Organ

Die Einstandspflicht der juristischen Person für schadenstiftende Handlungen ihres Organs, die diese Regelung ihr zuweist, beschränkt sich hier nicht auf den Bereich der Alleinzuständigkeit des Organs für rechtsgeschäftliche Betätigung. Vielmehr erstreckt sie sich auch und gerade auf Fälle, in denen das Organhandeln durch die Vertretungsmacht nicht gedeckt ist, der davon Betroffene deshalb die juristische Person rechtsgeschäftlich an das Organhandeln nicht festhalten kann. Ziel der Regelung ist, durch Verbreitung der Haftungsmasse den Rechtsverkehr vor Schadenshandlungen zu schützen, die das Organ in amtlicher Eigenschaft begangen hat. Maßgebend ist deshalb der dem Organ übertragene Funktionsbereich, mit dem das schädigende Verhalten in einem inneren Zusammenhang stehen muss. Dafür ist im Prinzip unerheblich, dass sich das Organ innerlich von seinem Amt entfernt hat, gar - wie hier - vorsätzlich seine Stellung missbraucht. Insoweit kommt es nur auf sein Auftreten nach außen an. Auch ein vorsätzliches Überschreiten seiner Organbefugnisse kann deshalb noch i. S. von §§ 31, 89 BGB in Ausführung der ihm zustehenden Verrichtungen begangen sein, so lange es sich aus der Sicht des Außenstehenden nicht so weit von seinem Aufgabenkreis entfernt, dass der allgemeine Rahmen der ihm übertragenen Obliegenheiten überschritten erscheint. Von diesen Grundsätzen will auch das Berufungsgericht ausgehen; im Ergebnis kehrt es aber doch zu einer Beschränkung der Einstandspflicht der Beklagten auf dem Bereich rechtsgeschäftlicher Alleinzuständigkeit des U zurück, indem es letztlich ihre Haftung nur für Geschäfte des Art. 37 BayGO bejahen will.

2. Bei richtigem Verständnis der §§ 31, 89 BGB hätte es die Haftung der Beklagten auch für den Betrug des U bejahen müssen, den dieser zum Nachteil der Kl: begangen hat .

a) U ist gegenüber der Kläger in seiner Eigenschaft als Erster Bürgermeister aufgetreten; er hat vorgegeben, die Kredite für die Beklagten aufnehmen zu wollen. Sein Vorgehen wird dadurch, dass es nicht durch Beschlüsse des Gemeinderats gedeckt war, auch die Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde für die Wirksamkeit der Erklärungen fehlten, nicht einem Wirkungsbereich außerhalb seiner Organstellung zugewiesen. Gerade dass er sich insoweit gefälschter Dokumente bedient hat, unterstreicht den Amtscharakter, den er seinen Erklärungen zu geben sich bemüht hat. In welchen Umfang seine Vertretungsmacht durch das Mitwirken von Gemeinderat und Rechtsaufsichtsbehörde beschränkt war, ist nicht entscheidend. Maßgebend ist, dass es seine Aufgabe als Erster Bürgermeister war, mit den Kreditgebern zu verhandeln und die Verträge für die Beklagten zu zeichnen, wenn die Beklagten einen Kredit aufzunehmen wünschte; dass er die Genehmigung der Rechtsaufsichtsbehörde hierzu einzuholen und die Geschäftspartner davon in Kenntnis zu setzen sowie für die Errichtung der Konten zu sorgen hatte. All das genügt, um sein Auftreten gegenüber dem Kläger seinem Funktionsbereich als Organ der Beklagten zuzuweisen. Deshalb hat schon früher die höchstrichterliche Rechtsprechung für vergleichbare Fallgestaltungen ein organschaftliches Handeln i. S. von § 31 BGB nicht abgelehnt, es insbesondere nicht daran scheitern lassen, dass das Organ dem Geschäftspartner gefälschte Beschlüsse der Entscheidungsgremien und falsche Genehmigungsbescheide vorgelegt hat.

b) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts rechtfertigt der Schutzzweck, der vor allem bei öffentlichrechtlichen Körperschaften mit der Kompetenzregelung verfolgt wird, eine Beschränkung der Organhaftung hier nicht. In erster Linie gewähren diese Regeln der Körperschaft Schutz gegen rechtsgeschäftliche Bindungen. Insoweit freilich dürfen und können sie durch die Regelung der §§ 31, 89 BGB nicht überspielt werden. Der Rechtsverkehr genießt grundsätzlich keinen Gutglaubensschutz im Blick auf Vertretungsbefugnisse; hieran ändern auch die §§ 31, 89 BGB nicht. Bindungswirkungen für die rechtgeschäftlichen Erklärungen des nicht vertretungsbefugten Organs lassen sich deshalb mit ihrer Hilfe weder aus § 179 BGB noch aus § 242 BGB oder aus dem Gesichtspunkt der culpa in contrahendo begründen. Insoweit gelten ähnliche Erwägungen, wie die, aus denen dem Vertragspartner einer juristischen Person des öffentlichen Rechts der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung im Prinzip versagt ist, wenn sich jene auf das Fehlen einer vorgeschriebenen Form für die rechtgeschäftliche Erklärung, die Nichtbeteiligung eines Gesamtvertreters oder den Mangel von Genehmigungen der Rechtsaufsichtsbehörde beruft. Diese Grundsätze dienen jedoch nur dem Zweck solcher Kompetenz- und Formvorschriften, die Körperschaft vor den Bindungswirkungen unbedachter oder übereilter Verpflichtungserklärungen zu bewahren. Sie befreien nicht von der Haftung, wenn Organe im Zuge rechtsgeschäftlicher Betätigung, zu der sie mitberufen sind, dem Geschäftspartner Schaden zufügen, so lange der Grund für das Einstehen nicht in einer rechtsgeschäftlichen Bindung an die Erklärungen liegt. Anderes würde den Zweck der §§ 31, 89 BGB, den Rechtsverkehr vor den Risiken der Organbestellung zu schützen, inhaltsleer machen. Insoweit gilt für juristische Personen des öffentlichen Rechts nichts besonderes; auch sie können sich der Haftung nicht durch die Berufung auf Kompetenzvorschriften entziehen, wenn ihre Organe das Vertrauen, das zu ihrer Berufung geführt hat, missbrauchen. Vor solchen Haftungsfolgen können Kompetenzregeln niemals schützen. Deshalb ist in den erwähnten Entscheidungen wiederholt zum Ausdruck gebracht worden, dass Zuständigkeitsbeschränkungen nicht der Geltendmachung von Schäden entgegenstehen, die das Organ in amtlicher Eigenschaft dem Geschäftspartner unter Verletzung von Sorgfaltspflichten aus Sonderrechtsbeziehungen oder von deliktischen Verkehrspflichten zufügen. Der Umstand allein, dass das Organ seine Vertretungsmacht überschritten hat und die Erklärung deshalb nicht bindend geworden ist, kann die Haftung nicht auslösen; darüber hinaus ist die Organhaftung der Gemeinde durch Zuständigkeitsregeln und Formvorschriften nicht begrenzt.

Auch im Streitfall spielen die Zuständigkeitsregeln keine Rolle. Gewiss hat die Kläger im Vertrauen auf die Ermächtigung des U zu den Krediten ihm den Zugang zu Geld verschafft. Aber ihr Ersatzanspruch knüpft rechtlich und faktisch nicht unmittelbar an ihren Glauben an die Verbindlichkeit seiner Erklärungen an, sondern an die unerlaubte Handlung des U, der ihr betrügerisch, aber gerade unter Missbrauch seines Amts, vorgespiegelt hat, dass die Kredite der Beklagten verschafft werden sollten. Bei solchem Sachverhalt versagt der Schutz, den die Gemeindeordnung mit der Kompetenzverteilung zwischen Erstem Bürgermeister, Gemeinderat und Rechtsaufsichtsbehörde der Beklagten verschaffen kann.