Obliegenheitspflicht

Zu Unrecht beruft sich das Berufsgericht zur Unterstützung seiner Rechtsmeinung, hier liege auf jeden Fall eine Rechtsausübung im Übermaß seitens der Kläger vor, auf die Rechtsprechung, die bestimmte schwerwiegende Rechtsfolgen bei nur geringfügigen Mietrückständen, bei Prämienrückständen oder sonstigen geringfügigen Zahlungsrückständen, oder bei geringfügigen, die Stellung eines Versicherers nicht beeinflussenden Verletzungen der Obliegenheitspflicht durch den Versicherten nach Treu und Glauben nicht eintreten lässt. Den erstgenannten drei Fällen von Rückständen mit einer Verpflichtung ist gemeinsam, dass jeweils nur ein geringfügiger Teil der geschuldeten Leistung nicht fristgerecht erbracht worden war. Bei sanktionslos gebliebenen Verletzungen von Obliegenheitspflichten durch den Versicherungsnehmer ist von der Rechtsprechung gefordert worden, dass diese nur geringfügig sein und die Stellung des Versicherers nicht verschlechtern dürfen. Alle diese Fälle, in denen der Eintritt einer notwendigen Rechtsfolge nach dem Übermaßverbot nach Treu und Glauben als nicht geschehen betrachtet worden ist, können nicht damit verglichen werden, dass eine Partei eines Vergleichs eine von ihr als Bedingung übernommene, termingebundene Zahlungsfrist nicht einhält; denn der Sinn solcher Regelungen ist es gerade, feste Fristen und Termine zu schaffen, durch deren Nichteinhaltung Rechtswirkungen im Sinne auflösender oder aufschiebender Bedingungen ausgelöst werden. Die vom Berufsgericht gegebene Begründung trägt demnach das Urteil nicht.

Das Berufungsurteil hat im Ergebnis jedoch aus anderen Gründen Bestand. Hier hatte die Beklagte sich - wenn auch unter der Bezeichnung der KG - am 17. 9. 1976 an die Kläger gewandt, ihre grundsätzliche Absicht, den Vergleich termingerecht zu erfüllen, angezeigt und einen Vorschlag wegen der Erledigung des anhängigen Rechtsstreits gemacht. Dabei hatte sie allerdings den 15. 11. 1976 fälschlich als Erfüllungszeitpunkt für den Vergleich angegeben. Die Kläger hat dieses Schreiben als von der Beklagte stammend erkannt, wie sich aus ihrer Antwort ergibt. Sie ist in ihrer Antwort jedoch nicht auf die unrichtige Zeitangabe eingegangen. Die Kläger hat einen für sie erkennbaren Irrtum der Beklagte, der zu einer verspäteten Zahlung der Vergleichssumme führen konnte, also nicht richtig gestellt, möglicherweise, wie das Berufsgericht in anderem Zusammenhang meint, weil sie dem Termin angesichts der geringfügigen Zeitdifferenz keine besondere Bedeutung beimaß. Damit ist, das hat das Berufsgericht zu eng gesehen, ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagte entstanden, zumal das Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 29. 10. 1976 an den Prozessbevollmächtigen der Kläger, das ebenfalls die unrichtige Datumsangabe 15. 11. 1976 enthielt, gleichfalls unwidersprochen geblieben ist. Wenn die Kläger bei dieser Sachlage das Angebot der Vergleichssumme am 15. 11. 1976 als verspätet bezeichnete und in der Folgezeit auf Bezahlung der vollen eingeklagten Bürgschaftssumme bestand, dann handelte sie wider Treu und Glauben; denn ihr Nichteingehen auf die ihr mitgeteilte unrichtige Datumsangabe unter gleichzeitiger Beantwortung eines anderen von der Beklagte im Schreiben vom 17. 9. 1976 angesprochenen Punktes erzeugte hier bei dieser den Eindruck, die Kläger werde eine Zahlung am 15. 11. 1976 noch als vergleichsgemäß anerkennen. Das so auch für die Kläger erkennbare entstandene Vertrauen der Beklagte in die Zahlungsmöglichkeit am 15. 11. 1976 hätte die Kläger durch einen Hinweis auf den im Vergleich festgelegten Zahlungstermin zerstören müssen. Nachdem die Kläger dies jedoch unterlassen hatte, handelte sie wider Treu und Glauben, wenn sie trotz der geringfügigen Zeitdifferenz von fünf Tagen auf dem Wiederaufleben ihrer vollen Forderung beharrte.