Notariellen Vertrag

Notariellen Vertrag - Jedenfalls im Rahmen betreuender Tätigkeit auf dem Gebiete vorsorgender Rechtspflege kann ein Notar Erfüllungsgehilfe eines Beteiligten sein.

Zum Sachverhalt: Durch notariellen Vertrag vom 3. 11. 1969 kaufte der Kläger von W, dem alleinigen Vorerben der damals noch im Grundbuch als Eigentümerin eingetragenen U das Grundstück Flur Nr. 565/29 der Gemarkung D. gleichzeitig wurde die Auflassung erklärt und die Eintragung einer Auflassungsvormerkung bewilligt. In derselben Urkunde räumte der Verkäufer an seinem Nachbargrundstück Flur Nr. 565/14 dem Kläger ein dingliches Vorkaufsrecht für den ersten Verkaufsfall ein, dessen Eintragung in das Grundbuch er bewilligte und beantragte. Der Notar wurde beauftragt, für den Vollzug des Vertrages zu sorgen und ihn zu überwachen. Nach Übersendung der Kaufurkunde durch den Notar nahm das Grundbuchamt verschiedene Eintragungen vor und ließ dem Notar hierüber am 29. 1. 1970 eine Mitteilung zugehen. Die Eintragung des Vorkaufsrechts unterblieb zunächst und wurde erst am 27. 4. 1979 nachgeholt. Inzwischen hatte W das Grundstück Flur Nr. 565/ 14 zunächst am 21. 3. 1974 an J verkauft. Dieser Vertrag wurde jedoch wieder aufgehoben, weil L, der alleinige Nacherbe der Erblasserin, seine Zustimmung versagte. Durch notariellen Vertrag vom 27. 11. 1974 veräußerte W sodann das Grundstück Flur Nr. 565/14 je zur realen Hälfte an L und J. In der Nacht vom 27. zum 28. 11. 1974 verstarb W. Der Kläger hat geltend gemacht, wegen der pflichtwidrigen Unterlassung der Eintragung durch das Grundbuchamt habe er das ihm bewilligte Vorkaufsrecht aufgrund des Kaufvertrages vom 27. 11. 1974 nicht ausüben können. Er hat behauptet, hierdurch sei ihm ein Schaden in Höhe von 474300 DM entstanden, und hat diesen Betrag mit der Klage vom Freistaat Bayern ersetzt verlangt.

LG und Oberlandesgericht haben die Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers hatte Erfolg.

Aus den Gründen: I. Das Berufsgericht hält die Klage jedenfalls deswegen für unbegründet, weil der Kläger es fahrlässig unterlassen habe, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels im Sinne des § 839III BGB abzuwenden. Es stellt fest, dass das Grundbuchamt auf eine Erinnerung des Klägers hin das dingliche Vorkaufsrecht noch rechtzeitig eingetragen hätte. Es meint, bei Anwendung der in Grundstücksgeschäften auch von einem Nichtjuristen zu fordernden Sorgfalt wäre der Kläger verpflichtet gewesen, beim Grundbuchamt oder beim Notar Nachfrage zu halten.

Mit dieser Begründung kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben.

Nach § 839 III BGB entfällt die Ersatzpflicht wegen einer - für die Revisionsinstanz hier zu unterstellenden - Amtspflichtverletzung, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Dies gilt auch dann, wenn der gegen seine Amtspflichten verstoßende Beamte nicht selbst zum Schadensersatz verpflichtet ist, sondern seine Verantwortlichkeit gemäß Art. 34 GG den Staat oder die Körperschaft trifft, in deren Dienst der Beamte steht nicht abgedr. Im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH geht das Oberlandesgericht zutreffend davon aus, dass als Rechtsmittel i. S. des § 839 III BGB alle Rechtsbehelfe anzusehen sind, die eine Beseitigung oder Berichtigung des schädigenden Verhaltens und zugleich eine Abwendung des Schadens bezwecken und ermöglichen; hierzu gehören in Grundbuchsachen auch eine Dienstaufsichtsbeschwerde oder die formlose Erinnerung an die Erledigung eines Antrags.

Mit Erfolg wendet sich die Revision jedoch gegen die Annahme des Berufsgericht der Kläger habe fahrlässig von diesen Rechtsbehelfen keinen Gebrauch gemacht. Das Berufsgericht überspannt insoweit die Anforderungen an die vom Kläger zu beobachtende Sorgfalt. Der in Grundbuchsachen Beteiligte hat zwar dem Grundbuchamt gegenüber im Allgemeinen eine Überwachungspflicht. Ihm obliegt es, die ihm nach § 55 GBO übersandten Eintragungsnachrichten sorgfältig zu prüfen und bei Anhaltspunkten für eine Amtspflichtverletzung das Grundbuchamt durch Erinnerung oder Beschwerde auf den Fehler hinzuweisen. Das Berufsgericht hat aber nicht festgestellt, dass der Kläger eine derartige Mitteilung - sei es unmittelbar vom Grundbuchamt, sei es über den beurkundenden Notar - erhalten hat, zugunsten des Kläger ist deshalb vom Ausbleiben einer solchen Benachrichtigung auszugehen. Dann aber besteht eine Erkundigungs- und Hinweispflicht gegenüber dem Grundbuchamt nicht ohne weiteres, sondern nur beim Vorliegen besonderer Umstände; da der Antragsteller grundsätzlich von einer ordnungsgemäßen Bearbeitung seines Antrags ausgehen kann, müsste die Amtspflichtverletzung für ihn dringlich nahe gelegen haben.

Solche außergewöhnlichen Umstände hat das Berufsgericht nicht festgestellt. Vielmehr ist es von dem unbestrittenen Klagevorbringen ausgegangen, dass der Kläger persönlich vom Grundbuchamt keine Vollzugsmitteilungen betreffend den Vertrag vom 3. 11. 1969 erhalten habe. Es hat weiter unterstellt, dass auch der Notar die an ihn gerichtete Vollzugsmitteilung nicht an den Kläger übersandt habe. Unter solchen Umständen ist nicht ersichtlich, warum sich der Kläger, wie das Berufsgericht meint, spätestens beim Weiterverkauf der Parzelle Flur 565/29 nach dem Schicksal des Vorkaufsrechts an dem Nachbargrundstück hätte erkundigen müssen, zumal beide Veräußerungsfälle im Grundbuch offenbar ohne Schwierigkeiten vollzogen worden sind. Bei dieser Sachlage brauchte sich dem Kläger nicht die Annahme aufzudrängen, dass das Grundbuchamt den weiteren in der Kaufurkunde vom 3. 11. 1969 enthaltenen Eintragungsantrag nicht ordnungsgemäß bearbeitet habe.

Eine Nachforschungspflicht des Klägers wäre hier jedenfalls auch deswegen zu verneinen, weil er den Notar mit dem Vollzug des Vertrages und seiner Überwachung beauftragt hatte. Wenn ein Beteiligter, um allen Schwierigkeiten und Gefahren zu entgehen, den rechtskundigen Notar mit der grundbuchmäßigen Abwicklung eines Rechtsgeschäfts betraut, darf er sich entgegen der Ansicht des Berufsgerichts darauf verlassen, dass der Notar alles Erforderliche tun werde. Ohne besonderen Anlass brauchte sich der Kläger daher nicht persönlich zu vergewissern, ob das Grundbuchamt alle beantragten Eintragungen vorgenommen hatte. Der gegenteiligen Ansicht des Berufsgerichts folgt der Senat nicht.

Auf dem Boden der bisherigen Feststellungen kann das angefochtene Urteil auch nicht aus anderen Gründen aufrechterhalten werden.

Die Klage ist nicht, wie die mündliche Revisionserwiderung meint, schon deswegen unbegründet, weil der Kläger nicht dargetan hat, dass er nicht auf andere Weise, nämlich durch Inanspruchnahme des mit dem Vollzug des Vertrages beauftragten Notars, Ersatz zu erlangen vermag.

Bei fahrlässiger Herbeiführung eines Schadens durch mehrere Beamte kann § 839 I 2 BGB nach ständiger Rechtsprechung nicht dazu dienen, die Haftung des einen Beamten auf den anderen abzuwälzen; dies betrifft auch die Haftung von Gebührenbeamten und gilt ebenfalls dann, wenn an Stelle der Haftung des einen Beamten die des Staates oder einer anderen Körperschaft tritt. In diesen Fällen kann der Geschädigte wahlweise den einen oder den anderen Amtsträger in Anspruch nehmen. Diese gesamtschuldnerische Haftung besteht auch dann, wenn der Notar eine gemäß § 24 BNotO übernommene Amtspflicht verletzt hat. Zwar haftet er dann im Verhältnis zu seinem Auftraggeber schon allgemein ohne die Verweisungsmöglichkeit nach § 839 I 2 BGB, doch wird hierdurch seine Rechtsstellung im Verhältnis zu Dritten nicht geschmälert; der Fortfall der Verweisungsmöglichkeit begünstigt lediglich den Auftraggeber. Deshalb wird dessen Recht, sich ohne Darlegung des Fehlens einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit wahlweise an den Notar oder den anderen Amtsträger zu halten, durch § 19 I 1 Halbs. 2 BNotO nicht eingeschränkt. § 839 12 BGB steht daher der Schlüssigkeit der Klage nicht entgegen.

Das Berufsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - im Rahmen des § 839III BGB nicht geprüft, ob den Notar wegen der Unterlassung von Rechtsmitteln gegen die behauptete Amtspflichtverletzung des Grundbuchamts möglicherweise ein Verschulden trifft und ob sich der Kläger ein solches Verschulden gemäß § 278 BGB wie eigenes zurechnen lassen müsste. Letzteres wäre nach Auffassung des Senats zu bejahen.

In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der Geschädigte für ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen bei der Verletzung seiner Verpflichtung aus § 839 III BGB nach § 278 BGB einzustehen hat. Schaltet ein Beteiligter beim Verkehr mit dem Grundbuchamt den beurkundenden Notar ein, so kann auch der Notar insoweit sein Erfüllungsgehilfe gegenüber dem Grundbuchamt sein.

Erfüllungsgehilfe ist jeder, der nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Falles und mit dem Willen des Schuldners bei der Erfüllung einer diesem obliegenden Verbindlichkeit als seine Hilfsperson tätig wird. Es kommt nicht darauf an, welche rechtliche Beziehung zwischen dem Schuldner und seiner Hilfsperson besteht und ob die Hilfsperson einem Weisungsrecht des Schuldners unterliegt; maßgebend ist allein, dass der Schuldner sich im eigenen Interesse eines Dritten zur Erfüllung seiner eigenen Pflichten bedient. Der Senat hat deshalb in BGHZ 62, 119 auch den Notar als Erfüllungsgehilfen gegenüber der anderen Vertragspartei angesehen. Daran ist zumindest für die vorliegende Fallgestaltung festzuhalten.

Dass der Notar auch dann, wenn er - wie hier - rechtsbetreuend tätig wird, in Ausübung eines öffentlichen Amtes handelt, steht dem nicht entgegen. Wie der Senat in BGHZ 62, bereits dargelegt hat, liegt der Grund dafür, dass der Schuldner für das Verschulden eines Dritten einzustehen hat, in der Erweiterung seines Geschäfts- und Risikobereichs; die Hilfsperson übernimmt objektiv eine Aufgabe, die im Verhältnis zum Gläubiger dem Schuldner selbst obliegt. Für den hiernach entscheidenden Gedanken der Arbeitsteilung ist es unerheblich, auf welcher Rechtsgrundlage der eingeschaltete Dritte tätig wird und ob der Schuldner auf seine Tätigkeit Einfluss nehmen kann. Entscheidend ist - und hierin kann auch die notwendige Begrenzung für die Haftung des Schuldners gefunden werden -, dass die Handlung weiterhin objektiv zum Pflichtenkreis des Schuldners gehört. Inwieweit aus diesen Gründen ein Notar als Erfüllungsgehilfe einer Partei angesehen werden kann, braucht im vorliegenden Fall nicht allgemein entschieden zu werden.

Zweifel mögen insofern bestehen, als im Verhältnis zwischen den Beteiligten der Notar nach § 14 I 1 BNotO nicht Vertreter einer Partei, sondern unparteiischer Betreuer aller Beteiligten ist; hinzu kommt, dass die Parteien vielfach darauf angewiesen sind, die Tätigkeit eines Notars in Anspruch zu nehmen. Diese Bedenken betreffen jedenfalls nicht die Fälle, in denen der Notar nicht aufgrund seiner gesetzlichen Pflichten, sondern aufgrund eines besonderen Auftrags im Rahmen sonstiger Betreuung der Beteiligten - zumal gegenüber Gerichten oder Verwaltungsbehörden - tätig wird. Die sonstige Betreuung auf dem Gebiet vorsorgender Rechtspflege, zu der auch der Vollzug eines beurkundeten Rechtsgeschäfts und seine Überwachung gehören, kann auch von Privatpersonen übernommen werden. In diesem Umfang ist der Notar befugt, die Beteiligten vor Gerichten und Behörden zu vertreten; ihnen gegenüber nimmt er - ähnlich einem Rechtsanwalt - die Interessen der Beteiligten wahr. Jedenfalls im Verhältnis zu Gerichten und Behörden widerspricht es daher der Stellung des Notars nicht, ihn als Erfüllungsgehilfen eines Beteiligten zu betrachten. Deshalb muss sich auch der Kläger, soweit es seine Verpflichtung aus § 839 III BGB gegenüber dem Grundbuchamt angeht, ein Verschulden des von ihm eingeschalteten Notars anrechnen lassen.

Das Berufsgericht hat jedoch - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - das Verhalten des Notars tatrichterlich nicht gewürdigt. Da dem RevGer. eine eigene Würdigung verwehrt ist, kann es den Rechtsstreit insoweit nicht abschließend entscheiden.