Nationalökonomie

Nationalökonomie - Kerndisziplin der bürgerlichen Wirtschaftswissenschaft, die vor allem in der deutschen bürgerlichen Terminologie als Nationalökonomie bezeichnet wird. Ihr Gegenstand stimmt nicht mit dem der klassischen bürgerlichen Politischen Ökonomie überein. Mit der Bezeichnung Nationalökonomie wurde in Deutschland gegen Mitte des 19. Jh. vielmehr von bürgerlichen Ökonomen eine Abgrenzung gegenüber der französischen und der englischen bürgerlichen Politischen Ökonomie jener Zeit getroffen, wobei der Aufgabenbereich jener Kerndisziplin auf die Sammlung historischen Materials zur nationalen Wirtschaft sowie auf die Beobachtung und die Beschreibung wirtschaftlicher Vorgänge im nationalen Rahmen eingeengt wurde. Zu den Begründern der Nationalökonomie gehörten u. a. Friedrich List und Graf Soden. Werner Sombart verfasste 1931 eine Arbeit mit dem Titel - Die drei Nationalökonomien, in dem er die Nationalökonomie in eine richtende, eine einordnende und eine verstehende einteilte. Die Nationalökonomie i. w. S. umfasst im Unterschied zur Betriebswirtschaftslehre die Gesamtheit der den volkswirtschaftlichen Bereich erfassenden Wirtschaftswissenschaften. Die Nationalökonomie i. e. S. soll die aus dem Wechselverhältnis zwischen den Menschen und den eingesetzten bzw. produzierten Sachgütern und Dienstleistungen hervorgehenden volkswirtschaftlichen Erscheinungen analysieren und sie an Hand eines Begriffssystems erfassen, ordnen und erklären. Hauptzweige der praktischen Nationalökonomie sind u. a. die Agrarpolitik, die Handelspolitik und die Verkehrspolitik. Die Finanzwissenschaft wird gelegentlich als bes. Zweig der Wirtschaftswissenschaften neben die Nationalökonomie gestellt. Die sozialen Verhältnisse fallen nicht in ihren Bereich, sie werden in der bürgerlichen Wirtschaftsliteratur wie die Naturbedingungen und die Technik den sog. Daten zugerechnet. Die Bezeichnung Nationalökonomie ist in anderen kapitalistischen Ländern nicht üblich, obwohl auch dort diese Disziplinen in ihrem Aufgabenbereich und ihrem Inhalt (ohne die direkte Einengung wie in Deutschland bzw. in der BRD) zumindest im 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jh. vor allem durch Verhältnisse und Entwicklung der nationalen Wirtschaft des eigenen Landes bestimmt sind. Aus diesem Zusammenhang ergibt sich vereinzelt in bürgerlichen Wirtschaftspublikationen auch die Bezeichnung Nationalökonomie. Eine Übereinstimmung mit dem Gegenstand der heutigen englisch-amerikanischen bürgerlichen Ökonomie (economics), die die prinzipielle Ausgliederung betriebswirtschaftlicher Erscheinungen nicht kennt, besteht im allgemeinen ebenfalls nicht.