Pauschalreisevertrag

Gewährleistungsansprüche aus einem Pauschalreisevertrag verjähren nach § 638 BGB in sechs Monaten. Das gilt auch dann, wenn ein Reiseunternehmer nur einzelne fremde Reiseleistungen Vermitteln wollte, das aber nicht hinreichend deutlich gemacht hat, sondern als Reiseveranstalter aufgetreten ist, der die Reiselostungen in eigener Verantwortung selbst zu erbringen hat. Urteil vom 4. 4. 1974 - VII ZR 102/73 (Nürnberg)

Die Kläger hatten im Frühjahr 1969 für sich und ihre Angehörigen bei der Beklagte auf Grund eines von dieser herausgegebenen Prospekts Flugpauschalreisen an die rumänische Schwarzmeerküste gebucht. Bei der Ankunft der Kläger an ihrem Bestimmungsort im Juni 1969 war das für sie vorgesehene Hotel noch nicht fertiggestellt. Die Familien wurden daraufhin in ein anderes Hotel eingewiesen. Aber auch dieses war nicht in einwandfreiem Zustand. Die Gäste beanstandeten die Zimmer, die Verpflegung und die Strände, sowie Baulärm in unmittelbarer Umgebung. Im Juli 1969 kehrten die Kläger wieder nach Deutschland zurück.

Die Beklagte räumte Mängel an den von Ihr zu erbringenden Leistungen ein und zahlte den Kläger im Kulanzwege geringfügige Entschädigungen. Darüber hinausgehende Zahlungen lehnte sie ab. Im vorl. Verfahren verlangen die Kläger ihre Reisekosten zurück. Die Beklagte beruft sich auf die Verjährung etwaiger Ansprüche der Kläger

Das Berufungsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Rev. der Kläger ist ohne Erfolg geblieben.

Aus den Gründen: 1. Nach nunmehr gefestigter Rspr. tritt der Veranstalter einer Pauschalreise in aller Regel in unmittelbare Rechtsbeziehungen zum Reisenden. Ein auf eine solche Reise gerichterer Vertrag ist Werkvertrag (BGHZ 60, 14, 16 =- Nr. 3 zu § 645 BGB; BGHZ 61, 275, 278 Nr. 25 zu § 631 BGB m. w. Nachw. ; ferner Oberlandesgericht Hamm Betr. 73, 2296). Das gilt entgegen der Ansicht der Rev. auch und gerade für die Bereitstellung der Unterkunft am Urlaubsort, um die es hier in erster Linie geht.

2. Besteht zwischen den Parteien ein Werkvertrag, so richtet sich die Gewährleistung der Beklagte für Mängel ihrer Reiseleistungen nach den §§ 633 f. BGB. Für die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen gilt dann die sechsmonatige Verjährungsfrist des § 638 BGB.

Das ist auch interessengerecht. Der Reiseveranstalter hat - wie jeder sonstige Werkunternehmer, der nicht Arbeiten an einem Grundstück oder bei Bauwerken zu leisten hat, und wie der Verkäufer einer beweglichen Sache - grundsätzlich ein berechtigtes Interesse an schneller Bereinigung von Mängelansprüchen, es sei denn er hätte den Mangel arglistig verschwiegen. Der gesetzgeberische Zweck der kurzen Verjährungsfristen der §§ 638, 477 BGB besteht gerade darin, diesem berechtigten Interesse des Unternehmers und des Verkäufers Rechnung zu tragen (BGHZ 55, 392, 398 = vorstehend Nr. 17). Nach der Art der bei einem Pauschalreisevertrag vom Reiseveranstalter zu erbringenden Leistung treten etwaige Mängel in aller Regel bei der Erfüllung oder doch so frühzeitig zutage, dass dem Reisenden die Geltendmachung der Gewährleistungsansprüche innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist zugemutet werden kann. Es ist daher kein durchgreifender Grund zu erkennen, den Pauschalreisevertrag in der Frage der Verjährung von Mängelansprüchen etwas anders zu behandeln als sonstige Werkverträge, die bewegliche Gegenstände oder körperliche Werkleistungen betreffen.

3. Dabei spielt keine Rolle, ob Schadensersatzansprüche etwa auch aus der Verletzung einer Aufklärungs- oder Beratungspflicht im Hinblick auf zu erwartende und dann auch auftretende Mängel hergeleitet werden können, wie das hier die Kläger versuchen. Denn Schadensersatzansprüche wegen Verletzung von Aufklärungs- und Beratungspflichten, die das Fehlen zugesicherter Eigenschaften und andere Mängel der Werkleistung oder der Kaufsache betreffen, verjähren in derselben Frist wie Gewährleistungsansprüche, zumindest soweit beide Ansprüche sich decken (BGHZ 47, 312, 319 = Nr. 45 zu § 278 BGB; BGH NJW 65, 148, 150 = Nr. 7 zu § 477 BGB; Senatsurteil vom 18. 4. 1968 - VII ZR 15/66 = Schäfer-Finnern Z 2.414 Bl. 200; vom 6. 6. 1968 - VII ZR 97/66 -; vom 25. 5. 1972 - VII ZR 165/70 -; vgl. auch BGH NJW 69, 1710 = vorstehend Nr. 11 und BGHZ 60, 319 Nr. 33 zu § 459 BGB für Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluss).

So ist es auch im vorl. Fall insoweit, als die Kläger Rechte aus dem Vorwurf gegen die Beklagte herleiten, sie hätte die Kläger vor den misslichen Zuständen am Urlaubsort warnen oder sogar die Reise absagen müssen. Die damit der Beklagte zur Last gelegte Pflichtverletzung steht in so engem Zusammenhang mit den aufgetretenen Mängeln, dass für daraus sich etwa ergebende Schadensersatzansprüche ebenfalls die kurze Verjährungsfrist des § 638 BGB gilt.

4. Beim Werkvertrag beginnt die Verjährung von Gewährleistungsansprüchen nach § 640 Abs. 1 Satz 2 BGB grundsätzlich mit der Abnahme des Werks. Ist eine Abnahme nach der Beschaffenheit des Werkes ausgeschlossen, so tritt nach § 646 BGB an ihre Stelle die Vollendung des Werkes. Außerdem beginnt die Verjährung in dem Zeitpunkt, in dem der Besteller die Abnahme endgültig verweigert (BGH NJW 70, 421, 422 Nr. 37 zu VOB Teil B m. Nachw., insbesondere JZ 63, 596).

Die Rev. bezweifelt, ob bei einer Pauschalreise eine Abnahme nach der Beschaffenheit der zu erbringenden Werkleistung ausgeschlossen ist. Diese Zweifel sind beachtlich. Letztlich kommt es aber darauf nicht an. Denn auch wenn man von der Möglichkeit der Abnahme von Reiseleistungen ausgeht, so ist jedenfalls am Ende der Reise die Abnahme entweder erfolgt oder verweigert.