen durfte. Es hat dabei von dem ihm durch § 287 ZPO eingeräumten Ermessen rechtsfehlerhaft Gebrauch gemacht.

Der Senat verkennt nicht, dass es für die Schadensabwicklungspraxis der Haftpflichtversicherer einfacher und zweckmäßiger wäre, dem merkantilen Minderwert nach festen Prozentsätzen einer bestimmten Bezugsgröße zu bestimmen, wie etwa der Reparaturkosten, des Zeitwertes bzw. der Summe aus beiden, oder wenigstens insoweit die obere Bemessungsgrenze des Minderwertes festzulegen. Die beiden ersten Methoden sind zu schematisch, führen daher zu keiner sachgerechten Schätzung. Bei Pkw-Schäden kann dagegen eine der beiden anderen, auf jahrelange Beobachtungen des Marktgeschehens und der Überprüfung von zahlreichen Schadensfällen beruhenden Berechnungsmethoden eine brauchbare Bewertungsgrundlage abgeben. Da die Höhe des Prozentsatzes vom Umfang der Reparaturkosten und der Zulassungsdauer bestimmt wird, kann dabei auch berücksichtigt werden, in welchem Umfang so genannte Sicherheitsteile des Kraftfahrzeugs durch den Unfall in Mitleidenschaft gezogen worden sind.

Bei der Beschädigung von Nutzfahrzeugen, insbesondere bei Lastkraftwagen, führen jedoch alle diese Berechnungsmethoden nicht zu einer der jeweiligen Sachlage entsprechenden zutreffenden Bewertung des merkantilen Minderwertes. Dieser Minderwert besteht im wesentlichen in der Vorstellung der Gebrauchtwageninteressenten. Wenn schon überhaupt bezweifelt wird, dass bei Nutzfahrzeugen das Odium des Unfallwagens die Wertvorstellungen wesentlich beeinflusst, so spielt dies doch zumindest gelegentlich eine geringere Rolle als bei Pkws. Es gibt sicher auch eine Reihe von Fällen, in denen nach Austausch eines beschädigten Aggregats überhaupt kein Minderwert verbleibt. Vor allem aber ist der Nutzfahrzeugmarkt wesentlich breiter aufgefächert als der Gebrauchtwagenmarkt für Pkws, auch gibt es bei der Instandsetzung von Lieferwagen und Lastwagen - jedenfalls nicht in gleichem Maße wie auf dem Pkw-Sektor - die in den letzten Jahren angewandten einheitlichen Techniken, insbesondere bei Rahmenrichtarbeiten, die eine gleichmäßige, schematische Bewertung von Personenwagen erlauben. Schon daraus erfolgt, dass der Verkaufswert eines unfallgeschädigten Nutzfahrzeuges je nach Wagentyp, Unfallart und Reparaturweise trotz gleichem Zeitwert und gleich hoher Reparaturkosten unterschiedlich hoch gemindert sein kann. Diesem Umstand muss der Richter bei der Ermittlung des merkantilen Minderwertes Rechnung tragen und daher im Allgemeinen mit sachverständiger Hilfe, gelegentlich wohl auch durch Zuziehung eines Gebrauchtwagenhändlers, diese Minderung in jedem Streitfalle konkret ermitteln. Es kann gerade bei Lastwagen durchaus auch einmal so liegen, dass nachweislich mit der Benutzung des reparierten Wagens kein größeres Risiko verbunden ist als mit einem unfallfrei gefahrenen und dass daher einer etwaigen Minderbewertung bei einem Verkauf nur ein gefühlsmäßig zu erklärendes und im Grunde unberechtigtes Vorurteil zugrunde liegen würde. Bei einer derartigen Gestaltung Bestände zumindest kein sofort liquidierbarer Schaden, wie sich bereits aus dem Zusammenhang der Begründung ergibt. Auch diese Frage müsste durch einen Sachverständigen geklärt werden. Hinzukommt, dass bei Nutzfahrzeugen auch Auswirkungen des Steuerrechts unter Umständen die Höhe der Wertminderung insofern beeinflussen können, als im Hinblick auf diese Wirkungen dem merkantilen Minderwert nicht die Bedeutung zukommt wie bei Privatwagen.