Nutzungsausfallanspruch

Dem Eigentümer eines beschädigten Kraftfahrzeugs steht der Nutzungsausfallanspruch auch dann zu, wenn der Wagen ohne den Unfall zwar mangels Fahrerlaubnis nicht von ihm, aber von Familienangehörigen oder anderen Personen benutzt worden wäre.

Es kam zwischen einem dem Klägerin gehörenden Pkw und dem Pkw der Erstbekl., der bei der Zweitbeklagte gegen Haftpflicht versichert ist, zu einem Verkehrsunfall. Dabei wurde der Wagen des Klägers beschädigt. Die Instandsetzung dauerte vom 15. B. bis zum 14. 9. 1970. Der Kläger besitzt keinen Führerschein. Das Fahrzeug wird von seinen Familienmitgliedern, vorwiegend von seinem Sohn, benutzt. Dieser hatte den Wagen auch gefahren, als es zu dem Unfall kam.

Die Parteien sind sich darüber einig, dass die Beklagte dem Kläger den gesamten Unfallschaden zu ersetzen haben. Sie streiten nur darum, ob sich die Ersatzpflicht auch darauf erstreckt, dem Klägerin für die Reparaturzeit seines Pkw eine Nutzungsausfall- Entschädigung zu zahlen.

Das Landgericht und das KG haben dem Klägerin die geforderte Nutzungsentschädigung von 310 DM zuerkannt. Die zugelassene Rev. der Beklagten hatte keinen Erfolg.

Aus den Gründen: Das Berufsgericht vertritt die Auffassung, die von der Rechtsprechung zum Nutzungsausfallanspruch entwickelten Grundsätze müssten auch Geltung haben, wenn der Geschädigte mit dem Kfz während der unfallbedingten Ausfallzeit nicht selbst gefahren war oder sich mit ihm hatte fahren lassen, sondern wenn er es nur für seine Familienangehörigen angeschafft und unterhalten habe. Er büße zwar in diesem Fall keinen Zeitgewinn und wie für viele Lebensbereiche wichtige rasche Beweglichkeit ein, verliere aber die von ihm beabsichtigte andere Nutzungsart, nämlich die, dass seine Familienangehörigen, vor allem sein im Studium befindlicher Sohn, den Wagen benutzen könnten. Auch die Beeinträchtigung dieser Benutzungsart stelle einen Vermögensschaden dar, weil der Klägerin sich diese Nutzungsmöglichkeit - wie der selbstfahrende Halter oder Eigentümer - durch Vermögensaufwendungen erkauft habe. Schließlich könne auch in diesem Fall der Geschädigte nicht schlechter gestellt werden als derjenige, der sich ein Ersatzfahrzeug gemietet habe und dann Ersatz der Mietwagenkosten verlangen könne.

Die Ausführungen des Berufsgerichts halten gegenüber den Angriffen der Rev. einer rechtlichen Prüfung stand.

Seit dem Urteil des III. ZS vom 30.9. 1963 ist in der Rechtsprechung des BGH anerkannt, dass derjenige, der Ersatz für die Beschädigung eines Kfz zu leisten hat, grundsätzlich auch verpflichtet ist, dem Geschädigten Geldersatz für den Nutzungsausfall des Kfz zu leisten, wenn er auf die Inanspruchnahme eines Ersatzfahrzeugs verzichtet und insoweit keine Mittel zur Vermeidung oder Minderung des Schadens aufgewandt hat. Diese Rechtsprechung geht davon aus, dass die ständige. Verfügbarkeit des eigenen Kfz als geldwerter Vorteil und dessen vorübergehende Entziehung als Vermögensschaden anzusehen ist. Sie stützt sich u. a. auf den Umstand, dass für ein sofort verfügbares, fahrbereites Kfz insgesamt ein berechenbar höheres Entgelt erzielt wird. Der Geschädigte soll die in dem Verzicht auf einen geldwerten Gebrauch liegende Entbehrung nicht im Interesse des Schädigers auf sich nehmen müssen. -

Der BGH hat in seiner Rechtsprechung aber immer darauf geachtet, dass die Subjektbezogenheit des Schadens nicht vernachlässigt wird: Er hat deshalb entschieden, dass die Entschädigung dem Betroffenen nur im Falle einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung zusteht, und hat infolgedessen den Nutzungsausfallanspruch versagt, wenn der Geschädigte seinen Wagen in der Reparaturzeit aus unfallunabhängigen oder unfallabhängigen Gründen nicht hätte nutzen können. Die Subjektbezogenheit des Schadens und seines Ausgleichs wird entgegen der Auffassung der Rev. aber nicht dadurch aufgegeben, dass auch dem Geschädigten, der den beschädigten Wagen nicht selbst fährt, sondern ihn zum Zwecke der Benutzung durch Familienangehörige angeschafft hatte, eine Nutzungsausfallentschädigung gewährt wird. Das gilt auch dann, wenn ihn keine Rechtspflicht trifft, seinen Familienangehörigen einen Wagen zu stellen, und wenn er, wie hier, den Pkw nicht nur nicht fahren wollte, sondern mangels Fahrerlaubnis nicht lenken konnte. Auch er hat bei solcher Fallgestaltung persönlich durch die Beschädigung seines Wagens einen Schaden erlitten, weil für ihn, wie das Berufsgericht zutreffend ausführt, während der Reparaturzeit die von ihm beabsichtigte und durch Vermögensaufwendungen erkaufte Nutzungsmöglichkeit des eigenen Fahrzeugs entfällt. Deshalb liegt hierin auch nicht lediglich; eine Beeinträchtigung seiner Dispositionsbefugnis, die allerdings keinen ersatzfähigen Vermögensschaden darstellen würde. Für ihn wird der vorübergehende Entzug der Gebrauchsmöglichkeit auch fühlbar, obwohl die Nutzungsvereitelung in seiner Person in der Regel keinen eigenen Bedarf hervorruft. Wenn der Senat den Nutzungsausfallersatz auf den Ausgleich, einer fühlbaren Nutzungsbeeinträchtigung begrenzt hat, so hat er damit die Ersatzforderung nur vom Vorliegen des Nutzungswillens und der hypothetischen Nutzungsmöglichkeit abhängig gemacht. Dieser Nutzungswille muss sich aber nicht unbedingt auf den eigenen Gebrauch beschränken Auch die Möglichkeit, das Fahrzeug anderen Personen zur Verfügung zu stellen, wird nach der allgemeinen Lebenserfahrung von den Gebrauchsmöglichkeiten eines Kfz erfasst Entscheidend sind die individuellen Gebrauchsgewohnheiten und -absichten. Fühlbar ist deshalb die Nutzungsbeeinträchtigung immer, wenn der Wagen während der Reparaturzeit nicht zu dem mit seiner Anschaffung verfolgten Zweck Dienste leisten kann, diese Nutzungsmöglichkeit aber bestehen würde, wenn der Wagen verfügbar wäre. Daher kann nicht nur derjenige Nutzungsausfall als Schaden geltend machen, der das beschädigte Fahrzeug selbst hatte lenken oder es doch mittels eines Fahrers - wie etwa hier des Sohnes des Klägerin - selbst hatte benutzen wollen. Vielmehr steht auch dem der Ersatzanspruch zu, der den Wagen vermietet hatte, so dass er in solchem Falle seinen Schaden meist wird konkret berechnen können. Für die Frage des abstrakt berechneten, richtiger: pauschal abzugeltenden Nutzungsausfallschadens kann aber auch dann nichts anderes gelten, wenn der Eigentümer den Wagen dadurch nutzte, dass er ihn einem Dritten ohne Entgelt verlieh oder aus bloßer Gefälligkeit hatte überlassen wollen und diese Nutzungsmöglichkeit weiterhin gegeben war. Der Senat hat in seinem Urteil vom 15. 4. 1966 erklärt, für die Zubilligung einer Geldentschädigung zum Ausgleich der Nutzungsentziehung spreche vor allem, dass der betroffene Wageneigentümer vom Schädiger die Stellung eines Ersatzfahrzeugs oder die Vorlage der Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs hätte fordern können. Dieser Grundgedanke trifft auch im Streitfall zu. Es steht außer Frage, dass die Beklagten die Kosten für einen Ersatzwagen hätten tragen müssen. So wie hier der Vater für seine Familie, vorwiegend für seinen Sohn, den Wagen angeschafft und für das Fahrzeug offensichtlich Steuern, Versicherungen usw. aus seiner Tasche gezahlt hatte, würde er es auch gewesen sein, der im eigenen Namen, jedenfalls auf seine Kosten - wenn auch für seinen Sohn - den Ersatzwagen angemietet hätte. Das zeigt ebenfalls, dass ihn auch der Ausfall des Wagens vermögensrechtlich getroffen hatte und dass er es ist, dem der Ersatzanspruch für diesen Nutzungsausfall zusteht. Aus diesem Grunde hat der Senat in seinem vorerwähnten Urteil vom 7.6. 1968 bereits darauf hingewiesen, dass der beim Unfall verletzte, daher nicht fahrtüchtige Kraftfahrzeugeigentümer dann einen Vermögensschaden erlitten hat, wenn der Wagen ohne den Unfall nicht von ihm, sondern von Familienangehörigen benutzt worden wäre, und wenn er ihn auch zu diesem Zweck angeschafft und ihn diesen Personen zur Verfügung gestellt haben würde. Der Senat hält an dieser Auffassung, die auch vom Schrifttum geteilt wird, fest. Daher kann es im hier zu entscheidenden Fall billigerweise den Beklagten nicht zugute kommen, dass der Klägerin keinen Ersatzwagen für seinen Sohn gemietet hatte und seine Familie sich anderweit beholfen hat.