Möbel

Zur Frage, ob die Koppelung eines Möbelverkaufs mit einer Wohnungsvermittlung die Nichtigkeit des Kaufvertrages gemäß § 138 Abs. 1 BGB nach sich zieht.

In der Ausgabe vom 24. 4. 1967 einer Zeitung bot die Kläger, die ein Möbelgeschäft betreibt, in einer Chiffre-Anzeige eine 4-Zimmer-Wohnung zur Vermietung an ein entschlossenes junges Brautpaar zum Mietpreis von monatlich 320 bis 350 DM an. Zuschriften sollten an die Redaktion der Zeitung gerichtet werden. Als sich der Beklagten bei der Kläger einfand, erfuhr er erstmals, dass diese mit Möbeln handelte. Der Angestellte der Kläger machte die Angabe der Wohnung von einem Möbelkauf abhängig. Daraufhin unterschrieb der Beklagten die Vereinbarung v.:6. 5. 1967, die folgenden Wortlaut hat: vereinbart mit dass beim Bezug einer Wohnung Möbel im Werte von 7000 DM nach Auswahl des Kunden entsprechend dem Lieferprogramm und den Verkaufsbedingungen der Firma K. bei dieser gekauft werden.

Die Firma K. verpflichtet sich, dem Kunden laufend Wohnungsangebote von Vermietern zu unterbreiten und verpflichtet den Kunden, dass dieser sich selbst weiterhin um eine Wohnung bemüht. Herr/Frau... verpflichtet sich, auch dann die Möbel von der Firma K. abzunehmen, wenn seine eigenen Bemühungen um Wohnraum Erfolg haben. Gerichtsstand Stuttgart. Nr. 5 der dem Vertrag zugrunde gelegten Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Kläger lautet: Der Käufer ist zur Abnahme der bestellten Ware verpflichtet. Bei Abnahmeverweigerung ist die Firma K. berechtigt, eine Entschädigung von mindestens 25 % der Kaufvertragssumme zuzüglich der entstandenen Unkosten zu verlangen. Tritt dieser Fall ein, so tritt der Käufer mit Unterzeichnung des Kaufvertrages seine pfändbaren Bezüge und sein pfändbares Eigentum unwiderruflich an K. ab. Die Beklagte besichtigte die von der Kläger nachgewiesene Wohnung und schloss einige Wochen später einen Mietvertrag mit dem Eigentümer ab, worauf er auch die Wohnung bezog. Als er von dem Kläger im Juni 1967 zum Möbelkauf aufgefordert wurde, besichtigte er deren Lager, konnte sich aber nicht zum Kauf entschließen, sondern lehnte einen Kauf von Möbeln ab. Die Kläger verlangte mit der Klage Schadensersatz in Höhe von 25 % von 7000 DM = 1750 DM nebst Zinsen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Ber. der Kläger hat das Oberlandesgericht ihr stattgegeben. Die zugelassene Rev. des Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hat zwar die Zulassung der Rev. damit begründet, die Rechtsfrage, wann ein Koppelungsgeschäft sittenwidrig sei, habe grundsätzliche Bedeutung. Daraus ist jedoch nicht zu entnehmen, dass es die Zulassung auf die Nachprüfung dieser Frage beschränken wollte. Es bedarf daher nicht der Entscheidung darüber, ob sich die Rechtsfrage auf einen tatsächlichen und rechtlich selbständigen und ausscheidbaren Teil des Gesamtstreitstoffes bezieht, auf den auch die Partei selbst die Rev. hätte beschränken können.

Dem Berufsgericht ist darin beizutreten, dass die hier vorliegende Verbindung eines Wohnungsvermittlungs- mit einem Kaufgeschäft als ein Koppelungsvertrag bezeichnet werden kann. Ein solches Geschäft kann aus drei Gesichtspunkten zu beanstanden sein. Es kann gegen das Wettbewerbsgesetz verstoßen. Es kann sich als ein unlauterer Wettbewerb i. S. des § 1 UWG darstellen und es kann schließlich, was allein hier geltend gemacht wird, ein sittenwidriges Geschäft i. S. des § 138 BGB sein. Die erstgenannten Verstöße, die zu einem Eingreifen der Kartellbehörde nach § 18 GWB oder zu einem Anspruch beteiligter Kreise auf Unterlassung des unlauteren Wettbewerbs und gegebenenfalls zur Leistung von Schadensersatz nach §§ 1, 13 UWG führen können, zögen für sich allein betrachtet nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach sich, die vielmehr nur unter den besonderen Vorausset- zungen des § 138 BGB gegeben wäre. Wenn. das Berufsgericht diese Voraussetzungen verneint, so erscheint das nach Lage der Sache unbedenklich. Denn die Koppelung der Wohnungsvermittlung mit einem Möbelkauf kann nicht ohne weiteres als gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoßend angesehen werden. Dabei kann dahinstehen, ob eine solche Werbung gegen Wettbewerbsgrundsätze verstößt. Dem Berufsgericht ist darin beizutreten, dass die Voraussetzungen für die Annahme eines sittenwidrigen Handelns gegenüber dem Beklagten jedenfalls nicht vorliegen. Der Beklagten war in keiner Weise einem Zwang unterworfen oder von dem Kläger unter Druck gesetzt worden. Nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufsgericht kann nicht angenommen werden, dass der Beklagten dringend darauf angewiesen war, das ihm angebotene Koppelungsgeschäft zu tätigen. Er hätte ohne weiteres davon Abstand nehmen können, um sich anderweit eine ihm passende Wohnung vermitteln zu lassen oder selbst zu suchen. Hinzu kommt, dass er den Mietvertrag nicht sofort abgeschlossen, sondern sich hierfür mehrere Wochen Zeit genommen hat, die er dazu hätte nutzen können, das Koppelungsgeschäft scheitern zu lassen.

Diesen Erwägungen steht nicht entgegen, dass eine Koppelung von Wohnungsvermittlung und Möbelkauf unerwünscht und nicht geeignet ist, die Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt zu verbessern. Nachdem sich im letzten Jahre insbesondere das Preisklima auf dem Mietenmarkt erheblich verschlechtert hat, hat die Bundesregierung, wie Pressemeldungen zu entnehmen ist, beschlossen, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der u. a. auch eine Regelung der Wohnungsvermittlung enthält. Danach soll eine Koppelung von Wohnungsvermittlung und Möbelverkauf verboten sein. Dieses rechtspolitisch durchaus erwünschte Gesetzesvorhaben berechtigt die Gerichte aber nicht, schon vor dem Inkrafttreten eines solchen Gesetzes derartige Kaufverträge schlechthin, also auch dann für nichtig zu erklären, wenn der Kaufvertrag als solcher im Einzelfall - abgesehen von seiner rechtspolitisch unerwünschten Koppelung mit einer Wohnungsvermittlung - keinerlei Merkmale einer Sittenwidrigkeit aufweist, wie das hier nach den rechtlich einwandfreien Feststellungen des Berufsgericht der Fall ist.

Ordnet man den Koppelungsvertrag rechtlich ein, so stellt er sich als ein Maklervertrag mit dienst- und kaufvertraglichen Elementen dar, wobei die Maklergebühr darin bestand, dass der Beklagten für den Fall des Zustandekommens des Mietvertrages die Verpflichtung übernahm, Möbel im Werte von 7 000 DM bei der Kläger zu kaufen. Dieser Maklervertrag enthält nun allerdings die Klausel, dass der Beklagten auch dann zum Möbelkauf verpflichtet sein sollte, wenn er (in angemessener Zeit) nach Abschluss des Vertrages vom 6. 5. 1967, durch eigenes Bemühen eine Wohnung anmieten würde. Der Rev. ist zuzugeben, dass diese Klausel in hohem Maße anstößig ist. Es handelt sich aber dabei um eine selbständige Klausel, bei deren etwaigem Wegfall wegen Sittenverstoßes noch eine sinnvolle Vereinbarung übrig bleibt, an deren Bestand die Parteien sehr wohl ein Interesse haben konnten, und auf die daher die Vorschrift des § 139 BGB anzuwenden ist. Da das Berufsgericht ausdrücklich feststellt, dass die Parteien den Vertrag auch ohne die Klausel geschlossen hätten, bestehen gegen die Aufrechterhaltung des übrigen Vertragsteiles gemäß § 139 BGB: keine. Bedenken.

Die Rev. kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, der Beklagten sei die Kaufverpflichtung nur unter dem Vorbehalt eingegangen, dass er bei der Kläger passende Möbel finde. Wäre hiervon auszugehen, so könnte sich allerdings die Frage stellen, ob es nicht Sache der Kläger gewesen wäre, das Vorliegen dieser Voraussetzung zu beweisen. Wird die Frage bejaht, so wäre der Beklagten dennoch nicht von der Verpflichtung entbunden gewesen, im einzelnen darzutun, wieso die Kläger nicht in der Lage sein sollte, seinen Wünschen entsprechende Stücke zu liefern. Hierzu stellt das Berufsgericht aber ausdrücklich fest, der Beklagten habe weder behauptet, die Kläger sei nicht in der Lage gewesen, die für ihn in Frage kommenden Möbel zu liefern, noch, es sei bei Vertragsschluss das Vorhandensein eines über- durchschnittlich ausgestatteten Lagers vorausgesetzt worden.

Zu Unrecht zieht die Rev. in Zweifel, dass der Beklagten den erforderlichen Bindungswillen gehabt habe. Sie meint, das erscheine schon deshalb zweifelhaft, weil der Vertrag als Vorvertrag angesehen werden müsse: ihr kann nicht gefolgt werden. Das Berufsgericht nimmt ohne Rechtsverstoß einen endgültigen Vertrag an. Aber selbst wenn dem mit einer Wohnungsvermittlung verbundenen Kaufvertrage nur der Charakter eines Vorvertrages zukäme, stünde ein Bindungswillen des Beklagten außer Frage. Das ergibt sich zwingend nicht nur daraus, dass er eine Urkunde unterschrieben hat, die alles Wesentliche des Geschäftes enthält, sondern auch daraus, dass er von der Wohnungsvermittlung Gebrauch gemacht hat.

Wenn die Rev. schließlich meint, zumindest stelle sich die dem Kläger versprochene Vergütung als unverhältnismäßig hoch und wucherisch dar, so lässt sie außer acht, dass der Reingewinn, den die Kläger aus dem Möbelverkauf zu ziehen gedachte, nicht als die Vergütung für die Wohnungsvermittlung angesehen werden darf. Denn insoweit handelt es sich um den Gegenwert für den Verkauf der Möbel, den der Beklagten mangels anderer Feststellungen des Berufsgerichts in gleicher Höhe auch bei einem anderen Händler hätte zahlen müssen. Die Leistung des Beklagten für die Wohnungsvermittlung besteht allein darin, dass er sich an die Kläger gebunden und sich damit der Chance begeben hatte, bei anderen Händlern zu kaufen. Dementsprechend stellt sich für die Kläger der Gegenwart für ihre Vermittlertätigkeit darin dar, dass sie sich einen Käufer gesichert hatte, der möglicherweise sonst nicht bei ihr gekauft hätte.

Ohne Rechtsverstoß stellt das Berufsgericht die Voraussetzung des § 326 BGB fest. Da auch gegen die Vereinbarung einer pauschal abzugeltenden Schadensersatzverpflichtung keine Bedenken bestehen und von der Rev. nicht geltend gemacht werden, erweist sich der Klageanspruch als begründet.