ökonomisches Gleichgewicht

Ökonomisches Gleichgewicht, Zustand eines ökonomischen Systems, bei dem keines der beteiligten Wirtschaftssubjekte (z. B. Volkswirtschaft, Betrieb, Verbraucher) Veranlassung hat, sein Verhalten (z. B. Produktionsplan, Nachfrage, Preise) zu ändern: Der Gleichgewichtszustand ist durch eine Übereinstimmung von Angebot und Nachfrage bei allen Ressourcen gekennzeichnet. Es sind verschiedene Formen des ökonomisches Gleichgewicht zu unterscheiden: a) stationäres und dynamisches ökonomisches Gleichgewicht stationäres ökonomisches Gleichgewicht liegt vor, wenn die Variablen des Systems im Zeitverlauf immer wieder die gleichen Werte annehmen; dynamisches ökonomisches Gleichgewicht ist ein störungsfreies Wirtschaftswachstum und setzt qualitative Veränderungen im System voraus. Man lieferten im Rahmen ihrer Reproduktionsschemata (Reproduktion des gesellschaftlichen Gesamtprodukts) die klassischen Beispiele für Gleichgewichtsbedingungen bei stationärem (konstante organische Zusammensetzung) und dynamischem Wachstum (wachsende organische Zusammensetzung); b) kurz- und langfristiges ökonomisches Gleichgewicht, in Abhängigkeit davon, ob die Produktionskapazitäten variabel c) partielles und totales ökonomisches Gleichgewicht Partielles ökonomisches Gleichgewicht sind oder nicht; ist immer auf Variable eines ökonomischen Teilzusammenhangs bezogen, totales ökonomisches Gleichgewicht auf alle Variable des entsprechenden Systems. Der Begriff des ökonomisches Gleichgewicht spielt in der bürgerlichen politischen Ökonomie seit Anbeginn eine dominierende Rolle (Gleichgewichtstheorie, bürgerliche). Seine volle Ausprägung erhielt er jedoch erst im Rahmen der mathematischen Gleichgewichtstheorie, als deren bedeutendste Vertreter Walras, Arow, Debreu, Koopmans, Uzawa, von Neuman und Wald gelten. Da die zugrunde gelegten Prämissen sehr unrealistisch sind und bestenfalls im Kapitalismus der freien Konkurrenz eine gewisse Entsprechung haben, besitzen auch die daraus abgeleiteten Schlussfolgerungen bezüglich der Existenz eines gleichgewichtigen störungsfreien Entwicklungspfades und der Rationalität der freien Marktwirtschaft für das heutige kapitalistische Wirtschaftssystem keinerlei praktische Relevanz, was nicht zuletzt durch die krisenhafte Entwicklung aller kapitalistischen Länder in den letzten Jahren eindrucksvoll bestätigt wurde. In der politischen Ökonomie des Sozialismus spielt der Begriff des ökonomischen Gleichgewichts eine wachsende Rolle. Er wird hier jedoch noch nicht einheitlich gebraucht. Neben seiner eigentlichen Bestimmung - Charakterisierung eines sich kontinuierlich und störungsfrei abspielenden ökonomischen Prozesses - steht er oft auch als Synonym für eine Obereinstimmung korrespondierender ökonomischer Größen im Sinne einer Bilanzgleichheit, z. B. Summe der Einnahmen gleich Summe der Ausgaben oder Summe des Aufkommens gleich Summe der Verwendung. Von Bedeutung für die wirtschaftswissenschaftliche Forschung und die sozialistische Wirtschaftspraxis ist vor allem der Zusammenhang zwischen ökonomisches Gleichgewicht und Optimalität, den man mit Hilfe ökonomisch-mathematischer Modelle beschreiben kann. Es lässt sich recht allgemein beweisen, dass unter den Bedingungen der Maximierung einer gesellschaftlichen Zielfunktion (Nutzensfunktion) der Gleichgewichtszustand einer Volkswirtschaft identisch ist mit ihrem Optimalzustand. Dabei fallen die Gleichgewichtspreise mit den optimalen Bewertungen zusammen (Bewertung, ökonomische). Daraus, aber auch aus einigen neuen Richtungen der mathematischen Gleichgewichtstheorie (Dynamisierung, Einbeziehung des Mehrebenenaspekts und der Unsicherheit bei der Vorausschau), ergeben sich wichtige Anregungen und Denkanstöße für eine Vervollkommnung des sozialistischen Planungs- und Leitungssystems. Das betrifft vor allem die Funktionen und das Zusammenwirken der verschiedenen Planungs- und Leitungsebenen, die Rolle von Normativen und Preisen bei der Leitung, Planung und ökonomischen Stimulierung, die Bedeutung der optimalen Bewertungen für die Preis- und Normativbildung, die planmäßige Durchsetzung des gesellschaftlichen Optimums bei nichtvollständiger Information der Planungsorgane, die Verbindung der zentralen staatlichen Planung mit der der wirtschaftenden Einheit und die Möglichkeit der Benützung verschiedener mathematischer Verfahren bzw. Modelle zur Erhöhung der Qualität der Volkswirtschaftspläne.