Missbrauchsregelung
Durch die BBauG-Novelle 1979 wurde die Möglichkeit eröffnet, einem Missbrauch der Vorschriften des Bodenverkehrsrechts durch Täuschung über den wirklichen Nutzungszweck oder aber Verheimlichung des wirklichen Nutzungszwecks wirksam zu begegnen, indem in solchen Fällen die Teilungsgenehmigung versagt werden kann. Der Gesetzgeber war der Ansicht, dass § 20 BBauG 1960/1976 einen wesentlichen Mangel aufgewiesen habe, weil die Genehmigungsbehörde den angegebenen Nutzungszweck habe hinnehmen und ihrer Entscheidung zugrunde legen müssen, selbst wenn erkennbar unrichtige Angaben gemacht worden waren. Der Bundesrat ging in seiner Stellungnahme davon aus, dass die Einführung dieser Missbrauchsklausel erforderlich sei, um der Rechtsprechung und den Bedürfnissen der Praxis Rechnung zu tragen. Die Berufung auf die Rechtsprechung des BVerwG ist allerdings nicht gerechtfertigt. Das BVerwG hat im Gegenteil in dem vom Bundesrat in Bezug genommenen Urteil vom 9.4. 1976 ausdrücklich festgestellt, dass es zur Wahrung der allgemeinen Interessen genüge, dass ohne Offenlegung des Bebauungszwecks auch keine Bindungswirkung eintritt. Die Auswirkung eines Teilungskaufs ohne nachfolgende Bindungswirkung erschöpft sich, sofern nicht gegen die Teilung als solche etwas einzuwenden ist, in dem Eigentümerwechsel. Ein derartiger Eigentümerwechsel berührt keine bodenverkehrsrechtlich geschützten Gemeininteressen. Das Bodenverkehrsrecht hat nicht die Aufgabe, zu verhindern, dass Grundstücke in die Hände von Personen gelangen, denen die Behörden - vielleicht mit Recht - misstrauen. Als sachliche Rechtfertigung für die Missbrauchsregelung des § 20 Abs. 2 gibt das BVerwG nunmehr an, es solle verhindert werden, dass durch Grundstücksteilungen tatsächliche Verhältnisse entstehen, die dazu führen, dass die Grundstückseigentümer auf Gemeinde und Baugenehmigungsbehörden einwirken, eine baurechtlich unzulässige Nutzung zuzulassen. Ebenso entspreche es nicht einer geordneten städtebaulichen Entwicklung, wenn ein Bebauungsplan nur deswegen aufgestellt oder geändert werde, um eine Bebauung von kleineren Parzellen, die durch Grundstücksteilungen entstanden sind, zu ermöglichen.
Die Einordnung des § 20 Abs. 2 in das System der §§ 19 ff erschien auf der Grundlage der früheren Rechtsprechung zu § 19 Abs. 1 Nr. 3 3. Alternative beinah unlösbar. Wenn nämlich nach der früher allgemein vertretenen Ansicht für die Bestimmung des Zwecks der Teilung allein auf den offenbarten Nutzungszweck abzustellen ist, verbleibt praktisch kein Anwendungsbereich für § 20 Abs. 2, weil bei einer Verheimlichung oder Täuschung hinsichtlich des wahren Nutzungszwecks gar keine Genehmigungspflicht besteht, so dass die Möglichkeit einer Versagung der Teilungsgenehmigung ins Leere zu gehen scheint. Man hat deshalb die Vorschrift als missglückt bzw. als erstaunliche Fehlleistung des Gesetzgebers, die eine sinnvollen Interpretation nicht zugänglich sei, bezeichnet. Der Versuch, § 20 Abs. 2 als selbständigen Genehmigungstatbestand neben § 19 Abs. 1 zu interpretieren, ist zu Recht beinah allgemein abgelehnt worden, weil § 19 eine abschließende Regelung der Genehmigungstatbestände darstellt, wie sich u. a. aus § 23 Abs. 1 u. 2 ergibt; § 20 enthält demgegenüber eine abschließene Regelung der Versagungsgründe. Im Übrigen ergibt sich schon aus den amtlichen Oberschriften, dass § 19 die Genehmigungstatbestände und § 20 die Versagungsgründe enthält. Ein sinnvoller Anwendungsbereich des § 20 Abs. 2 ist erst durch die neue Rechtsprechung des BVerwG zur Auslegung des Begriffs Zweck der Teilung in § 19 Abs. 1 Nr. 3 eröffnet worden. Wenn unter dem Zweck der Teilung im Sinn des § 19 Abs. 1 Nr. 3 auch der nicht offenbarte, aber offensichtlich vorhandene Nutzungszweck zu verstehen ist, dann ergibt sich folgender systematischer Zusammenhang: Wird die Bebauungsabsicht offen gelegt, dann richtet sich die Erteilung der Teilungsgenehmigung nach § 20 Abs. 1; die nach dieser Vorschrift erteilte Teilungsgenehmigung führt zur Bindungswirkung nach § 21 Abs. 1, und zwar auch dann, wenn die Teilungsgenehmigung zu Unrecht gewährt wurde. Wird dagegen die Bebauungsabsicht verheimlicht, ist aber offensichtlich eine Bebauungsabsicht gegeben, dann hat die Baugenehmigungsbehörde entweder die Möglichkeit, bei der Entscheidung über die Teilungsgenehmigung allein auf die Angaben der Beteiligten abzustellen und -je nachdem, ob die Teilung auch ohne die beabsichtigte, aber verschwiegene Bebauung genehmigungspflichtig ist oder nicht - eine Teilungsgenehmigung oder ein Negativattest zu erteilen. Stattdessen kann die Behörde aber auch die verschwiegene Bebauungsabsicht zur Grundlage ihrer Entscheidung machen mit der Folge, dass weder eine Teilungsgenehmigung noch ein Negativattest erteilt wird. Für welche dieser beiden Möglichkeiten sich die Baugenehmigungsbehöde entscheidet, liegt grundsätzlich in ihrem Ermessen. Im Regelfall wird es freilich einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung eher entsprechen, die offensichtliche Nutzungsabsicht bei der Entscheidung über die Teilungsgenehmigung zu berücksichtigen; auf diese Weise werden zukünftige Fehlentwicklungen von vornherein vermieden.
Sämtliche Alternativen des § 20 Abs. 2 verlangen, dass die Verheimlichung des wahren Nutzungszwecks bzw. die Täuschung hierüber offensichtlich ist. Damit soll die Genehmigungsbehörde von der Notwendigkeit eigener Nachforschungen bezüglich des mit der Teilung verfolgten Zwecks entbunden werden. Nur wenn sich die Erkenntnis geradezu aufdrängt, dass eine andere als die angegebene Nutzung beabsichtigt ist, stellt sich für die Genehmigungsbehörde die Frage, ob sie von der Möglichkeit Gebrauch machen soll, die Teilungsgenehmigung nach § 20 Abs. 2 zu versagen. Es liegt nahe, den Begriff der Offensichtlichkeit in Anlehnung an die Offenkundigkeit in § 44 VwVfG auszulegen. Die Rechtsprechung des BVerwG, wonach der Zweck der Teilung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 3 3. Alternative sich nicht nur aus den Angaben der Beteiligten ergibt, sondern auch ein zwar nicht angegebener, aber offensichtlich vorhandener Nutzungszweck berücksichtigt werden kann, zwingt zu einer anderen Auslegung des Begriffs offensichtlich in § 20 Abs. 2. Unter Berücksichtigung des Schutzzwecks der §§ 19 ff., die der Verhinderung städtebaulich unerwünschter Grundstücksteilungen dienen, gibt es keine Rechtfertigung dafür, die Anwendung der Missbrauchsklausel auf solche Teilungen zu beschränken, bei denen der Bebauungszweck offensichtlich in dem Sinn ist, dass er auf den ersten Blick erkennbar ist. Denn die städtebauliche Ordnung wird durch eine nicht sofort erkennbare Bebauungsabsicht in gleicher Weise tangiert wie durch eine sofort erkennbare Bauabsicht. Die Beschränkung des § 20 Abs. 2 auf eine offensichtliche Bebauungsabsicht soll zwar die Behörde davon freistellen, im einzelnen Nachforschungen über die wirklichen Absichten der an der Grundstücksteilung beteiligten Personen durchführen zu müssen. Das bedeutet aber nicht, dass die Behörde Indizien für eine Bauabsicht, die ihr zufällig bekannt werden, unberücksichtigt lassen muss, nur weil diese Indizien nicht für jedermann offen zu erkennen sind. Bereits das auch vom BVerwG herangezogene Beispiel von Werbemaßnahmen in Zeitungen oder anderen Werbungsträgern zeigt, dass es nicht darauf ankommt, ob die Bauabsicht auf den ersten Blick für jedermann ersichtlich ist, sondern darauf, ob sie eindeutig und zweifelsfrei belegbar ist. Offensichtlich ist somit eine Nutzungsabsicht, wenn sie durch objektive Anhaltspunkte eindeutig nachweisbar ist; in derselben Weise hat das BVerwG den Begriff offensichtlich in § 155 b Abs. 2 Satz 2 BBauG ausgelegt. Das BVerwG hat als Anzeichen für eine offensichtliche Bebauungsabsicht angesehen: Die Höhe des Kaufpreises, wenn sich dieser dem Baulandpreis annähert; der Zuschnitt und die Größe des Teilgrundstücks oder seine besondere örtliche Lage, etwa in einem durch Streubebauung oder durch Splittersiedlung geprägten Bereich, in der Randlage zu bebauten Ortsteilen, in einer begehrten Erholungslandschaft oder an einem Weg; der auswärtige Wohnsitz des Erwerbers oder dessen landwirtschaftsfremder Beruf, die Werbung für den Kauf des Teilgrundstücks für Wohn- oder Wochenendnutzung in Zeitungen oder anderen Werbeträgern. Diesen vom BVerwG angeführten Indizien für eine Bebauungsabsicht kommt freilich sehr unterschiedliches Gewicht zu. Während Werbemaßnahmen die Absicht einer baulichen Nutzung zweifelsfrei belegen und auch ein dem Preis für Baugelände in etwa entsprechender Kaufpreis in der Regel eine Bauabsicht offenbart, kann z. B. der auswärtige Wohnsitz des Erwerbers oder sein landwirtschaftsfremder Beruf nur zusammen mit anderen Indizien eine offensichtliche Bauabsicht erkennen lassen; dem Merkmal Lage des Grundstücks an einem Weg kommt kaum ein Aussagewert über die zukünftige Nutzung zu. Als weitere Anzeichen für die Absicht einer baulichen Nutzung sind z. B. eine Anfrage oder gar ein Antrag bezüglich des Anschlusses an die öffentlichen Versorungs- und Entsorgungsleitungen oder ein Antrag auf Gewährung von Wohnbauförderungsmaßnahmen anzusehen. In allen Fällen muss aber aus den Indizien eindeutig und zweifelsfrei eine Bebauungsabsicht hervorgehen, nur dann ist eine Offensichtlichkeit im Sinne des § 20 Abs. 2 gegeben mit der Folge, dass auch ohne offenbarte Bebauungsabsicht eine Genehmigungspflicht nach § 19 Abs. 1 Nr.3 besteht. Die im Bodenverkehrsrecht notwendige Rechtssicherheit lässt keine Unklarheiten darüber zu, ob eine Genehmigungspflicht für eine Grundstücksteilung besteht oder nicht. Nur wenn sich die Bauabsicht aus eindeutigen Indizien ergibt, ist es gerechtfertigt, die Grundstücksteilung einer Teilung gleichzustellen, bei der die Bebauungsabsicht offenbart wird. Für die Anwendung des § 20 Abs. 2 reicht deshalb eine bloße Vermutung oder ein Rückgriff auf allgemeine Lebenserfahrungen nicht aus, es muss vielmehr für den objektiven Betrachter aller Umstände kein ernsthafter Zweifel mehr möglich sein, dass mit der Teilung eine Bebauungsabsicht verbunden ist.