Patent

Dem Streitfall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die beklagte Maschinenfabrik stellte früher ein Absperrventil für Drucklufthandmaschinen her. Der klagende Konstrukteur erfand, während er in den Diensten der Beklagten stand, in deren Auftrage eine Verbesserung, die von der Beklagten zum Patent angemeldet wurde und nach dem Ausscheiden des Klägers aus den Diensten der Beklagten zur Patenterteilung führte. Die Parteien vereinbarten alsbald nach der Patentanmeldung eine einmalige Pauschalabfindung in Höhe von 500 DM. Die Beklagte stellte später ihre Produktion auf das Ventil nach der Erfindung um, das niedrigere Herstellungskosten verursachte und weniger reparaturanfällig war als das frühere. Die Beklagte stellte her und verkaufte etwa in der gleichen Menge. Ventile nach der Erfindung wie zuvor die, alte Ausführung. Der Kläger hat nach seinem Ausscheiden aus den Diensten der Beklagten mit der Behauptung, die für die Vereinbarung der Vergütung maßgebenden Umstände hätten sich wesentlich geändert, eine andere Regelung der Diensterfindervergütung gefordert. Mit der Klage hat er Auskunft über die Umsätze in erfindungsgemäßen Ventilen, über deren Herstellungskosten und über die Anzahl und die Kosten der reklamierten und ausgetauschten erfindungsgemäßen Ventile in Gegenüberstellung mit denen der alten Ventile verlangt und einen angemessenen Prozent- satz als Erfindervergütung gefordert. Die Klage blieb in allen Instanzen erfolglos.

Der BGH hat die Pauschalabfindungsvereinbarung als Vergleich im Sinne des § 779 Abs. 1 BGB gewertet, weil die Parteien die Ungewissheit über die Patentfähigkeit, die technische Brauchbarkeit und die wirtschaftliche Verwertbarkeit der Diensterfindung, des Klägers im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt hätten; das Nachgeben komme in der Höhe des vereinbarten Betrages zum Ausdruck. Damit ist nicht gesagt, dass in jeder Vereinbarung über die Höhe der Diensterfindervergütung zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer nach § 12,Abs. 1 ArbEG ein Vergleich zu sehen ist. Im Streitfalle kam hinzu, dass die Parteien einen einmalig zu zahlenden Betrag als Abfindung vereinbart hatten.

Die Vergleichsvereinbarung war nach § 22 Satz 2 ArbEG zulässig, auch wenn die dem Diensterfinder gewährte Leistung zu dessen Nachteil hinter dem zurückblieb, was ihm nach § 9 ArbEG an Diensterfindervergütung zustand. Zwar verbietet es § 22 Satz 1 ArbEG grundsätzlich, die Vorschriften des Arbeitnehmererfindungsgesetzes zu Ungunsten des Arbeitnehmers abzudingen, jedoch läßt § 22 Satz 2 ArbEG derartige Vereinbarungen nach der Meldung der Diensterfindung zu. Das Gesetz schützt den Arbeitnehmer durch die Vorschrift des § 23 ArbEG, wonach zulässige Vereinbarungen über Diensterfindungen unwirksam sind, soweit sie in erheblichem Maße unbillig sind. Diese Unbilligkeit muss der Vereinbarung von Anfang an innewohnen. Beiderseitiger Irrtum im Sinne von § 779 BGB und nachträgliche Veränderungen der einer Vereinbarung zugrunde liegenden maßgeblichen Umstände sind nach Auffassung des BGH keine Merkmale des § 23 Abs. 1 ArbEG. Auf diese Schutzvorschrift konnte sich der Kläger allerdings im vorliegenden Streitfalle nicht mehr berufen, weil er die Unbilligkeit nicht innerhalb der vom Gesetz vorgeschriebenen Frist von sechs Monaten nach Beendigung seines Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend gemacht hatte. Der BGH hat auch die Voraussetzungen der Unwirksamkeit der Vergleichsvereinbarung nach § 779 Abs. 1 BGB mangels beiderseitigen Irrtums über den zugrunde gelegten Sachverhalt verneint, so dass der Streitfall ausschließlich nach § 12 Abs. 6 ArbEG zu beurteilen war, der auf Vergleiche über Diensterfindervergütungen anwendbar ist.

§ 12 ArbEG bestimmt, wie Art und Höhe des dem Diensterfinder nach §§ 9 Abs. 1 und 10 Abs. 1. ArbEG zustehenden Vergütungsanspruches zu regeln sind. Er sieht dafür die vereinbarte Feststellung und die einseitige Festsetzung durch den Arbeitgeber vor. Die Schutzvorschrift des § 12 Abs. 6 ArbEG gibt dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber einen Anspruch auf Anpassung der Art und der Höhe der vereinbarten oder festgesetzten Vergütung, wenn sich die Umstände wesentlich ändern, die für die Vereinbarung oder die Festsetzung maßgebend waren. Die Rückzahlung einer bereits geleisteten Vergütung kann nicht verlangt werden. Der BGH leitet zunächst aus der Gegenüberstellung dieser gesetzlichen Regelung mit dem früheren Rechtszustand die mehr formelle Folgerung ab, dass die Veränderung nicht zu einer offenbaren Unbilligkeit der von den Beteiligten getroffenen Vergütungsregelung zu führen. braucht. Er sieht § 12 Abs. 6 ArbEG als einen gesetzlich geregelten. Fall des Rechtsgrundsatzes der clausularebus sicstantibus an, vergleichbar u. a. den Vorschriften §§ 321, 519, 610 BGB und 323 Abs. 1 ZPO, dessen ausschließliche Anwendung auf Verträge von der herrschenden Rechtslehre und der Rechtsprechung abgelehnt werde, aber in die Lehre vom Fehlen und vom Wegfall der Geschäftsgrundlage, einer Ausprägung des Satzes von Treu und Glauben in § 242 BGB, übergeleitet worden sei, die es ermögliche, Verträge veränderten Umständen anzupassen, wenn es der Vertragspartei nicht mehr zuzumuten ist, an dein bisherigen Vertrag festzuhalten. Der BGH ordnet § 12 Abs. 6 ArbEG in die Lehre vom Fehlen und Wegfall der Geschäftsgrundlage ein. Dabei war er genötigt, die gesetzliche Regelung des § 12 Abs. 6 ArbEG von den Theorien abzugrenzen, die zu dieser Thematik in der Rechtslehre entwickelt und von der Rechtspraxis aufgegriffen worden sind. Er Sehnt die Heranziehung der sog. subjektiven Theorie für das Verständnis des § 12 Abs. 6 ArbEG ab. Im Rahmen dieser Vorschrift könne die Maßgeblichkeit der Umstände und die Wesentlichkeit ihrer Veränderung nicht von der Voraussehbarkeit oder der Erkennbarkeit abhängig sein. Es komme nur darauf an, welche Umstände: und allgemeine Verhältnisse objektiv erforderlich seien, um den Vertrag nach den Vorstellungen beider Vertragsteile noch als sinnvolle Regelung bestehen zu lassen, und ob deren Veränderungen zu einem auffallenden Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung geführt haben; die Veränderung müsse wesentlich sein, d. h. Art und/oder Hille der Vergütungsregelung müssten durch die Veränderung in einem Maße beeinflusst sein, dass es einem Beteiligten im Hinblick auf das eingetretene Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nicht mehr zuzumuten sei, an der bisherigen Regelung festzuhalten. Die Beteiligten hätten gewisse Änderungen der maßgeblichen Umstände in Kauf genommen und bei der Art und Höhe der Vergütung bereits berücksichtigt. Nur die über den Bereich der hinzunehmenden Veränderungen hinausgehenden Veränderungen seien nach § 12 Abs. 6 ArbEG zu berücksichtigen. Damit ist neben subjektiven Momenten eine später eintretende auffällige Inäquivalenz der Leistungen für die Anwendung des § 12 Abs. 6 ArbEG maßgebend. Das Ergebnis, zu dem der BGH gelangt ist, ist von der früheren Regelung in § 5 Abs. 5 DVO vom 20. 3. 1943, nach der die Veränderung zu einer offenbaren Unbilligkeit der bisherigen Vergütungsregelung führen musste, nicht weit entfernt.

Bei der Anwendung der vorstehenden Grundsätze auf die vorliegende Pauschalabfindung hat der BGH deren Vergleichscharakter entscheidende Bedeutung beigemessen. Die weitgehende Berücksichtigung des erkennbaren Risikos der rechtlichen, technischen und wirtschaftlichen Entwicklung der Diensterfindung führe als subjektiver Gesichtspunkt zu einer nicht unerheblichen Ausweitung der im Rahmen des § 12 Abs. 6 ArbEG hinzunehmenden Veränderung der maßgeblichen Umstände. Nur außerhalb des durch die Pauschalierung gesteckten weiten Rahmens liegende Veränderungen könnten im Sinne von § 12 Abs. 6 ArbEG wesentlich sein, was objektiv zu werten sei. Bei der vergleichsweise Pauschalabfindung sei der Bereich der wesentlichen Veränderungen erheblich eingeschränkt. Die für die Höhe der Vergütung maßgebenden Umstände seien, da die Parteien solche Umstände weder genannt noch ausgeschlossen hatten, alle diejenigen, die üblicherweise für die Höhe der Vergütung von Bedeutung sind, nämlich alle vom Gesetz und von den Vergütungsrichtlinien als maßgebend bezeichneten Faktoren und ferner solche, die üblicherweise bei der Ermittlung der Höhe der Diensterfindungsvergütung verwertet werden. Dazu rechnet der BGH im konkreten Falle, in dem der einmalige Pauschalbetrag den Vergütungsanspruch des Diensterfinders endgültig erfüllen sollte, die Tatsache der nachträglichen Patenterteilung, die grundsätzlich einen maßgebenden Umstand für die Höhe der Vergütung darstelle. Für den Umstand, dass mit dem normalen Gehalt des Arbeitnehmers auch seine mögliche erfinderische Tätigkeit wenigstens teilweise abgegolten sein sollte, so dass dem Arbeitnehmer bei vorzeitiger Beendigung seines Dienstverhältnisses ein Teil der Entlohnung für eine Diensterfindung jedenfalls dann entgeht, wenn die Parteien bei der Pauschalvereinbarung von einer längeren Dauer des Dienstverhältnisses ausgehen, hat der BGH im konkreten Streitfall keine tatsächliche Grundlage gefunden. Der Kläger hatte in dieser Hinsicht nichts vorgebracht. So fand die Klage in § 12 Abs. 6 ArbEG keine Grundlage.

Schließlich hat der BGH zum Verhältnis von § 12 Abs. 6 zu § 23 Abs. 1 ArbEG ausgesprochen, dass bei der Prüfung der Voraussetzungen des § 12 Abs. 6 ArbEG davon auszugehen ist, dass die betreffende Regelung ursprünglich angemessen und billig war. Die anfängliche Unangemessenheit und Unbilligkeit ist nicht nach § 12 Abs. 6 ArbEG, sondern nach § 23 Abs. 1 ArbEG zu prüfen und kann folglich nicht über § 12 Abs. 6 ArbEG beseitigt werden. Hat es ein Diensterfinder versäumt, sich auf die Unbilligkeit nach § 23 Abs. 1 ArbEG zu berufen, so kann er sich diese Möglichkeit nicht wieder über § 12 Abs. 6 ArbEG verschaffen.