Motorjacht

Zur Frage, ob der Eigentümer einer Motorjacht grobfahrlässig handelt, wenn er das Fahrzeug längere Zeit mit offenen Seeventilen liegen lässt.

Zum Sachverhalt: Der Kläger war Eigentümer der Motorjacht D. Die Beklagten hatte das Fahrzeug kaskoversichert. Die Jacht ist im März 1976 in einem Winterhafen gesunken. Dort hatte sie seit September 1975 zum Überwintern gelegen.

Der Kläger hat behauptet, D sei untergegangen, weil in das Fahrzeug auf nicht mehr feststellbare Weise Wasser eingedrungen sei. Mit der Klage verlangt er einen. Teilbetrag seines Schadens. Nach dem Vortrag der Beklagten ist D gesunken, weil das Wasser infolge undichter Stellen des Fahrzeugs in den Bootskörper gelangt sei. Darin sei aber kein Schiffsunfall i. S. vom Ziff. 1 ihrer Bedingungen für die Versicherung von Booten und Effekten zu sehen. Schon deshalb sei der Klageanspruch unbegründet. Außerdem stehe ihm Ziff. 11 BVBE entgegen, da die im- dichten Stellen, durch die Wasser in die Jacht eingedrungen sei, in einem Falle auf einer groben Fahrlässigkeit des Kläger und zum anderen auf einer mangelhaften Wartung des Schiffes beruht hätten. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Das Berufsgericht hat den Klageanspruch dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt. Die Revision der Beklagten führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Das angefochtene Urteil hält nicht in allen Punkten einer rechtlichen Nachprüfung stand.

1. Nach Ziff. 1 BVBE hat die Beklagten gegen Bezahlung der Prämie den Schaden zu ersetzen, den die in der Police näher bezeichneten Gegenstände durch Schiffsunfall... erleiden. Was unter einem Schiffsunfall zu verstehen ist, besagen die BVBE nicht: Insoweit bedarf Ziff. 1 BVBE der Auslegung. Hierzu hat das Berufsgericht unter Hinweis auf zwei Entscheidungen der Oberlandesgericht Düsseldorf und Hamm ausgeführt, unter einem „Schiffsunfall sei ein Schadensereignis zu verstehen, das plötzlich von außen her unmittelbar auf das versicherte Schiff einwirke und nicht auf einem Betriebsvorgang beruhe, wobei dasjenige Ereignis maßgebend sei, das den Schaden unmittelbar herbeiführe. Diese Entscheidungen befassen sich aber nicht mit dem BVBE der Beklagten, sondern legenden Begriff Unfall in § 3 I der - von anderen Versicherern vielfach verwendeten - Allgemeinen Versicherungsbedingungen für Wassersportfahrzeuge aus. Indes scheint das Berufsgericht mit dem erwähnten Hinweis lediglich deutlich machen zu wollen, dass es einen allgemein gültigen Begriff des Unfalls gibt und dieser auch im Rahmen einer Schiffskaskoversicherung gilt. Ob dem zuzustimmen ist, kann offen bleiben. Denn unabhängig davon, was unter einem Schiffsunfall im Allgemeinen zu verstehen sein mag, ergibt sich im Streitfall jedenfalls aus Sinn und Zweck des zu beurteilenden Versicherungsverhältnisses, dass das Sinken der Motorjacht D einen Schiffsunfall i. S. vom Ziff. 1 BVBE darstellt. Die BVBE sind auf die Kaskoversicherung von Sport- und Vergnügungsbooten zugeschnitten. Derartige Fahrzeuge liegen oft ohne Bordwache über längere Zeiträume still, insbesondere während der Wintermonate. Sie können dann unbemerkt und leicht sinken, wenn Wasser durch eine undichte Stelle in den Bootskörper eindringt. Da das in der Regel zu ganz erheblichen Schäden am Boot sowie an der maschinellen oder sonstigen Einrichtung des Fahrzeugs führt, haben die Versicherungsnehmer ein offenbares Interesse, sich hiergegen im Rahmen der Kaskoversicherung abzusichern. Das war und ist der Beklagten nicht unbekannt. Besonders deutlich macht das die Neufassung von Ziff. 1 BVBE, worin es nunmehr heißt, dass als Schiffsunfall insbesondere das Stranden, Kentern, Sinken sowie der Zusammenstoß mit festen, schwimmenden oder fliegenden Gegenständen gelten. Damit ist sie einer Betrachtungsweise - auch ausdrücklich gerecht geworden, wie sie schon immer der Interessenlage bei Abschluss einer Kaskoversicherung für ein Sport- oder Vergnügungsboot entsprach. Deshalb ist der in der früheren Fassung von Ziff. 1 BVBE - ohne nähere Beschreibung -verwendete Begriff Schiffsunfall dahin auszulegen, dass er jedenfalls auch das Sinken eines Bootes auf einem Liegeplatz infolge Eindringen von Wasser durch eine Undichtigkeit des Fahrzeugs umfasst. Dem Berufsgericht ist daher zuzustimmen, dass die Beklagten an sich nach Ziff. 1 BVBE verpflichtet ist, den streitigen Deckungsanspruch zu erfüllen.

Nicht zu beanstanden ist das angefochtene Urteil auch insoweit, als das Berufsgericht ausgeführt hat, das Sinken der Motorjacht D sei nicht durch eine mangelhafte Wartung verursacht worden. Mit Recht hat es angenommen, dass von einer solchen Wartung nicht gesprochen werden kann, wenn der Eigentümer das Fahrzeug in angemessenen Abständen überholen lässt. Ob das hier geschehen ist, ist eine Frage tatrichterlicher Würdigung. Entgegen der Ansicht der Revision lassen die Ausführungen des Berufsgerichts insoweit keinen Rechtsfehler erkennen. Auch besteht nach dem Vortrag der Parteien in den Tatsacheninstanzen kein hinreichender Anhalt dafür, dass der Kläger die Motorjacht D vor der Winterpause nicht sorgsam auf etwaige Undichtigkeiten untersucht oder aus Unachtsamkeit die nach dem Heben der Jacht festgestellten Mängel übersehen hat.

Nicht zu folgen ist dem Berufsgericht hingegen, soweit es meint, in dem Offenlassen der Seeventile könne kein grobfahrlässiges Handeln des Klägers gesehen werden. Insoweit hat es nur einen Teil des Tatsachenstoffes berücksichtigt. Sicher ist es richtig, dass Außen-Wasser durch ein geöffnetes Seeventil nur dann in den Bootskörper gelangen kann, wenn im Seewasserkreislauf unterhalb des Außenwasserspiegels Undichtigkeiten vorhanden sind. Auch mag es sein, dass die Mängel im Seewasserkreislauf der Motorjacht D für den Kläger nicht nahe liegend gewesen zu sein brauchten. Indes ist hier weiter zu beachten, dass die letzten Überholungsarbeiten an dem Fahrzeug im Dezember 1974 stattgefunden hatten, es sodann den darauf folgenden Sommer in Fahrt gewesen ist, und danach ohne vorherige fachmännische Untersuchung auf etwaige Undichtigkeiten über einen längeren Zeitraum stilliegen sollte. Zumindest in einem solchen Falle ist die Möglichkeit von Undichtigkeiten im Seewasserkreislauf nicht auszuschließen. Dann leuchtet es aber jedem verständigen Bootseigentümer ohne weiteres ein, dass ein solches Fahrzeug nicht mit offenen Seeventilen liegen gelassen werden kann, zumal wenn jedwede Wache an Bord fehlt. Der Kläger handelte deshalb grobfahrlässig, als er bei einer Besichtigung von D im Februar 1976 die Seeventile offen ließ. Da es jedoch zwischen den Parteien streitig ist, ob diese Nachlässigkeit das Sinken der Jacht verursacht hat und Feststellungen des Berufsgericht zu diesem Punkt fehlen, bedarf die Sache insoweit erneuter tatsächlicher Prüfung. Demnach war das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.