Personalausschuss

Sollen nach dem Anstellungsvertrag Versorgungszusagen bei freiwilligem Ausscheiden entfallen, so ist die Freiwilligkeit im Zweifel zu verneinen, wenn der Versorgungsberechtigte die Fortsetzung des auslaufenden Vertrags zu schlechteren als den bisherigen Bedingungen ablehnt.

Das Verlangen auf alsbaldige Zahlung einer Versorgungsrente, die vertraglich für den Fall unverschuldeter Entlassung versprochen ist, kann missbräuchlich sein, wenn sich nach ordentlicher Beendigung des Dienstverhältnisses herausstellt, dass der Versorgungsberechtigte grob gegen seine Dienstpflichten verstoßen hat und dies für den Dienstherrn ein rechtlich durchgreifender Grund gewesen wäre, das Dienstverhältnis mit ihm zu lösen und die Rentenzahlung zu verweigern.

Zum Sachverhalt: Der 1927 geborene Kläger macht vertragliche Versorgungsansprüche gegen die verkl. AG geltend, deren Vorstandsmitglied er seit 1966 war; die Beklagte ist ein gemeinnütziges Wohnungsunternehmen. Der zwischen den Parteien 1966 geschlossene Anstellungsvertrag endete nach zweimaliger Verlängerung 1976. Das ursprünglich auf 2900 DM monatlich vereinbarte Gehalt des Klägers betrug infolge mehrfacher Erhöhungen zuletzt 8100 DM monatlich. In § 5 des Anstellungsvertrags sicherte die Beklagte dem Kläger. eine Versorgung zu, die für den Fall seiner schuldlosen Entlassung wie folgt geregelt ist: Wenn Herr... schuldlos entlassen wird, so erhält er von der Entlassung ab bis zu seinem Tode eine Rente von 60% seines letzten Gehaltes. Diese Rente vermindert sich bis zum 65. Lebensjahr um die Nettobezüge aus nichtselbständiger Arbeit, freiberuflicher Tätigkeit oder Gewerbebetrieb, soweit diese 100% der Rente übersteigen. Die anschließende Altersrente vermindert sich um Renten, die er aufgrund anderer Dienstverträge erhält. Öffentliche Renten werden nicht abgezogen. Laut besonderer Absprache sollten bei der Rentenberechnung Gehaltserhöhungen bis zu 800 DM monatlich unberücksichtigt bleiben. Gemäß einer Erläuterung im Vertrag ist schuldlose Entlassung dann gegeben, wenn sie trotz ordnungsgemäßer Geschäftsführung erfolgt, oder ohne dass eine strafbare Handlung vorliegt, die zur Aberkennung des akademischen Grades von Herrn... führt. Anschließend heißt es in der Erläuterung: Bei einem freiwilligen Ausscheiden von Herrn... werden die Versorgungszusagen hinfällig. Da der Ablauf bevorstand, übersandte der Personalausschuss des Aufsichtsrats dem Kläger im Januar 1976 den Entwurf eines neuen Anstellungsvertrags mit einer Laufzeit bis 1981, in dem ein monatliches Gehalt von 6000 DM vorgesehen war. In dem Begleitschreiben verwies die Beklagte wegen der Herabsetzung der Bezüge auf ein Gutachten des Verbandes der Wohnungsbauunternehmen von 1975. Dieses stützte sich auf § 12 des Ges. üb. d. Gemeinnützigkeit im Wohnungswesen vom 29.2. 1940, wonach sich die Kosten der Verwaltung und Geschäftsführung in angemessenen Grenzen halten müssen und insbesondere das Unternehmen seinen Organen oder Dritten nicht Vergünstigungen oder Entschädigungen zuwenden darf, die über die in öffentlichen Betrieben üblichen Beträge hinausgehen. Es kam zu dem Ergebnis, dass nach den Verhältnissen der Beklagte im Hinblick auf die bei vergleichbaren Wohnungsunternehmen getroffenen Regelungen für Vorstandsmitglieder eine Vergütung von monatlich 6000 DM vertreten werden könnte. Der Kläger teilte der Beklagte im Februar 1976 mit, dass er das Angebot nicht annehme, da es in wesentlichen Punkten hinter seinem laufenden Vertrag zurückbleibe. Er sei jedoch bereit, auf der Grundlage des laufenden Vertrags weiter für die Beklagte tätig zu sein. Allenfalls würde er einer begrenzten Senkung des Gehalts und einer zeitlich begrenzten Festschreibung seines derzeitigen Pensionsanspruchs zustimmen, sofern seinen beiden Kindern bis zur Vollendung des 24. Lebensjahres ein Teil seines Pensionsanspruchs zugestanden würde. Der Personalausschuss des Aufsichtsrats der Beklagte lehnte seinerseits die Vorschläge des Kläger ab, da die Gemeinnützigkeit des Unternehmens der Beklagte nicht durch Verträge mit den Vorstandmitgliedern gefährdet oder sogar zunichte gemacht werden dürfe. Auch in der Folgezeit kam es zu keiner Einigung. Der Personalausschuss teilt dem Kläger schließlich im März 1976 namens des Aufsichtsrats dessen Beschluss mit, ihn mit sofortiger Wirkung von seinen Vorstandsaufgaben zu entbinden und bis zum Auslaufen seines Dienstvertrags im August 1976 unter Zahlung seiner bisherigen Monatsbezüge, zu beurlauben. Der Kläger macht im vorliegenden Rechtsstreit die Rechte aus der Versorgungszusage in § 5 I c des Anstellungsvertrags geltend, denn er sei schuldlos von der Beklagte entlassen worden. Diese müsse ihm daher bis zu seinem Tode eine monatliche Rente von 4380 DM zahlen. Der hierauf gerichteten Klage hat das Landgericht stattgegeben, das Oberlandesgericht hat sie abgewiesen. Die Revision des Kläger führt zur Aufhebung und Zurückverweisung.

Aus den Gründen: Nach dem revisionsrechtlich zugrunde zu legenden Sachverhalt erfüllt der Kläger die in § 5 I c des Anstellungsvertrags aufgestellten Voraussetzungen für einen Versorgungsanspruch, da die Beklagte seinen ausgelaufenen Anstellungsvertrag ohne sein Verschulden nicht erneuert hat.

Die Versorgungszusage ist nicht durch freiwilliges Ausscheiden hinfällig geworden. Das Berufsgericht begründet seine gegenteilige Meinung damit, die Nichtverlängerung des Vertrags sei unter den vorliegenden Umständen als eine freiwillige Beendigung zu werten, weil der Kläger es abgelehnt habe, das Vertragsverhältnis zu Bedingungen fortzusetzen, die bei Abwägung der beiderseitigen Interessen sowohl ihm als auch der Beklagte zuzumuten gewesen seien. Bei einem Gehaltsangebot in der bisherigen Höhe wäre die Beklagte Gefahr gelaufen, die Anerkennung als gemeinnütziges Unternehmen zu verlieren. Als Organ eines solchen Unternehmens hätte der Kläger diese Zwangslage angemessen berücksichtigen und das im Rahmen des § 12 WGG liegende neue Vertragsangebot der Beklagte, auch wenn es eine Gehaltskürzung um etwa 25% vorgesehen habe, als annehmbar betrachten müssen. Durch seine ablehnende Haltung habe er aus freiem Entschluss die Vertragsbeziehungen beendet.

Die dem zugrunde liegende Vertragsauslegung ist mit den Grundsätzen der §§ 133, 157, 242 BGB allgemein und dem Charakter einer Versorgungsvereinbarung im besonderen unvereinbar. Der gewöhnliche Sprachgebrauch und die Verkehrsanschauung verstehen unter einem freiwilligen Ausscheiden außer der Kündigung regelmäßig nur die Weigerung des Dienstverpflichteten, das Dienstverhältnis nach seinem Ablauf zu im wesentlichen gleichen Bedingungen fortzusetzen, nicht aber die Ablehnung eines Vertragsangebots, das dem anderen Teil eine Verschlechterung seiner bisherigen Rechtsstellung und namentlich eine Herabsetzung seiner Bezüge ansinnt. Die Ansicht, eine solche Weigerung sei einem freiwilligen Ausscheiden gleichzusetzen, läuft daher auf eine Erweiterung der vertraglich festgelegten Gründe für eine Versagung der Versorgungsbezüge hinaus, die gerade bei einer typischen Versorgungsregelung, wie sie hier vorliegt, nicht zu rechtfertigen ist. Der Sinn einer solchen Regelung liegt darin, dem Berechtigten bei Eintritt des Versorgungsfalles durch Erreichen der Altersgrenze, vorzeitige Arbeitsunfähigkeit oder anderweitige, von ihm nicht veranlasste Beendigung des Dienstverhältnisses die Aufrechterhaltung einer seiner bisherigen Stellung angemessenen Lebenshaltung zu sichern, nachdem er, nicht zuletzt auch im Vertrauen auf die ihm zugesagte Versorgung, seine Dienste zur Verfügung gestellt hat. Dieser Zweck erfordert es, Vertragsbestimmungen, die unter bestimmten Voraussetzungen den Fortfall des Versorgungsanspruchs vorsehen oder ihn beschränken, im Zweifel eng auszulegen.