Nutzungsregelung

Bei den Festsetzungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften handelt es sich - ähnlich wie bei § 5 Abs. 6 - um

- Fachplanungen oder

- Nutzungsregelungen.

Die Nutzungsregelungen unterscheiden sich von den Planurigen nicht unbedingt durch die Rechtsform, sondern in erster Linie durch ihre Entscheidungsstruktur. Bei der Planung werden im Wege der Abwägung Rechtsverhältnisse konstruktiv gestaltet; beim Erlass von Nutzungsregelungen findet dagegen nur eine nachvollziehende Abwägung statt. Allerdings sind die Übergänge fließend. Die Festsetzungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften sind der beabsichtigten Bebauungsplanung in dem Sinne vorgegeben, dass sie nicht verändert, sondern von der Gemeinde hingenommen werden. Wie weit die Bindung der Gemeinde im einzelnen geht, ist von der Rechtsgrundlage, vom Rang und dem Konkretisierungsgrad der anderweitigen Festsetzung abhängig. Von der Gemeinde sind zunächst solche Planungen und Nutzungsregelungen hinzunehmen, die dem Bebauungsplan im Rang vorgehen. Dies ist bei Nutzungsregelungen in Form höherrangigen Rechts und bei den privilegierten Fachplanungen i. S. von § 38 Satz I oder 2 der Fall. Die Gegenstände dieser Planungen und Nutzungsregelungen sind aus der gemeindlichen Planungshoheit herausgenommen, so dass der Bebauungsplan keine Festsetzungen treffen darf, die mit der Zweckbestimmung der anderweitigen Regelung vereinbar wären. Es reicht aber nicht aus, wenn der Bebauungsplan auf diese vorrangigen Festsetzungen nach anderen gesetzlichen Vorschriften lediglich hinweist. Die nachrichtliche Übernahme ist nicht nur formal zu sehen. Die Festsetzungen im Bebauungsplan haben vielmehr auf die anderweitig getroffenen Festsetzungen Rücksicht zu nehmen. Sie müssen sich diesen insoweit anpassen, so dass sich aus dem Zusammenspiel beider Festsetzungsarten ein einheitliches städtebauliches Konzept ergibt. Daneben sind auch solche Planungen und Nutzungsregelungen nachrichtlich zu übernehmen, die zwar keinen generellen Vorrang besitzen, die aber zeitlich vor dem Bebauungsplan mit Wirkung nach außen getroffen worden und unanfechtbar geworden sind. Solche Planungen und Nutzungsregelungen sind der Gemeinde ebenfalls vorgegeben; sie können durch entgegenstehende Festsetzungen im Bebauungsplan nicht verändert werden. Auch mit diesen Festsetzungen muss sich der Bebauungsplan planerisch auseinandersetzen und erforderlichenfalls Rücksicht nehmen. Besteht ein Bebauungsplan, bevor eine nichtprivilegierte Festsetzung nach anderen Vorschriften getroffen wird, ist diese über § 29 an den Bebauungsplan gebunden. Nachrichtlich werden schließlich auch Festsetzungen in Form von Satzungen der Gemeinde auf anderer rechtlicher Grundlage übernommen, z.B. örtliche Bauvorschriften nach dem Bauordnungsrecht oder Baumschutzsatzungen nach dem Naturschutzrecht. Voraussetzung ist, dass diese Regelungen bei Aufstellung des Bebauungsplans bereits vorliegen und durch den Bebauungsplan nicht verändert werden sollen. Sollen dagegen derartige Festsetzungen erst mit dem Bebauungsplan getroffen werden, kommt keine nachrichtliche Übernahme nach §9 Abs. 6, sondern nur eine Festsetzung nach Maßgabe des §9 Abs. 4 in Betracht. Im übrigen ergibt sich der Inhalt des Begriff Festsetzungen aus der Verbindung mit der nachrichtlichen übernahme. Hieraus folgt, dass der Inhalt dessen, was nachrichtlich übernommen werden soll, durch einen festsetzenden Rechtsakt sachlich und räumlich so weit konkretisiert oder individualisiert sein muss, dass eine auch räumlich abgegrenzte nachrichtliche Übernahme ohne weiteres möglich ist. Anforderungen an die Nutzung von Grundstücken genereller Art gehören nicht zu den Festsetzungen. Das gleiche gilt, wenn der Inhalt einer Regelung nur durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschrieben wird. Hier wäre eine nachrichtliche Übernahme erst aufgrund eines zusätzlichen Aktes wertender Erkenntnis möglich; die Gemeinde müsste zum Zwecke der nachrichtlichen Übernahme eine eigene, den unbestimmten Rechtsbegriff ausfüllende Entscheidung treffen Aus diesem Grunde war es nach der früheren Fassung des §9 Abs. 6 nicht möglich, Baudenkmale als Festsetzungen dort nachrichtlich zu übernehmen, wo die Denkmaleigenschaft nicht durch Eintragung in eine Liste oder in sonstiger Weise konstitutiv festgelegt, sondern lediglich durch unbestimmte Rechtsbegriffe umschrieben ist, wie z.B. in Niedersachsen. Die Festsetzungen müssen aufgrund anderer gesetzlicher Vorschriften getroffen worden sein.

Ausgenommen sind daher Regelungen auf der Grundlage des BauGB, insbesondere

- Bebauungspläne: Wegen des Grundsatzes der Einräumigkeit kann es ohnehin insoweit nicht zur Überschneidung von Geltungsbereichen verschiedener Bebauungspläne kommen; Festsetzung von Umlegungsgebieten; Festsetzung von Sanierungsgebieten sowie von Ersatz und Ergänzungsgebieten nach § 142;

- sonstige Satzungen nach dem BauGB. In welcher Form die anderweitige Festsetzung erfolgt, ist unerheblich. In Betracht kommen

- Verordnungen, z. B. bei Festlegung von Schutzgebieten;

- Satzungen der Gemeinde;

- Planfeststellungen, z.B. nach den in § 38 aufgeführten Gesetzen; sonstige Planfeststellungen, z. B. nach § 9 b AtomG; Verwaltungsakte mit Plancharakter:

Eine Reihe von Fachplanungsgesetzen sehen anstelle einer Planfeststellung ein Genehmigungsverfahren mit planerischem Entscheidungsspielraum vor. Hier ist von Fall zu Fall zu prüfen, ob der Verwaltungsakt der Planebene oder aber der Vollzugsebene zuzurechnen ist;

- sonstige Verwaltungsakte, z.B. Einstufungen und Umstufungen bei klassifizierten Straßen. Für eine nachrichtliche Übernahme kommen nur Festsetzungen mit I Außenwirkung gegenüber jedermann in Betracht.

Ausgeschlossen sind daher:

- Pläne und Programme der Raumordnung und Landesplanung:

Soweit Fachplanungen als Ziele der Raumordnung und Landesplanung festgelegt sind, sind sie nach Maßgabe des § 1 Abs. 4 in der Weise verbindlich, dass die Festsetzungen im Bebauungsplan sich ihnen anzupassen haben. Das gilt auch, wenn die Ziele der Raumordnung und Landesplanung in einem Raumordnungsverfahren konkretisiert worden sind;

- Landschaftsrahmenpläne: Aussagen dieser Pläne werden in die Programme und Pläne der Raumordnung und Landesplanung aufgenommen;

- Agrarleitpläne;

- forstliche Rahmenpläne nach § 7 BWaldG i. V. m. den entsprechenden Vorschriften des Landesrechts;

- Festlegung von Bannwald und Erholungswald, soweit nach Landesrecht keine unmittelbare Rechtswirkung vorgesehen ist;

- wasserwirtschaftliche Rahmenpläne nach § 36 WHG;

- agrarstrukturelle Vorplanungen für Flurbereinigungsmal3nahmen;

- Ausbauplanung bei Bundesstraßen, zuletzt geändert durch Gesetz vom 21.4. 1986;

- Bestimmung der Linienführung von Bundesfernstraßen nach § 16 FStrG: Die Entscheidung ist kein Verwaltungsakt, sondern eine vorbereitende Entscheidung;

- Bestimmung der Linienführung von Bundeswasserstraßen nach § 13 WaStrG;

- Richtfunkstrecken: Richtfunkstrecken fallen nicht unter das TWG. Sie werden in einigen Ländern als Ziele der Raumordnung und Landesplanung festgelegt und sind damit nur über § 1 Abs. 4 verbindlich; in anderen Ländern sind sie von der Gemeinde im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen;

- im Abfallentsorgungsplan festgesetzte Standorte fur Abfallentsorgungsanlagen: Die Festsetzung erfolgt durch Verordnung nach dem Abfallrecht der Lander.

Die Festsetzungen müssen getroffen worden sein und somit endgültigen Charakter haben. Dies ergibt sich aus der Funktion des Bebauungsplans, die endgültige Bodennutzung zu regeln. Nicht übernahmefithig sind daher

- vorläufige Sicherungsmaßnahmen ;

- in Aussicht genommene Festsetzungen.

Insoweit kommt nur ein Vermerk im Flächennutzungsplan gemäß §5 Abs. 6 in Betracht. Dies schließt nicht aus, dass die Gemeinde in Aussicht genommene Fachplanungen bei ihrer Abwägung nach § 1 Abs. 6 zu berücksichtigen hat. Die betreffenden Festsetzungen müssen gleichsam auf derselben 6 Ebene liegen wie der Bebauungsplan. Ausgeschlossen sind demgemäß Verwaltungsakte auf der Vollzugsebene wie z.B.:

- Genehmigungen;.

- Erlaubnisse;

- Verleihungen.

Hierbei handelt es sich dem Inhalt nach um gebundene Verwaltungsakte, die zu erteilen sind, wenn das betreffende Vorhaben mit dem öffentlichen Recht im Einklang steht. Übernahmefähig sind schließlich auch nur solche Festsetzungen, die 6 planungsrechtlich relevant sind. Das Gesetz drückt dies in der Weise aus, dass es die nachrichtliche Übernahme von Festsetzungen im Bebauungsplan auf solche beschränkt, die zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind. Diese Voraussetzung ist bei flächenbeanspruchenden oder flächenbezogenen Planungen und Nutzungsregelungen in der Regel gegeben.